Bombenanschläge

„Seid ihr ok?“ lautet die SMS, die sich eilig auf unser Handy stiehlt. Sie stammt von unserer Journalistenfreundin. Das bedeutet zweierlei:
1. Sie hat keine Zeit für Schmusesms zwischendurch.
2. Es muss was passiert sein.
Wir rufen sie zurück. Ja, es ist etwas passiert.
Sie erzählt uns von den drei Bombenanschlägen in Mumbai. Heute. In unserer Stadt. Wir haben das gar nicht mitbekommen. So groß ist Mumbai. Dabei waren wir den ganzen Tag in Südmumbai, wo die Bomben hochgingen. 8|

Drei Bomben explodierten nahezu zeitgleich: im Stadtteil Zaveri Bazar, einer verwuselten, dicht besiedelten Geschäftsgegend in Südmumbai, wo sich der Goldhandel konzentriert. Opera House in Girgaon war das zweite Ziel. Und Dadar.
Bisher geht man von 8-10 Todesopfern und über 100 Verletzten aus.

Das ruft Erinnerungen wach. Es ist ja nicht so lange her, dass Mumbai von Bomben und Terroranschlägen erschüttert wurde. Wieder taucht der Gedanke auf, dass man dem Umheil knapp entronnen ist. Wieder fragt man sich, wie oft einem noch solches Glück beschert sein wird? :??:

Mumbai ist nun wieder auf höchster Alarmstufe. Wir müssen abwarten, wohin das nun führt.

Obsession (Update)

Heute steht Indien still. Es herrscht Ausnahmezustand. Es ist leiser als sonst. Die Menschen jedoch bersten vor Erwartung, Fieber, Euphorie, denn in wenigen Minuten wird das Halbfinalspiel Indien gegen Pakistan in der momentanen Cricket-Weltmeisterschaft beginnen. Nicht nur handelt es sich bei Cricket um den inoffiziellen Nationalsport Indiens (offiziell ist das nämlich Hockey), sondern der Gegner ist zudem Pakistan: ein politischer und emotionaler Gegner.

Es werden also überall wieder Menschentrauben vor Fernsehern zu finden sein, die lauthals rufen, klatschen, und mitfeiern. Auf den Straßen wird es stiller sein als sonst, doch in Cafés und Restaurants und vor Geschäften, in deren Schaufenstern Fernseher stehen, wird es laut und fröhlich zugehen. Es sei denn natürlich, Indien verliert, aber Daniela in Indien ist keine Spielverderberin! :yes:

Einige Schulen haben heute nur vormittags offen, während in den Büros vermutlich viele ausgerechnet heute an einer ganz üblen Migräne leiden werden. Oder aber die Chefs sind cleverer und rollen einen großen Bildschirm ins Office: dann bleiben auch alle da und arbeiten ganz hart. 😉

Es ist schön, das Land in solchen Freudentaumel getaucht zu sehen, und man kann nur hoffen, dass ein Sieg dem vorerst die Krone aufsetzen wird, bis es zum Finalspiel geht. Plötzlich sind alle Sorgen vergessen, und bei all der Korruption und den mannigfachen anderen Problemen Indiens tut das gut, wenn auch nur für einen Tag. Man gönnt den Menschen (und nicht zuletzt sich selbst) die Herrlichkeit der Ausgelassenheit, die Sünde der Trägheit, den Genuss ihres Lieblingsspiel. Daumen hoch also für die Cricketfreunde. Selbst muss ich den Fernseher vermutlich nicht anschalten, denn ich werde aus der ganzen Nachbarschaft genügend Jubel- und Buhrufe hören, um den Hergang des Spiels einfach nur akustisch verfolgen zu können. :wave:

Circa 22 Uhr Ortszeit wissen wir dann auch, ob Morgen nationaler Trauer- oder Feiertag sein wird. Wir hoffen natürlich ganz patriotisch auf letzteres. :yes:

Olé. Olé. :))

Indien gewinnt!

Sicher ist Sicher

Der Sicherheitswahn ist wieder los. Vor einiger Zeit berichtete ich bereits darüber. Vor jedem Einkaufszentrum muss man sich quasi nackig machen: Handtasche herzeigen. Darin wird herumgewühlt. Und wenn alles von links nach rechts umgeschichtet worden ist und mit neugierigen Fingern enthusiastisch in jeder Seitentasche herumgestochert wurde, dann darf man in die Kabine zum Abtasten. Die Herren der Schöpfung müssen diese Tortur in der Öffentlichkeit über sich ergehen lassen.

In den letzten Tagen ist es mit diesen sog. Sicherheitsvorkehrungen noch etwas strenger geworden: Die Cricketweltmeisterschaft ist schuld. Die findet dieses Jahr in Indien statt. Auch Mumbai wird einige der Spiele, u.a. das Endspiel, beherbergen. Aus diesem Grund nun wurde die Gattung des Shoppers abgeschafft und ersetzt durch den Klammheimlichen Terroristen, der in jedem von uns stecken könnte. U-(

Nichts habe ich gegen Sicherheitsvorkehrungen! :yes: wenn sie sinnvoll sind! In Bentleys chicen Bürogebäude zum Beispiel wurde nun sogar eine fesche Röntgenmaschine aufgestellt, wie man sie vom Flughafen her kennt. Dort müssen nun alle Taschen durch. Fährt man allerdings sein Fahrzeug in die Tiefgarage, kann man von dort aus völlig ungehindert mit seiner Sprengstoffweste und den Böllern in der Handtasche in dasselbe Gebäude vordringen.

Dasselbe gilt für das Einkaufszentrum: die Mitarbeiter, die das sozio-ökonomische Profil eines Attentäters doch viel eher treffen als die hippe, neureiche Jugend, können völlig unkontrolliert durch den Seiteneingang ein- und ausmarschieren, während letztere noch den Schlüsselbund und die Münzen aus der Hosentasche kramen müssen.
So kommt es zu völlig absurden Situationen:

(1)
Bentley marschiert durch den Metalldetektor. Er trägt Roma auf dem Arm. Seine zwei mit Fressalien bepackten Einkaufstüten aus der Kaufhalle nebenan hat er gerade der Taschenkontrolle überreicht und bekommt sie Sekunden später zurück. Ab zur Leibeskontrolle: Rauf auf einen kleinen Hocker.
Roma im linken Arm. Zwei mit Fressalien bepackte Einkaufstüten in der rechten Hand. Sieht ein bisschen aus wie ein Lastesel.
Sicherheitsbeamter: „Was ist das da in ihrer Jeanstasche?“
Bentley: „Mein Handy.“
Sicherheitsbeamter: „Das müssen sie jetzt aber mal rausholen.“
Mit Kleinkind und Einkaufstüten bepackt beginnt Bentley, an seiner Hosentasche rumzufingern, während eine Meute potenzieller Einkäufer Selbstmordattentäter hinter ihm schon zu drängeln beginnt.
Ich steh derweil in der Schlange für Frauen. :yes:

(2)
Im Einkaufszentrum ist es schön kühl. Doch draußen sehe ich ein Taxi stehen. Ist es meins? Ich kann das Nummernschild nicht sehen. :no: Wenn man in Indien telefonisch ein Taxi bestellt, bekommt man das Nummernschild per sms zugeschickt, damit man auch von weitem weiß, welches das eigene Taxi ist. Nun, es bleibt mir nichts anderes übrig, als das Einkaufszentrum zu verlassen. Ich geh also noch drei Schritte weiter vor und psccccchhhhhh bin ich raus aus dem klimatisierten Einkaufstempel. Die Glastür rumst hinter mir zu. Toll. Ich geh noch drei Schritte, um über den Busch gucken zu können, der mir den Blick versperrt hat. Na toll, nicht mein Taxi.
Draußen ist es mir wirklich zu heiß und Roma beginnt schon zu zappeln. Ich dreh mich also um, um wieder in das Einkaufszentrum reinzugehen. Natürlich nicht durch den Ausgang :no: sondern durch den Eingang, wo schon fünfzig andere Einkäufer Selbstmordattentäter warten, durchleuchtet zu werden.
Witzig ist in diesem Zusammenhang, dass man jetzt dort auch abgetastet wird. Als ich eine halbe Stunde vorher durch dieselbe Tür ins Einkaufszentrum ging, wurde das noch nicht gemacht. Logisch: Selbstmordattentäter sind Morgenmuffel.
Auch beim Betreten der Mall via Tiefgarage gibt es kein Abtasten.

Es ist mir klar, dass diese Sicherheitsvorkehrungen mehr psychologischen Wert besitzen als faktischen. Ich stelle mir vor, wie schockiert die Einkäufer wären, wenn ab Morgen all die Metalldetektoren abgebaut wären? Und erst die ganzen Arbeitslosen Sicherheitsbeamten. Nein, es muss sein: dient es doch dem größeren Zweck, wenn meine Handtasche mehrmals am Tag von Fremdpersonal umgeräumt wird. :yes:

Vermutlich bin ich einfach mal wieder ein Muffel. :yes:

Doch das ist nicht alles: Nun unternimmt die Polizei Mumbais eine Infoaktion, wobei alle Mieter Mumbais untersucht werden. Schließlich könnten wir Terroristen sein. Mieter sind in Mumbai bereits polizeilich erfasst, weil alle Mietverträge, um wirklich gültig zu sein, polizeilich registriert sein müssen. Das heißt, die Polizei weiß schon, wer wir sind und woher wir kommen. Zusätzlich sammeln sie nun Informationen wie Referenzen. Das heißt, wir müssen mindestens zwei Personen in Mumbai angeben, die uns kennen. |-| Gestern abend klingelte aus diesem Grund der Makler, der unsren Vertrag aufgesetzt hat, und ließ uns den Extrafragebogen ausfüllen.

Heissassa. Und all das für Cricket im Wankhede Stadion in Südmumbai. :yes:

Maoistische Angriffe auf Erste Phase indischer Parlamentswahlen

Am 16. April setzte die erste Phase der indischen Parlamentswahlen ein, die sich insgesamt auf einen Monat erstrecken und in fünf Phasen aufteilen wird. Gestern schritten insgesamt 17 Bundesstaaten an die Wahlurnen.

Während 14 Angriffen von Maoisten (in Indien als Naxaliten bekannt) auf Wahlstellen kam es zu insgesamt 17 Todesopfern. Ziel dieser Angriffe waren nicht die Wähler sondern hauptsächlich Sicherheitskräfte sowie Wahlbeauftragte. Helikopter mussten ausgesandt werden, um ins Kreuzfeuer geratene Armeekräfte zu evakuieren.

Maoisten/Naxaliten nutzten sowohl Landminen als auch Raketenwerfer, um ihren Aufruf zum Boykott der Wahlen durchzusetzen. Man geht davon aus, dass diese Angriffe weit im Voraus geplant worden waren.

Zur Absicherung gegen Terroranschläge durch Maoisten hatte man im Vorfeld Polizisten und paramilitärische Kräfte besonders entlang des sog. Roten Korridors positioniert, d.h. entlang dicht bewaldeter Gebiete, die als Hochburg der Maoisten gelten.

Laut Wahlkommission lag die Wahlbeteiligung bisher zwischen 46 und 86%, wobei die Wahlbeteiligung in den von Gewaltanschlägen betroffenen Gegenden niedriger ausfiel.

Fotolink:
Dorfbewohner in Orissa stehen zur Wahl an

Ariktel:
Washington Post (Englisch) – Ausführlicher, aufschlussreicher Beitrag zu den Wahlen und den maoistischen Angriffen

Bombenexplosion in Bangalore

Sieben Bombenexplosionen erschütterten Bangalore diesen Freitag. Die Bomben wurden per Zeitzünder während der Mittagspause in geschäftigen Gegenden der Stadt ausgelöst und verursachten zwei Todesopfer. Die Angaben zu Verletzten variieren zwischen sechs (Quelle: CNN-IBN) und 20 (Times of India).

Bislang hat sich niemand zu den Anschlägen bekannt, doch die Bangalore Polizei geht davon aus, dass es sich um eine Tat der Lashker-e-Toiba („Army of the Pure„, basiert in Pakistan) mit lokaler Unterstützung des SIMI (Students Islamic Movement of India) handelt. Untersuchungen laufen.

Bei den Bomben handelte es sich um Sprengstoff geringer Intensität, der Berichten zu Folge ein bis zwei Granaten gleichkommt. Seit der Anschläge, die in kurzen Abständen zwischen 13:30Uhr und 14:40Uhr stattfanden, befindet sich Bangalore in hoher Alarmbereitschaft.

Medienlinks:

Seven Blasts Rock Bangalore (Indian Express)