Sie sind ein fester, essentieller Bestandteil vieler städtischer Haushalte in Indien: Die Ein-Personen-Putzkolonne, die unter vielen Namen läuft: Maid. Bai (in Maharashtra). Kaamwalli.
Zum Beispiel.
Sie kommt morgens für ein paar Stunden in den Haushalt geschneit, fegt, putzt, wäscht ab, erledigt eventuell noch die Wäsche. Dann flitzt sie weiter zum nächsten Haushalt und erledigt dort dasselbe.
Oder aber sie hat einen Vollzeitjob bei einer Familie, so dass sie den gesamten Tag dort verbringt. Eventuell wohnt sie auch dort. Auf einer Matratze im Wohnzimmer. In einer Abstellkammer. Oder in ihrem eigenen Quartier.
Das Leben der Maid (wie ich sie in diesem Beitrag der Einfachheit halber nennen werde) unterscheidet sich von Stadt zu Stadt, von Familie zu Familie.
Meena zum Beispiel ist 44 Jahre alt und arbeitet Vollzeit im Haushalt einer Expatfamilie in einem feinen Viertel Neu Delhis. Sie verdient monatlich 10.000 Rupien zzgl. Überstunden, wenn sie Parties betreut. Samstag arbeitet sie nur den halben Tag und Sonntag hat sie ganz frei. Sie wohnt in einer Einliegerwohnung im ersten Stock und genießt sowohl eine Klimaanlage als auch andere Annehmlichkeiten.
Suvarna hingegen ist 45 Jahre alt und arbeitet Teilzeit in vier Haushalten in Mumbai. Es sind die Wohnungen der oberen Mittelklasse, die sie putzt. Sie verdient pro Haus 700 Rupien monatlich, wäscht ab, fegt und wischt den Fußboden und wischt Staub. Sie arbeitet sieben Tage die Woche. Noch drei weitere Mitglieder ihrer Familie arbeiten und schaffen es monatlich auf Meenas Gehalt.
So driften die Welten der Maids auseinander. Es ist ein unorganisierter Sektor, in dem nicht einmal die Arbeitsstunden reguliert sind, wobei die Regierung sich momentan mit dieser Problematik (z.B. einem Mindestlohn für Maids) auseinander setzt.. Manche Maid verdient besser als ein Studienabgänger (wie Meena), andere wiederum werden ausgenutzt, sind unterbezahlt und überarbeitet und sind ihren Arbeitgebern gänzlich ausgeliefert.
Nun jedoch entwickelt sich das Thema in eine gänzlich neue Richtung:
Immer mehr Inder wollen nicht nur ihren Haushalt in Schuss gehalten sehen, sondern auch einen gewissen Servicestandard dazu. Sie sind bereit, sich diesen Spaß etwas kosten zu lassen. Aus diesem Grund sprießen immer mehr Agenturen aus dem Boden, die Maids anlernen und ihnen eine gewisse Etikette beibringen. Denn viele der Maids werden ganz unverblümt in Slums angeworben. Es sind (junge) Frauen, die keine Arbeit haben, oder frische Migranten aus anderen Landesteilen. Sie nehmen an Orientierungskursen teil, in denen ihnen Haushaltsgegenstände erklärt werden, die ihnen gänzlich neu sind. Toilettenpapier zum Beispiel, welches sich in Indien immer größerer Beliebtheit erfreut, auch wenn es nur eine Funktion „zum Abtrocknen“ erfüllt. Oder Staubsauger. Aber auch scheinbar „einfache“ Dinge wie Silberfolie, ein Staubwedel oder eine Schürze.
Desweiteren gibts Nachhilfe in Körperhygiene: sich gepflegt halten, das Haar kämmen und zusammenbinden, sich nicht zu viel Sindoorpulver in den Scheitelansatz schmieren, damit es nicht in der Wohnung der Arbeitgeber wieder heraus krümelt.
Diese Art von Kursen werden inzwischen in mehreren Großstädten Indiens angeboten. Die Firma Empower Pragati zum Beispiel führt 160-Stunden-Kurse durch, die normale Unterklasseinderinnen zu kleinen Haushaltsengeln macht. Diese dann finden Anstellungen mit einem Mindestgehalt von 5500 Rupien pro Monat – entschieden mehr als eine Maid „von der Straße“.
Die anfallenden Kosten werden von den zukünftigen Arbeitgebern getragen. Diese zahlen eine Mitgliedsgebühr an die Agentur sowie eine Art Provision, wenn eine Maid eingestellt wird.
Da die typische Großfamilie von vor einer Generation inzwischen dank der Ansprüche des modernen Stadtlebens vom Aussterben bedroht ist, stehen junge indische Familien noch vor einem anderen Problem: Es gibt in Indien keinerlei Kinderbetreuung für Kinder unter 18 Monaten, die nicht auf den Namen „Oma“ oder „Opa“ hört. Außer der Maid. Die ist inzwischen zur Nanny und Ersatzmutter geworden. Das heißt, diese neue Supermaid der städtischen Moderne ist eine Art Mädchen für alles: sie kann putzen und kochen und babysitten.
Aus diesem Grund beinhalten die Kurse der Agenturen auch wesentliche Trainingseinheiten zum Thema Kinderbetreuung.
Selbst Krankenhäuser bieten inzwischen solche Weiterbildungen an. Cloudnine Maternity Hospital in Bangalore zum Beispiel bietet einen sehr einfachen Grundkurs von sechs Stunden für zwei Personen für 1500 Rupien an, und sieht regen Zulauf von Mutter-Maid-Kombinationen. Was auch sonst will die arbeitende Mutter tun?
Demnächst: Persönliche Erfahrungen mit Hausangestellten in Indien (Teil 2)