Mumbai – Stadt auf Müllbergen

Juhu, eine Dokumentation über Mumbai. Doch die Begeisterung schwindet, Ernüchterung macht sich breit: Es geht um Müll. Ach was, seien wir ehrlich: Mumbai & Müll, das Thema ist naheliegend. Die Stadt ist schmutzig. Als es der Sprecher der Doku sagt, zucke ich innerlich zusammen. Mumbai – dreckig? Wenn andere das sagen, ist es immer irgendwie komisch. Aber warum eigentlich? Es stimmt ja. Und auch die deutsche Tugend, jedes politisch inkorrekte Thema irgendwie schönreden zu müssen, kann an der Tatsache auch nichts ändern.

Die Doku ist interessant: Auch für den eingefleischten Mumbaikar wirft sie noch neue Themen auf. Weder Bentley noch ich wussten beispielsweise, dass es in Mumbai Goldschürfer gibt. Oder dass die Briten Müll nutzten, um die sieben Fischerinseln zu Bombay aufzuschütten. Ach so. Diese Ferkel.

Weniger schön finde ich, dass der Schnitt sehr ungeduldig ist. Besonders zu Beginn, wenn durch beinahe epileptischen Szenenwechsel versucht wird, die Aufmerksamkeit eines flüchtigen Publikums zu halten: das nervt. Wer die ersten verstörenden Minuten durchhält, wird später mit einigen guten Geschichten belohnt. In den Bildern schwelgen kann man dennoch bis zum Schluss nicht – die Kamera schwenkt leider viel zu schnell weg. Irgendwie sehen auch Dokumentationen in letzter Zeit eher aus wie Popmusikvideos.

Trotzdem: Schaut Euch die Doku an. Auch wenn das Thema traurig ist. Es nützt ja nichts, vor der Realität die Augen zu verschließen. Und faszinierenderweise schafft man es, einen durchaus heiteren Erzählstil beizubehalten.

Die Doku findet Ihr in der Mediathek des ZDF.

FGM in Indien

Zehn Jahre habe ich in Indien gelebt. Zehn Jahre. Und erst jetzt – drei Jahre „danach“ – habe ich erfahren, dass es in Indien tatsächlich weibliche Genitalverstümmelung (FGM) gibt.

Das Thema erschien meines Wissens nicht in den Medien, so lange ich dort war. Zumindest nicht in den Medien, die ich konsumiert habe – und das waren nicht wenige: Unser Haushalt abonnierte zeitweise vier Tageszeitungen und unzählige Nachrichtenmagazine, darunter die überaus kritische Tehelka. Nirgendwo las ich davon. Auch Bentley hatte bis vor zehn Minuten keine Ahnung. Wir dachten, Reza Aslan hätte Recht, als er sagte, FGM sei ein afrikanisches Problem und kein muslimisches. Das stimmt dann so wohl nicht.

Die eigene Unwissenheit ist immer ganz besonders bitter.

Offensichtlich betreibt die Gemeinschaft der Dawoodi Bohra (vorrangig in Maharashtra und Gujarat ansässig und ca. 1 Million Mitglieder stark) weibliche Genitalverstümmelung genau so, wie man das aus Dokumentationen über Afrika „kennt“: mit Rasierklingen an Siebenjährigen, damit sie sich später auch daran erinnern und das Ritual an ihren Töchtern fortführen können. – Das zumindest las ich eben in einem Artikel, der 2013 in der Times of India erschienen ist und von einer halbstündigen Dokumentation zum Thema von einer Filmstudentin vom NID Ahmedabad berichtet. Und hier erschöpft sich bereits mein Wissen dazu.

Ich werde also in den nächsten Tagen versuchen, diese Dokumentation bzw. anderes Material aufzutreiben.