Inder sind furchtbar nette Menschen. Und sie sind fantastische Verkaufstalente. Unumstößlicher Fakt. Weiß jeder. Wurde man erst einmal durch die dezenten Lockrufe sympathischer Schlepper freischaffender Marketingagenten in die Hallen vergnüglicher Konsumwut gelotst, zieht einem jemand die Beine weg und der Hintern plumpst auf einen bereitstehenden Stuhl, wodurch sanft und unaufdringlich impliziert wurde, man möge es sich doch bitte bequem machen. Ein Glas Tee, Wasser, Kaffee, Limonade und unendliche Lungenvolumen Räucherstäbchen später hat man einen Berg Produkte vor sich, aus dem man sich schon aus Scham etwas aussucht.
So. Oder so ähnlich. Läuft das.
Als wir also kürzlich ein Fotofachgeschäft betraten, um uns zu informieren, waren wir vorbereitet, nur um schlussendlich überrascht zu werden: Die Türe mussten wir schon selber öffnen. 😉 Drinnen empfing uns dann trotzdem die Abgaswolke süßer Räucherstäbchen. Nur die Stühle ließen auf sich warten. :??:
Der Geschäftsinhaber, ein rundlicher Mann, dessen protziger Charakterstrang gleichmäßig über seine Gesichtszüge verteilt offen lag, lümmelte auf dem Thresen und fertigte die Kunden ab, die in diesem geschäftstüchtigen Teil Mumbais nach Wegen suchen, ihre vielen Rupien loszuwerden. Wir fragten nach den Charakteristiken zweier Kameras, deren Vor- und Nachzüge wir uns erklären ließen. Den Kostenvoranschlag gabs auf einen kleinen Notizzettel geschmiert.
„Mit Rechnung oder ohne?“, fragte Bob, der Verkäufer, der nicht wirklich Bob hieß, aber wie ein Bob aussah.
Wir:
Bob: „Mit Rechnung x Rupien. Ohne Rechnung x Rupien minus Zoll, Mehrwertsteuer und Octroi.“
Wir:
Bob: „Kauf das Gehäuse auf Rechnung. Wegen Garantie und so. Und das Objektiv ohne.“
Offene, freundliche, hilfsbereite Verkäufer.
Wir näherten uns der sensiblen Frage, was mit einer der alten Kameras zu tun ist. Eigentlich wollten wir das Ding verkaufen. Dass wir für ein vier Jahre altes, also im Prinzip bereits prähistorisches Modell keine Moneten scheffeln, ist uns klar, aber dass irgendein angehender Hobbyfotograf für wenige Rupien ein Modell zum Testen seiner neuen Freizeitbeschäftigung kaufen sollte, wollte Bob nicht so ganz einleuchten. Als er das Objekt der Diskussion zu Gesicht bekam, gab er einen Laut von sich, der mich spontan und unerklärlicherweise an ein frivol grunzendes Schwein im Akt des Fressens erinnerte, bis er seinen Gesichtsausdruck wieder so weit unter Kontrolle hatte, als dass er nur noch ganz leicht hämisch aussah. In etwa so:
Ich warf Rahul einen prüfenden Blick zu, um zu sehen, welches Ungemach dieser Coup de Grace verursacht hatte, und war froh, dass Rahuls Hände gefüllt waren mit seiner prähistorischen und dennoch heiß verehrten Kamera, so dass er dem sichtbaren Impuls, Bob zu meuchelmorden, in diesem Moment nicht nachgehen konnte.
Gut für Bob.
Bob hielt uns dann noch einen Vortrag über die Erbärmlichkeit unserer momentanen Kamera, zeigte uns die Rechnung des Kunden vor uns (über 200.000 Rupien), um ein Gefühl tiefer Demut, Nutz- und Minderwertigkeit in uns zu schüren, nur um dann galant zurück zum Thema Rechnung vs. Keine Rechnung zu kommen, und damit auf den Kauf einer neuen, supertollen, brandaktuellen Kamera zu schwenken.
Ein Meister seines Faches also.
Wir verließen das Geschäft mit Gesichtsausdrücken, die nur unter Aufbringung höchster Selbstdisziplin in eine ausdruckslose Mine zurechtgerückt werden konnte, und brachen draußen auf dem Fußweg in gröhlendes Gelächter aus. Rahuls kurzer Ausflug in die Gefilde echter Wut verwandelte sich in einen Anfall höchster Belustigung. Ich weiß ja nicht, welcher Gattung Einfaltspinsel man zugehörig sein muss, um sich durch solch ungehobelte Taktiken bearbeiten zu lassen, aber unterhaltsam war das schon. :))
Diese Geschäftstaktik haben übrigens viele drauf, vor allen Dingen natürlich diejenigen, die exklusive und/oder teure Ware verkaufen.