Mein Hobby: Tackern.

präsentiert von Der Sendung mit der Ratte 2.0

Neulich in der Post: Eine Grußkarte.
Briefwachs mal anders

Da ich auch eine der leicht paranoiden Bürger bin, die sich ganz sicher sind, daß der Postbote ein geheimes Interesse an den Inhalten der unzähligen Briefe hat, die er täglich austrägt, gehe ich meist auf Nummer Sicher, wenn ich meine Post verschließe. Mit Leim und Klebeband gehe ich zur Sache. Früher hatte ich mal eine Schachtel Siegelwachs, doch wie das bei Dingen halt so ist, die einem lieb und teuer sind: man verstaut sie, man ehr sie, man vergißt, wo zum Donnerwetter sie sind!

Hier in Indien habe ich allerdings schon sehr oft Post erhalten, die zugetackert war. Nein, nicht zugetacket. Zusammengetackert. Egal, ob es sich um eine Visakartenabrechnung, Info zur Ratenzahlung, Einladungen, nette Briefe von der Bank oder Grußkarten handelt. Oder private Post von der Familie.

Jedes Mal, wenn man so einen Brief erhält, kann man schon mal auf die Suche nach einem Objekt gehen, um die Tackernadel säuberlich zu entfernen, weil man sonst den Inhalt des Briefes mit zerfetzt.

Interessant, gell?

Halteverbot. Halteverbot.

Indien zum Mitschreiben.

Vielleicht habe ich das bereits früher schon einmal erwähnt. Vielleicht aber auch nicht. In Indien hat man die Angewohnheit, alles doppelt zu sagen. Warum, wieso, weshalb, wird uns höchstwahrscheinlich auf immer und ewig verborgen bleiben. Aber das tut meiner Amüsiertheit keinen Abbruch, wenns mal wieder soweit ist.

„Time, time!“ heißt „Mehr dich endlich aus, wir sind spät dran!“

„Jaipur, Jaipur?“ heißt „Wo bitte gehts denn hier nach Jaipur?“

„Right, right!“ heißt „Biegen sie hier bitte rechts ab.“

In Karnataka muß man „Rightaaa, Rightaaa“ sagen. Im Norden unterläßt man das, sonst kriegt man ein Schälchen angemachten Joghurt vorgesetzt (Raitha).

Auch im Schriftverkehr muß man diese Doppelregel beachten. Ihr meint, ich spinne? Hab ich mir schon gedacht. Darum hab ich einen bildlichen Beweis davon im Ärmel-Ärmel:

No standing no standing

Das Doppelphänomen kann mehrere Gründe haben:
Erstens:
Das Hirn registriert Reize nachweislich nur, wenn sie wiederholt auftreten. Wer diesen Fakt bezweifelt, kann ja mal seinen Kindern sagen, sie sollen ihr Zimmer aufräumen. Eben.

Zweitens wollte die Stadt ihren Bürgern zeigen, daß sie keine Witze reißt. Falls Fahrzeughalter über das erste „No Standing“ nur lachen können, gibts gleich noch ein zweites hinterher.

Drittens:
Vielleicht war aber auch einfach nur zu viel Platz auf dem Schild und das Schneidbrett war grad weg.

Man muß sich eben zu helfen wissen.

Unfall – was nun?

Die wiedergeborene Ratte 2.0 erzählt euch heute mal, wie das in Indien mit Unfällen so läuft.

1. Woran erkennt man einen Unfall schon von weitem?

An einer enormen Traube von Menschen, die sich in Rekordzeit einfindet. Erklingt irgendwo ein lautes Quietschen, das in einem Krachen endet, drehen sich sofort die Köpfe und alles fängt an zu laufen. Motorradfahrer halten an. Rickshawfahrer legen den Schleichgang ein und auch sonst ist in Indien immer alles jedermanns Angelegenheit.

Unfall in Delhi

Unfall in Gurgaon

Die meisten Zuschauer halten sich am Rande, recken die Köpfe und versuchen so viel als möglich mitzubekommen. Einige suchen sich flink eine Seite aus, die sie vertreten wollen, und beginnen laut zu streiten… mit anderen Zuschauern, die sich für die andere Partei entschieden haben. Das wird ein lustiges, lautes Geschrei, das auch in leichtes Schubsen übergehen kann.

2. Was tun?
Ist man selbst in den Unfall verwickelt, wird es tragischer. Zwar gibt es in Indien ein rudimentäres Versicherungssystem, aber das heißt meist, dass man zu seiner eigenen Versicherung geht und sich den Schaden bezahlen lässt. Bei Kratzern wird die Polizei nicht gerufen. Die würde es wahrscheinlich eh nicht für notwendig halten, einen FIR (First Information Report im Sinne von Anzeige) anzunehmen. Es kommt immer wieder vor, dass Leute gegen Hunz und Kunz Anzeige erstatten wollen, aber die Polizei hat gar keine Lust dazu.

Bei einem Kratzer oder einer Beule, die nicht selbst verschuldet ist, kann man sich natürlich purpurrot bis schwarz ärgern. Unser nagelneues, 3 Wochen altes Auto wurde von einem >:XX an der rechten Hintertür leicht zerkratzt. Wir wollten einen U-Turn hinlegen, als ein Motorradfahrer uns schnitt. Danke. Das wars. Bum. Ich war in 0,7 Sekunden aus dem Auto raus und in 0,8 Sekunden auf 180. Der >:XX sagte 92 Mal „Sorry, Ma’am“. Hätte ihm an liebsten >:XX . Aber das wars auch. Kann man gar nichts machen. Außer roher Gewalt. Ich sag euch, eine Weile in Indien und man weiß, warum einige Menschen eines Tages einfach ausrasten. (…)

Hat man jemanden angefahren oder ist jemand verletzt, tut man, was alle Inder tun: Fahrerflucht begehen. Nicht, weil man ein Krimineller ist, sondern weil das Leben kurz ist. In solchen Fällen ungleich kürzer. Der Mob (siehe oben) wird dann gern handgreiflich. Viele Busfahrer und LkW-Fahrer wurden schon bitterböse verknüppelt (einige schieden infolgedessen dahin), selbst wenn sie gar nicht schuld waren.
Merke: In Indien ist immer der Größere schuld. Also schnell weg. :no: