Der Friseur

Ich bin kein Freund von Friseuren. Oder anders herum: Friseure sind nicht meine Freunde. Sie tun immer Dinge mit meinen Haaren, die eine halbe Stunde lang toll aussehen, weswegen ich sie lobe, wenn sie mit ihrer Arbeit fertig sind; doch sobald mein Haupthaar Kontakt mit dem Duschkopf hatte und ich den Spittelmist selbst zurecht fönen soll, sehe ich wieder, dass nichts hält, nichts passt, alles irgendwie total daneben ist.

In diesem Beitrag jedoch soll es nicht um mein Haar gehen, sondern um den Beruf des Friseurs in Indien. Meine persönliche Auseinandersetzung mit diesem Berufsfeld macht sich als Einleitung allerdings chic. Eben drum.

Zur Sache, Schätzchen: In den Städten Indiens – und vermutlich auch auf dem Land, wozu mir allerdings die persönliche Erfahrung fehlt – findet man häufig diese Sorte von Friseur:

Der Friseur

Das sind die Straßenbarbiere Indiens. Hier: Delhi.

Ihr Geschäft haben sie am Straßenrand aufgebaut. Ziegelsteine dienen ihnen als Regal. An der Wand baumeln Plastikspiegel. Etwas glitschiges in der Bauchhöhle des Westeuropäers beginnt sich zu winden: Haare schneiden an der Straße?

Man verbindet den Friseur ja gern mit dem Geruch allerlei Kosmetika, die einem ins Haar geknetet werden. Hier jedoch geht es ums knackig-nackige Haareschneiden. Diese Friseure sind – genau wie ihre Kundschaft – ausschließlich männlich. Hier wird nichts gefärbt, mit Kuren und Masken behandelt oder anderweitig herumgealbert, sondern hier werden Haare geschnitten. Ganz altmodisch.
Allerdings gibt es auf Wunsch Champi – eine Kopfmassage. Die kann je nach Anbieter in einen brachialen Versuch ausarten, sämtliche Nackenwirbel des Klienten zu brechen und ihm die Schädeldecke mit Haarrissen zu versehen, oder aber sie ist eine wunderbare, traditionelle Methode, alle Verspannungen zu lösen. Bentley hatte schon beide Varianten.

Dass sich diese Friseure reger Kundschaft erfreuen, kann ich ebenfalls bildlich beweisen:

Friseur in Mumbai

Oftmals treten diese Straßenbarbiere in kleinen Grüppchen auf und man würde sich wundern, wie ratz-fatz es dort abläuft. Nicht ohne Grund tragen Inder meines Erachtens sehr häufig penible Haarschnitte: es ist nicht nur günstig, sich auf Schritt und Tritt den Händen eines erfahrenen Friseurs anzuvertrauen, sondern da ist auch nicht viel mit Terminbüchern und ähnlich stagnierendem Unsinn, der ein gewisses Maß an Planung voraussetzt.

Natürlich gibt es auch Friseursalons. Genau wie in Europa. Je nach Location, Ausstattung und Angebot können die Preise für einen Salon die Preise in Europa gar übertreffen. Nach oben sind schließlich selten Grenzen gesetzt.
Ein einfacher, guter Salon verlangt in Mumbai ca. 80 Rupien für einen ganz simplen Haarschnitt. Wer muss, kann dasselbe aber auch für 500 Rupien und mehr haben, nur damit er vorher 10 min ein glitzerndes Magazin durchblättern darf. Die simplen Barbiershops sind kaum mehr als ein einfacher Raum mit einer Glasfront. Die Geräusche der Straße übertönen das Schnippeln der Scheren. Mitunter steht ein kleiner Fernseher oder mindestens ein lautes Radio in einer Ecke. Die Stühle sind eine sonderbare Kreuzung aus Zahnarztstühlen und einem Thron aus beigem Leder.

Die meisten Barbiere rasieren auch – und sie benutzen natürlich für jeden Kunden eine neue Klinge. Auf dem Bild wird gerade im Akkord rasiert – wo viele Menschen sind, ist halt immer etwas los.

Dass der Beruf des Friseurs traditionell in die Hände der Männer gehörte, liegt vor allen Dingen daran, dass die Kundschaft ebenfalls ausschließlich männlich war. Frauen ließen sich das Haar lang wachsen und massierten es selbst mit Kokos-, Amla- oder Mandelöl. Einen Salon benötigten sie höchstens zum Zupfen diverser Gesichtshaare und um die Haut zu bleichen, und auch das konnten sie mit traditionellen Mitteln selbst tun. Heute jedoch tragen auch Frauen kurze, sportliche Haarschnitte und somit vermehren sich auch weibliche Friseurinnen in den Salons der Städte.

Das Wort „Barber“ oder „Barbier“ gilt in Indien heute übrigens als geringschätzig. Man bezeichnet sich lieber als Haarstylist. Auch Barbiershops gibts offiziell überhaupt nicht mehr – das sind heute Salons.

Ich war nicht am Strand

..auch wenn Romas Badewasser just danach ausschaut. Der Sand war da schon drin, als das holde Nass aus dem Hahn tropfte.

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Ich gestehe allerdings, in dieser nicht seltenen Situation nichts unternommen zu haben. Ich hab das Kind trotzdem ins Wasser gesteckt. Vielleicht kam ja Strandfeeling bei ihr auf? Bei mir auf jeden Fall. Ich bin urlaubsreif ohne Ende und vermisse die warme, salzige Luft Goas. Ich vermisse das ohrenbetäubende Rauschen der Wellen und die lustigen Gesichtsausdrücke der Fischer, wenn man sich als Tourist in vomWindeverwehten Wickelrock ziemlich zur Nudel macht. 😳

Verruchte Reisesendungen

Ich gestehe, schwach geworden zu sein. Ich habe eine Reisesendung über Indien geschaut. :yes:

Muddi is Schuld, logisch. 😉 Sie erzählte mir von einer Reisesendung über Indien, die sie gesehen hatte. Wie Muddis so sind, konnte sie sich nicht wirklich an solcherlei Details erinnern, die zur Identifizierung der Sendung geführt haben könnten, doch über kurz oder lang identifizierte ich Paul Merton in India, das im Arte unter dem deutschen Titel „Ein Engländer in Indien“ lief.

Ich kam in den Genuss der Folge über Mumbai, was natürlich gleich super passte. Dass Merton sich mit den Bahnhofsjungen beschäftigte, die ihr Leben an den Bahnsteigen der Stadt fristen, fand ich noch nachvollziehbar. Als er dann die P.G. Wodehouse-Fans mit ihrem Club in Südmumbai besuchte, wo betagte Männer mit viel Zeit und noch mehr Geld ihrem literarischen Genuss frönen, war dann schon etwas kurioser. Nun denn.

Peinlich berührt war ich dann, als Merton das sogenannte Mollywood irgendwo im tiefsten Maharashtra besuchte, wo Kassenschlager aus Bollywood für wenig Geld und auf veräppelnde Art und Weise nachgedreht werden.

Kommentarlos den Kopf schütteln musste ich schlussendlich, als ein Mann vorgeführt wurde, der viele Rekorde im „Limca Book of Records“ gesammelt hatte, unter anderem dafür, dass er die meisten Tritte in die Familienjuwelen ertragen könnte. Und er lud Merton dann auch kameradschaftlich ein, seine Widerstandskraft zu testen, und nach anfänglichem Zögern fand er auch Gefallen daran.

Ich versteh das nicht.

Ich verstehe wohl, dass man besonders im Reiseformat ständig auf der Suche nach „was Neuem“ ist. Das ist bei genauerer Betrachtung natürlich völlig absurd: der Zuschauer hat doch keinen Brockhaus gefressen (und im heutigen Zeitalter weiß er vielleicht gar nicht mehr, was das überhaupt ist?), nur weil der Sender schon zehn Mal ne Sendung über Indien gedreht hat. Warum werden die Themen in solchen Reisesendungen dann immer abstruser? Warum zeigen die Medien nicht den Alltag? Wäre das nicht viel interessanter?

Ich wusste nicht, dass es in Südmumbai einen P.G. Wodehouse-Club gibt, denke aber, dass es in jedem Land Bücherclubs für so ziemlich jeden Geschmack gibt… Daher denke ich mir: was solls.
Von der Filmindustrie im maharashtrischen Hinterland hab ich noch nie was gehört, und ich finde, der Zuschauer bekommt hernach den Eindruck, „die komischen braunen Männer in Indien haben ja voll einen Knall“. Oder, in Muddis Worten, „das ist ja voll billig“.
Und der Mann mit den Stahleiern… Tschuldigung, Paul. Ich will auch mal. Nur bei dir.

Die Sendung „Paul Merton in India“ wurde schon mehrfach auf TLC in Indien ausgestrahlt, ist also auch Indern zugängig. Bentley war auch etwas angesäuert, was genau der Zuschauer aus diesen bunten 60min lernen sollte, außer, dass die spinnen, die Inder.
Und ich frage mich, ob ich hier einem nachvollziehbaren Beschützerinstinkt hinsichtlich Indien erliege, oder ob Reiseshows einfach wirklich nur ziemlich dämlich sind.

Obsession (Update)

Heute steht Indien still. Es herrscht Ausnahmezustand. Es ist leiser als sonst. Die Menschen jedoch bersten vor Erwartung, Fieber, Euphorie, denn in wenigen Minuten wird das Halbfinalspiel Indien gegen Pakistan in der momentanen Cricket-Weltmeisterschaft beginnen. Nicht nur handelt es sich bei Cricket um den inoffiziellen Nationalsport Indiens (offiziell ist das nämlich Hockey), sondern der Gegner ist zudem Pakistan: ein politischer und emotionaler Gegner.

Es werden also überall wieder Menschentrauben vor Fernsehern zu finden sein, die lauthals rufen, klatschen, und mitfeiern. Auf den Straßen wird es stiller sein als sonst, doch in Cafés und Restaurants und vor Geschäften, in deren Schaufenstern Fernseher stehen, wird es laut und fröhlich zugehen. Es sei denn natürlich, Indien verliert, aber Daniela in Indien ist keine Spielverderberin! :yes:

Einige Schulen haben heute nur vormittags offen, während in den Büros vermutlich viele ausgerechnet heute an einer ganz üblen Migräne leiden werden. Oder aber die Chefs sind cleverer und rollen einen großen Bildschirm ins Office: dann bleiben auch alle da und arbeiten ganz hart. 😉

Es ist schön, das Land in solchen Freudentaumel getaucht zu sehen, und man kann nur hoffen, dass ein Sieg dem vorerst die Krone aufsetzen wird, bis es zum Finalspiel geht. Plötzlich sind alle Sorgen vergessen, und bei all der Korruption und den mannigfachen anderen Problemen Indiens tut das gut, wenn auch nur für einen Tag. Man gönnt den Menschen (und nicht zuletzt sich selbst) die Herrlichkeit der Ausgelassenheit, die Sünde der Trägheit, den Genuss ihres Lieblingsspiel. Daumen hoch also für die Cricketfreunde. Selbst muss ich den Fernseher vermutlich nicht anschalten, denn ich werde aus der ganzen Nachbarschaft genügend Jubel- und Buhrufe hören, um den Hergang des Spiels einfach nur akustisch verfolgen zu können. :wave:

Circa 22 Uhr Ortszeit wissen wir dann auch, ob Morgen nationaler Trauer- oder Feiertag sein wird. Wir hoffen natürlich ganz patriotisch auf letzteres. :yes:

Olé. Olé. :))

Indien gewinnt!

Frau Dengela

Frau Dengela wohnt im selben Haus wie ich. Sie wohnt in derselben Wohnung. Sie nutzt sogar dasselbe Telefon. – – Frau Dengela ist für ein Taxiunternehmen Mumbais das, was Daniela in Indien für die BlogCommunity ist: Eine Repräsentation des Echten Zeugs, das keiner wenige je zu Gesicht bekommen. 😉
Sie ist mein Alter Ego.
Sie ist das, was Meru Cabs (Taxiunternehmen meines Vertrauens) aus mir gemacht haben.

Eigentlich wollte ich nur ein Taxi für mich bestellen. Als registrierter Nutzer muss ich mich nicht vorstellen, wenn ich von meiner registrierten Nummer aus anrufe: mein Name poppt dort automatisch auf. Nur leider war es nicht mein Name, sondern eine dieser spontanen Buchstabenkonglomerate, welche entstehen, wenn die Kreativität des Sachbearbeiters sein Gehör übersteigt. Das ist so wie diese neue Mode: Fusion Food. Das ist, wenn man zwei Rezepte nur halb kennt, beide kombiniert und das dann als geniale Neuerfindung verkauft. In Indien – und vermutlich nicht nur hier – voll der Hammer.

Zurück zu Dengela: Ich rief also Meru an, und wurde dort zum 28.042 Mal als Ms. Soundso „erkannt“. Ich glaube Danella oder so etwas in der Art. Vielleicht hatte ich an diesem Tag besonders gute oder besonders schlechte Laune: jedenfalls beschloss ich, dass es an der Zeit war, mein ComeOut zu haben. Ich wollte in die Öffentlichkeit gehen: mit meinem echten Namen.

Mit viel Geduld buchstabierte ich meinen Namen: D .. A … N … Ja, ja, D wie in Dosa…. A… N…
Es ist immer köstlich. Und natürlich mein Fehler: Ich kann mir das Englische Buchstabieralphabet einfach nicht merken. Alpha. Beta. C…. ähm…. da gehts schon los… D….Dosa!!! Verwirrung verhält sich exponentiell: Der kleinste Anstoß genügt, und mit jedem Buchstaben wirds immer doller oder, in diesem Fall, unleserlicher.

Am Ende von etwas, das im Nachhinein nur als bunte Buchstabenorgie bezeichnet werden kann, schaute vermutlich keiner von uns beiden mehr durch. Und ich dachte mir: komm, lass gut sein, verdauungsendproduziere darauf… das wird heute nichts mehr. Also sagte ich, als mein Gesprächspartner schlussendlich ungläubig das Resultat der vorangeschrittenen Diskussion vorlas, einfach Ja und Amen.

Das Ganze ist großartiger, schillernder, und lustiger als die Summe seiner Einzelteile.

An diesem Tag wurde Ms. Dengela geboren.
Das allerdings erfuhr ich erst, als ich später im Taxi meine persönliche Rechnung ausgedruckt bekam und ganz oben ganz groß darauf stand: Ms. Dengela. Ich glaube, ich habe spontan losgelacht.

Ich muss bis heute lachen, wenn ich mir diese Kreation anschaue. Deng-ela…. Wunderbar!

Es ist nun der Running Gag meiner Meru-Kundschaft. Jedes Mal, wenn ich dort anrufe, werde ich kostenlos wunderbar unterhalten:
„Guten Tag, Meru Cab, spreche ich mit Ms. – -“ Und da, genau an dieser Stelle, kommt das herrlichste aller Geräusche: ein schockiertes Schweigen. Der Atem stockt. Es ist das Geräusch, das man unfreiwillig und unweigerlich macht, wenn man etwas aussprechen muss, was nicht ausgesprochen werden kann. Herrlich. Ich liebe dieses Geräusch. Und gleich darauf kommt das nächste Geräusch: wenn die Person dann entschlossen Luft holt, sich für eine Aussprache entschieden hat, und diese dann resolut in den Hörer blökt.
„Ms. Dengela?!“

Ja. Sage ich dann ganz einfach. Genau die. :wave:

Ich stelle mir vor, wie herrlich das für die gelangweilten Angestellten dort sein muss, wenn sie feststellen, dass sie zum allerersten Mal in ihrem Leben mit einer echten Dengela sprechen.
Sollte die Datenbank regelmäßig gewahrtet werden, läuft das dann so ab:
Da stolpert jemand über einen Eintrag: „Dengela. Was ist das? Da hat sich doch jemand verschrieben! Ey, du, guck dir doch mal diesen beknackten Namen an! Was soll das sein? Den-ge-la?“ :))
– „Nein, nein, mit der hab ich erst letzte Woche gesprochen!“
„Wie jetzt, im Ernst? Die gibt es?“

Ich glaube nicht, dass ich Ms. Dengela so einfach töten werde. Mal abgesehen von meinem perversen Vergnügen, welches mir da jedes Mal bereitet wird, kann doch kein Mensch sagen, wie ich dann das nächste Mal heiße. Und wie langweilig. Zumal auch die Ausspruchsvarianten von „Daniela“ nicht unterschätzt werden dürfen – da gibt es viele, allerdings keine so charmant wie Dengela.

Nachdem ich über Jahre abwechselnd Daniella, Daniel, Dannila, Danvella und so hieß, ging ich dazu über, mich in Kurzform vorzustellen: Dani. Aber auch das scheint nicht viel einfach zu sein. Von Danny zu Dannii hin zu sturem, ungläubigen Schweigen, dass das kein Name sein kann, gabs schon alles. In Cafés, in denen man erst bezahlt und dann seinen Namen hinterlässt, welcher dann laut ausgerufen wird, damit man aufspringt und sich seine Bestellung selber abholt, bin ich routiniert Alex. Das kann erstens jeder aussprechen und zweitens heißt niemand sonst so.

Vielleicht sollte ich mal Dengela probieren? Bis die das notiert haben, ist meine Bestellung sicher schon fertig und ich muss nicht extra noch mal aufstehen?
Vielleicht werde ich mich überall zu Dengela umoperieren lassen?

Ms. Dengela und ich werden sicher noch gute Freunde. :yes:

Bald an dieser Stelle: Ms. Dengela in Indien. :wave:

Sicher ist Sicher

Der Sicherheitswahn ist wieder los. Vor einiger Zeit berichtete ich bereits darüber. Vor jedem Einkaufszentrum muss man sich quasi nackig machen: Handtasche herzeigen. Darin wird herumgewühlt. Und wenn alles von links nach rechts umgeschichtet worden ist und mit neugierigen Fingern enthusiastisch in jeder Seitentasche herumgestochert wurde, dann darf man in die Kabine zum Abtasten. Die Herren der Schöpfung müssen diese Tortur in der Öffentlichkeit über sich ergehen lassen.

In den letzten Tagen ist es mit diesen sog. Sicherheitsvorkehrungen noch etwas strenger geworden: Die Cricketweltmeisterschaft ist schuld. Die findet dieses Jahr in Indien statt. Auch Mumbai wird einige der Spiele, u.a. das Endspiel, beherbergen. Aus diesem Grund nun wurde die Gattung des Shoppers abgeschafft und ersetzt durch den Klammheimlichen Terroristen, der in jedem von uns stecken könnte. U-(

Nichts habe ich gegen Sicherheitsvorkehrungen! :yes: wenn sie sinnvoll sind! In Bentleys chicen Bürogebäude zum Beispiel wurde nun sogar eine fesche Röntgenmaschine aufgestellt, wie man sie vom Flughafen her kennt. Dort müssen nun alle Taschen durch. Fährt man allerdings sein Fahrzeug in die Tiefgarage, kann man von dort aus völlig ungehindert mit seiner Sprengstoffweste und den Böllern in der Handtasche in dasselbe Gebäude vordringen.

Dasselbe gilt für das Einkaufszentrum: die Mitarbeiter, die das sozio-ökonomische Profil eines Attentäters doch viel eher treffen als die hippe, neureiche Jugend, können völlig unkontrolliert durch den Seiteneingang ein- und ausmarschieren, während letztere noch den Schlüsselbund und die Münzen aus der Hosentasche kramen müssen.
So kommt es zu völlig absurden Situationen:

(1)
Bentley marschiert durch den Metalldetektor. Er trägt Roma auf dem Arm. Seine zwei mit Fressalien bepackten Einkaufstüten aus der Kaufhalle nebenan hat er gerade der Taschenkontrolle überreicht und bekommt sie Sekunden später zurück. Ab zur Leibeskontrolle: Rauf auf einen kleinen Hocker.
Roma im linken Arm. Zwei mit Fressalien bepackte Einkaufstüten in der rechten Hand. Sieht ein bisschen aus wie ein Lastesel.
Sicherheitsbeamter: „Was ist das da in ihrer Jeanstasche?“
Bentley: „Mein Handy.“
Sicherheitsbeamter: „Das müssen sie jetzt aber mal rausholen.“
Mit Kleinkind und Einkaufstüten bepackt beginnt Bentley, an seiner Hosentasche rumzufingern, während eine Meute potenzieller Einkäufer Selbstmordattentäter hinter ihm schon zu drängeln beginnt.
Ich steh derweil in der Schlange für Frauen. :yes:

(2)
Im Einkaufszentrum ist es schön kühl. Doch draußen sehe ich ein Taxi stehen. Ist es meins? Ich kann das Nummernschild nicht sehen. :no: Wenn man in Indien telefonisch ein Taxi bestellt, bekommt man das Nummernschild per sms zugeschickt, damit man auch von weitem weiß, welches das eigene Taxi ist. Nun, es bleibt mir nichts anderes übrig, als das Einkaufszentrum zu verlassen. Ich geh also noch drei Schritte weiter vor und psccccchhhhhh bin ich raus aus dem klimatisierten Einkaufstempel. Die Glastür rumst hinter mir zu. Toll. Ich geh noch drei Schritte, um über den Busch gucken zu können, der mir den Blick versperrt hat. Na toll, nicht mein Taxi.
Draußen ist es mir wirklich zu heiß und Roma beginnt schon zu zappeln. Ich dreh mich also um, um wieder in das Einkaufszentrum reinzugehen. Natürlich nicht durch den Ausgang :no: sondern durch den Eingang, wo schon fünfzig andere Einkäufer Selbstmordattentäter warten, durchleuchtet zu werden.
Witzig ist in diesem Zusammenhang, dass man jetzt dort auch abgetastet wird. Als ich eine halbe Stunde vorher durch dieselbe Tür ins Einkaufszentrum ging, wurde das noch nicht gemacht. Logisch: Selbstmordattentäter sind Morgenmuffel.
Auch beim Betreten der Mall via Tiefgarage gibt es kein Abtasten.

Es ist mir klar, dass diese Sicherheitsvorkehrungen mehr psychologischen Wert besitzen als faktischen. Ich stelle mir vor, wie schockiert die Einkäufer wären, wenn ab Morgen all die Metalldetektoren abgebaut wären? Und erst die ganzen Arbeitslosen Sicherheitsbeamten. Nein, es muss sein: dient es doch dem größeren Zweck, wenn meine Handtasche mehrmals am Tag von Fremdpersonal umgeräumt wird. :yes:

Vermutlich bin ich einfach mal wieder ein Muffel. :yes:

Doch das ist nicht alles: Nun unternimmt die Polizei Mumbais eine Infoaktion, wobei alle Mieter Mumbais untersucht werden. Schließlich könnten wir Terroristen sein. Mieter sind in Mumbai bereits polizeilich erfasst, weil alle Mietverträge, um wirklich gültig zu sein, polizeilich registriert sein müssen. Das heißt, die Polizei weiß schon, wer wir sind und woher wir kommen. Zusätzlich sammeln sie nun Informationen wie Referenzen. Das heißt, wir müssen mindestens zwei Personen in Mumbai angeben, die uns kennen. |-| Gestern abend klingelte aus diesem Grund der Makler, der unsren Vertrag aufgesetzt hat, und ließ uns den Extrafragebogen ausfüllen.

Heissassa. Und all das für Cricket im Wankhede Stadion in Südmumbai. :yes:

Birnen mit Saft – Das Ding mit dem Strom in Indien

Da sich mein Beitrag „Es Spukt“ so großer Beliebtheit erfreut und den Hobbyelektriker in mehr als nur einem Leser hervorgebracht hat, gibt es an dieser Stelle Bonusmaterial. 😉

Zunächst ein Update über die Lebensspanne der frisch gekauften Glühbirnen:
Glühbirne Eins. Hielt eine Sekunde und war mit einem mittelschweren Knall dahin.
Glühbirne Zwei. Hielt einen Tag. Sie befindet sich nun im Winterschlaf. Ich schaltete sie aus und sie ging nie mehr an. 😐 Mal sehen, was sie im Frühjahr dazu zu sagen hat.

Bentley glaubt, es läge an der „schlechten Qualität der Birnen“. Ich glaube, das Problem steckt irgendwo in der Wand, wo die Elektriker beim Bau gepfuscht haben. Mit Strom hatten wir hier schon viele lustige und weniger lustige Geschichten. Eine Weile lang zum Beispiel schlug ein Lichtschalter in der Küche Funken, sodass er nur noch mit Holzlöffel operiert werden konnte, bis ihn dann jemand repariert hat. |-|

Als wir das letzte Mal den Elektriker im Haus hatten, sollte er uns das Telefon anschließen. Er hatte drei Kabel zur Auswahl und wählte ein Falsches. Gemerkt hat er das nicht. Der Fehler konnte schließlich nach indischer Tradition nicht bei ihm liegen. :no: Klarer Fall: Das Telefon war kaputt. 😉
Ein zweiter Elektriker fand den Fehler später.

Ganz so leicht fällt es mir dann aber doch nicht, über Simon (so der Elektriker) zu lästern. Wenn ich jemanden Sonntag Abend 21Uhr für eine halbe Stunde ins Haus hole, um für diverse Bilder und Fotos Löcher in die Wand zu bohren, und ihm dann 50 Rupien in die Hand drücke, kann ja schließlich an der Weltordnung auch etwas nicht stimmen. Löcher bohren ist kein Kunststück, aber es bedarf einer Bohrmaschine. Zuzüglich Arbeitslohn. Als Elektriker wird man sicherlich nicht reich. :no:
Gleichzeitig gibt es kein anständiges Ausbildungssystem. „In die Lehre“ gehen die Gesellen hier auch, aber dann sind sie lediglich Büttel, die ab und an vielleicht mal was gescheites aufschnappen, den Rest der Zeit aber mit „Gibt mir mal den Schraubenschlüssel… Nicht das! Den Schrau-ben-schlüsseeeel!“ beschäftigt sind. Auch Simon hatte einen Lehrling dabei. 😉
Niemand nimmt hier „Meisterprüfungen“ ab. Das ganze Gesellensystem gibt’s nicht. Wer einen Schraubenzieher richtig halten kann, ist Handwerker. Der darf das dann.

Steckdose
Feuer und Flamme
Ich weiß nicht, wessen verschmorte Steckdose inklusive Innereien ich da fotografiert habe, aber es passt grad so schön.

Alles nicht so leicht. Aber ich habe Respekt vor Strom. Ein paar explodierende Steckdosen, schmorende Schalter und terminierte Glühbirnen später seh ich, dass es an Fachmännern mangelt.

Kleine Story aus Delhi: Wann immer wir den Toaster anschalteten, flog die Sicherung raus. Aber nicht nur bei uns im Haus. :no: So einfach war das nicht. Man musste im Pförtnerhaus anrufen, damit „unten irgendwo im Schalterraum“ der Hauptschalter für unsere Wohnung wieder umgelegt wurde, und erst dann konnte man bei uns wieder die Sicherung reindrehen. Tja, da war was ganz Böses im Argen.
Der Elektriker der Hausgemeinschaft war ein aufgeblasener Gockel, der mir ständig Avancen machte, einen Regulator für einen Deckenventilator klaute und niemals wiederkam, um im dritten Schlafzimmer den Geschwindigkeitsregler für den Ventilator einzubauen. Er wurde später suspendiert, nachdem er einen 6jährigen Jungen im Fahrstuhl betatscht hatte. Zwei Monate später war er wieder da. 🙄 Wir baten ihn aber nicht noch mal zu uns ins Haus!

Wir „besorgten“ uns stattdessen einen eigenen Elektriker. Der stellte fest, dass die Küche komplett falsch verkabelt worden war und reparierte das. Von da an konnten wir auch Toast essen. :yes:

Wie die meisten indischen Haushalte auch verfügen wir nicht über einen Handwerkskasten und baten den Elektriker, uns doch bitte ein Bild aufzuhängen. Als er Pi x Daumen Maß nahm, fragten wir ihn, wo er denn die Wasserwaage gelassen hätte. „Wasserwaage?“, staunte er. „Was glaubt ihr, hier wohnen VIPs oder was?“ und meinte damit, dass niemand sonst sich für solchen Kleinkram interessiere.

Ich ziehe den Schluss, dass es so wenige anständige Elektriker (Handwerker) gibt, weil dafür kein Bedarf besteht. Kleinigkeiten können die Elektriker schließlich reparieren, auch wenn es manchmal mehrerer Anläufe bedarf. Schiefe Bilder hängen sie dir auch auf. Für alles andere gibt’s Klebeband.
(Das heißt nicht, dass es nicht auch anders geht. In anständigen Wohngegenden gibts auch anständige elektrische Anlagen. Aber die Mehrheit juckt das nicht. Geiz ist geil. Büschen Fummeln und das geht. Warum sonst sind in der Infinity Mall in Mumbai schon zwei Geschäfte abgefackelt auf Grund von „Kurzschlüssen“?)

Ich bin ein Gewinner!

Juhu! Juhuu! Juhuuu! Sag ich da bloß. Daniela hat gewonnen.
Facebook kann auch manchmal zu etwas gut sein. :yes: Dort sind die kreativen Köpfe von Chumbak aktiv und veranstalteten einen Wochenendswettbewerb, den ich doch frisch von der Leber weg gewonnen habe. Yippie! Mein Preis: Eine Million Rupien. Haha, kleiner Scherz. Ein Koffernanhänger. Und da ich meine Schokolade ernst nehme, über mich aber durchaus lachen kann, habe ich mich selbstironischerweise für den „I Love Mumbai“-Anhänger entschieden. Der kommt jetzt an meinen Koffer. ;D

Warum freut sich Daniela so und wer oder was ist Chumbak?

Chumbak, zu gut Deutsch „Magnet“, ist ein klitzekleines Unternehmen aus Bangalore, das Indien fruchtig-frisch und poppig-bunt verpackt. Das sieht dann so aus:

Chumbak

Normalerweise mach ich keine Werbung, aber mir gefällt das Zeug, und Kofferanhänger-sei-Dank haben die Mädels jetzt einen Stein bei mir im Brett. Apropos Stein… mir fällt gerade ein, dass ich heute ganz vergessen habe, das Rajma (Kidneybohnen) fürs Abendessen auf Steine zu untersuchen. Mist. Schlimmstenfalls findet man mich morgen beim Zahnarzt.

Zurück zu Chumbak: Wunderschöne witzige Designs und ganz offensichtlich eine große Portion Liebe für Indien. Ah, und Humor. Sehr schön. Es gibt Kühlschrankmagnete, Anhänger, Postkarten, Geschenkpapier, Klamotten, Wackelköpfe, und eine Million anderer Dinge, die man nicht braucht, aber automatisch in den Warenkorb legt.
Zur Zeit verschicken die Damen ihre Wunderwerke nicht mehr international, aber eine Anfrage kann ja nicht schaden.

Chumbak online.

Kann man in Indien überhaupt vegetarisch leben?

Was für eine absurde Frage, wo doch Indien das fleischfreie Schlaraffenland darstellt mit Gemüsekreationen, deren Geschmackspotenzial hitverdächtig ist. Die Tierliebe geht besonders unter Jains so weit, dass sie selbst auf Grünzeug verzichten, deren Ernte eventuell Tiere um ihre natürliche Lebensspanne gebracht haben könnte. So zum Beispiel sämtliches Gemüse, dessen Gewinnung das Umackern des Habitats von Würmern etc. voraussetzen würde. Selbst das Einatmen von Fliegen geht ihnen gegen den Strich; freilich weniger Ekel-bedingt als durch die grausame Tötung des unschuldigen Flugtieres.
Wie kommt die Autorin nun aber in Anbetracht dieser vegetarischen Umstände auf die Überschrift?

Ganz einfach: Ich habe zu tief ins Glas die Tasse geguckt. Und da sah ich sie: leblos schwammen sie im Satz meines durchaus als vegetarisch geltenden Pfefferminztees herum. Kleine sandfarbene Tiere. Wie viele von ihnen ich konsumiert habe, wird glücklicherweise auf immer ein Rätsel bleiben. Doch die üpppige Anzahl ihrer Leichen da in meiner Tasse hat mich zutiefst betroffen gemacht. Nicht etwa ob des Schicksals dieser elendigen Kreaturen, die noch lebend aufgebrüht wurden wie Krebse (und hoffentlich bald auch Pauli), sondern weil ich wirklich ab und zu auch ohne Fleisch kann. Beim Tee zum Beispiel.

Ohne Vorwarnung machte sich ein dramatischer Ausdruck in meinem Gesicht breit. Energischen Schrittes näherte ich mich dem Küchenkabinett mit dem ehrenwerten Vorhaben, dieses auszuräuchern. Diese gefälligen Sandwürmer fand ich in jeder Teedose. Ihnen schmeckt alles. Toll. |-|
Hinzu kommen noch die Ameisen. Die haben meine Abwesenheit während meines Deutschlandurlaubs dazu genutzt, die gesamte Küche wieder zu besetzen und krabbeln nun fröhlich auf allem herum, das man schludrigerweise mal zwei Minuten aus den Augen lässt. Zum Beispiel auch Romas Nuckel. Gaudi, Gaudi überall. Mit Fleisch, wohlgemerkt.
Ein Krabbeltier hier oder da schnipp ich ja noch gutmütig weg, denn ich kann ja nicht alles auf Herz und Nieren testen. Tolles Wortspiel. 🙄

So ist das hier. In jeder Packung steckt ein kleiner Zoo. Bereits beim Kauf sind die hübschen Insekten drin. Manchmal findet man nach kürzester Zeit oder gar bereits beim Öffnen einer Linsenpackung einen ganzen Hofstaat an Krabbelgetier. Sind die noch nicht geschlüpft, isst man ja quasi die Eier mit, oder? Qualifiziert dies nun für einen vegetarischen Lebenswandel? Diese Frage wird mich ein Weilchen beschäftigen.

UPDATE: Ein leises Röcheln

Seit heute hören wir in Küche und Bad Geräusche, die da nicht hingehören: Röcheln. Aus dem Wasserhahn!
Verantwortlich dafür ist ein Unfall am Montag Abend. Ein Wasserrohr in Bhiwandi mit 1,8m Durchmesser brach. Es ist eine der Hauptadern, die Mumbai speist. Nun haben wir den Salat. Trockenen Salat. Denn die Reparatur dieser Misere wird mindestens zwei Tage in Anspruch nehmen. In der Zwischenzeit wird Mumbai – ohnehin durstend nach einem mangelhaften Monsun 2009 – mit rund 35% weniger Wasser auskommen müssen.

Gaudi!

Wie sieht das aus?

Nun, zunächst wurde heute von 12Uhr bis 17Uhr das Wasser in unserem Haus abgedreht, damit die Hausfrauen nicht das ganze Wasser verpanschen. 17Uhr kam es wieder, aber nicht sonderlich lange. Zuerst begann es in der Küche zu röcheln, wo ich gerade Babyflaschen abwusch. Mit den vor Seifenlauge strotzenden Flaschen rannte ich ins Bad, um sie abzuspülen, so lange noch Wasser in der Leitung stand, denn das Problem ist offensichtlich: Der Wassertank auf dem Dach ist leer.

Nach und nach leerten sich so alle Leitungen mit Ausnahme einer im Bad, die noch etwas braunes Wasser spuckt. Wie lange noch? Keine Ahnung. Wir haben die Eimer in unserem Haus zusammen gesucht und diese mit brauner Lauge aufgefüllt. Morgen Früh gibt es hoffentlich wieder etwas frisches Wasser von der Stadtverwaltung, damit wir wieder etwas im Tank haben.

In der Zwischenzeit kann ich nur hoffen, dass jemand das geplatzte Rohr flickt.

Eimer

UPDATE 19. März

Drei Tage später grunzen uns die Wasserhähne zwischen 13 und 17Uhr immer noch an – und das obwohl das Leck in Bhiwandi schon repariert ist. Allerdings hat man wohl noch weitere Löcher gefunden, die hier und da gestopft werden müssen. 8|

Obwohl man sich schon längst an die jetzige Situation gewöhnt haben sollte, vergesse ich regelmäßig, was vor sich geht, und halte die Hände erwartungsvoll unter den Hahn. Gurgel-Röchel-Hust. Ach ja! |-| Also greife ich zum Becherchen neben dem gefüllten Wassereimer und schöpfe mir eine Portion zurecht.

Wie lange noch???