Die wiedergeborene Ratte 2.0 erzählt euch heute mal, wie das in Indien mit Unfällen so läuft.
1. Woran erkennt man einen Unfall schon von weitem?
An einer enormen Traube von Menschen, die sich in Rekordzeit einfindet. Erklingt irgendwo ein lautes Quietschen, das in einem Krachen endet, drehen sich sofort die Köpfe und alles fängt an zu laufen. Motorradfahrer halten an. Rickshawfahrer legen den Schleichgang ein und auch sonst ist in Indien immer alles jedermanns Angelegenheit.
Die meisten Zuschauer halten sich am Rande, recken die Köpfe und versuchen so viel als möglich mitzubekommen. Einige suchen sich flink eine Seite aus, die sie vertreten wollen, und beginnen laut zu streiten… mit anderen Zuschauern, die sich für die andere Partei entschieden haben. Das wird ein lustiges, lautes Geschrei, das auch in leichtes Schubsen übergehen kann.
2. Was tun?
Ist man selbst in den Unfall verwickelt, wird es tragischer. Zwar gibt es in Indien ein rudimentäres Versicherungssystem, aber das heißt meist, dass man zu seiner eigenen Versicherung geht und sich den Schaden bezahlen lässt. Bei Kratzern wird die Polizei nicht gerufen. Die würde es wahrscheinlich eh nicht für notwendig halten, einen FIR (First Information Report im Sinne von Anzeige) anzunehmen. Es kommt immer wieder vor, dass Leute gegen Hunz und Kunz Anzeige erstatten wollen, aber die Polizei hat gar keine Lust dazu.
Bei einem Kratzer oder einer Beule, die nicht selbst verschuldet ist, kann man sich natürlich purpurrot bis schwarz ärgern. Unser nagelneues, 3 Wochen altes Auto wurde von einem >:XX an der rechten Hintertür leicht zerkratzt. Wir wollten einen U-Turn hinlegen, als ein Motorradfahrer uns schnitt. Danke. Das wars. Bum. Ich war in 0,7 Sekunden aus dem Auto raus und in 0,8 Sekunden auf 180. Der >:XX sagte 92 Mal „Sorry, Ma’am“. Hätte ihm an liebsten >:XX . Aber das wars auch. Kann man gar nichts machen. Außer roher Gewalt. Ich sag euch, eine Weile in Indien und man weiß, warum einige Menschen eines Tages einfach ausrasten. (…)
Hat man jemanden angefahren oder ist jemand verletzt, tut man, was alle Inder tun: Fahrerflucht begehen. Nicht, weil man ein Krimineller ist, sondern weil das Leben kurz ist. In solchen Fällen ungleich kürzer. Der Mob (siehe oben) wird dann gern handgreiflich. Viele Busfahrer und LkW-Fahrer wurden schon bitterböse verknüppelt (einige schieden infolgedessen dahin), selbst wenn sie gar nicht schuld waren.
Merke: In Indien ist immer der Größere schuld. Also schnell weg. :no: