Um diese Monsunlektüre vollends zu genießen, empfiehlt es sich, Beiträge wie diesen hier nochmals zu überfliegen.
Es ist ein verregneter Dienstag Morgen, der sich einer verregneten Nacht anschließt. Die sich einem verregneten Montag anschließt. Der sich einem verregneten Wochenende anschließt. Monsun halt.
Nichts Schlimmes. Man muss nur wissen, wie man damit umzugehen hat. Schön und schlau ist es bspw., vom Fenster aus andere Menschen dabei zu beobachten, wie sie den Pfützen ausweichen.
Aber alles hat ein Ende. So auch die Croissants (5 Stk., 57 Rupien, Le Marché, Jogeshwari (W)). Ich sehe nun ein, dass sich an den verregneten Dienstag ein verregneter Mittwoch anschließen wird. Gefolgt höchstens noch von Schlimmerem, nämlich auch noch einem verregneten Donnerstag. Wenn ich Rahul den Rest der Woche zum Frühstück Cornflakes vorsetze, schließt sich am Freitag womöglich das Allerschlimmste an: Das Trennungsjahr.
Also zücke ich meinen Schirm und wage mich ins Freie. Wahrlich, Regen ist auch nicht besser als eine bitterkalte, Schnee bedeckte Winterlandschaft: das sieht nur vom Fenster idyllisch aus.
Monsun – Eine Anleitung, wie man’s nicht macht
Um meine zarten Füße vor den hereinbrechenden Fluten zu schützen, stülpe ich mir meine Sneakers über. Nee, nicht nur meine Sneakers :no: – meine neuen Sneakers. :yes:
Ich sehe schon die Ersten schmunzeln. Aber warum nur? Die Sneakers halten doch und ich laufe geschwind von A nach B über C zu D, wobei A = Internetcafé, B = Fleischer, C = Bäckerei und D = Postamt. Kurz vor A werde ich, das Gesicht unterm Schirm verborgen, beinahe von einer Rickshaw erfasst, die ich nicht sehen konnte, da ich so damit beschäftigt war, die Spannplane der Regenrichtung anzupassen. Brett Schirm vorm Kopf. Nicht gut. :no:
Aber Madame möchte nicht nass werden, also bleibt der Schirm tief ins Gesicht gezogen, und ich verdrücke mich auf den Gehweg, wo ich vor dem Verkehr sicher bin.
Zehn Meter später ramme ich meinen Schirm in einen ebenfalls auf dem Fußweg befindlichen Baum. Natürlich mutwillig. Ich mochte das Ding noch nie. :no:
Aber Bäume haben ja sowieso die Angewohnheit, ständig im Weg herumzustehen. Das dachte sich vermutlich auch der Fahrer eines weißen Maruti Vans, der kürzlich seinen Wagen in einen fröhlich auf der Haupstraße wachsenden Baum gesteuert hatte. Wenn man sich den Stamm dieser Unpflanze (im Sinne von Untier und Unmensch) anschaut, wird man sofort gewahr, dass das Biest schon viele auf dem Gewissen hat. Rahul meinte im Vorbeifahren, die Bewohner der umliegenden Häuser schließen wahrscheinlich täglich Wetten ab, wie vieles denn heute sein werden. Sofort erschließt sich mir die Geschäftsidee: ein Wettbüro für diesen Baum in Kandivali. Rahul meint, Wetten sei in Indien illegal. Prima! Dann sparen wir sogar Einkommenssteuer.
Ich habe meine Geschäftsidee bereits zur Kreditbewilligung an die Bank geschickt, doch so lange ich von meinem Wettbüro noch keine Einnahmen verzeichnen kann, werde ich weiterhin mit meinem verbeulten Schirm herumlaufen. Ich vergrabe meinen Kopf noch tiefer unter dem Schirm – nun ists ja eh egal. Hoffentlich hat das keiner gesehen!
Zwischen B und C befindet sich bereits ein reißendes Bächlein zwischen Fußgängerweg und Straße, und nirgendwo eine Brücke in Sicht. Ich erkenne meine Narretei: Sneakers, liebe Monsunanwärter, sind nicht gleich Gummistiefel. Man sollte sich bei der Kleiderwahl nach den Einheimischen richten. Die tragen – logisch – Floaters. Aus Gummi. Auch logisch. Und somit sieht man sie auch nicht wie kleine Karnickel von Schlammhügel zu Schlammhgel hüpfen (jetzt weiß ich endlich, warum in Indien ständig Schotter auf der Straße liegt), sondern sie waten vergnügt umher und halten inmitten einer pubertierenden Stromschnelle an, um einen Plausch zu führen.
Als die Bäche zwischen C und D immer größer und tiefer werden, laufe ich in der Mitte der Straße, wo das Wasser nur 5cm tief ist. Und stelle fest, dass auch Jeans keine gute Monsunidee sind, denn sie saugen sich voll. Und dann sind die Dinger schwer und baumeln dir wie Gewichte um die Waden. Und dann fangen sie auch noch an zu rutschen…
Teilweise ist das Wasser knöcheltief. Das schmatzende Geräusch in meinen Sneakers lässt mich verdächtig aufhorchen: die werden doch wohl nicht etwa innen nass sein? Vorsichtig taste ich mit den Zehen nach vorn … hm. Und rühre dabei den Sud Borivalis um.
Wieder driften meine Gedanken ab: Zu den armen Menschen Indiens, die auf die Straße kacken. Letzten Samstag sah ich sie im hippen Stadtteil Bandra, wie sie alle in Reih und Glied auf die Straße machten. Aber nicht alle auf einmal, denn man will sich ja nicht gegenseitig zugucken. Übrig blieb eine ordentliche parallele Zweierreihe hellbrauner Kleckse immer schön im gleichen Abstand. Die liegen dann da, bis jemand die Spülung betätigt.
Wie komme ich jetzt nur darauf?
Ich hüpfe dort, wo es einen Fußweg gibt, auf selbigen und kann so dem Gröbsten entgehen. Meinen verbeulten Schirm trage ich mit unverwüstlicher Anmut – immerhin: mein Kopf ist noch trocken!