Wie bereits im ersten Teil angekündigt, hatten wir uns für die urindischste Reisevariante entschieden: Public Transport Hopping. Ausschlaggebend für diese im Nachhinein eher weniger günstige Art des Forwärtskommens war die Annahme, eine Fahrt würde Stuuunden dauern. Das ist auch wahr, aber aus Gründen, die ich im Folgenden offenbaren möchte, ist ein klimatisierter Stau mit Airbag und ABS doch irgendwie viel schöner. 😳
Die Rickshaw
Pünktlich 6:10Uhr nahmen wir uns eine Rickshaw zum Bahnhof. Kurze Strecken (vermutlich
höchstwahrscheinlich garantiert nicht geheuer, doch es ist, wie es ist. Wir fuhren Rickshaw. Die Luft am Morgen war noch frisch und angenehm, die Straßen leer.
Der Zug
Der Bahnhof war nicht ganz so leer, doch dafür lagen noch die schlafenden Obdachlosen herum. Wir kauften Tickets für die Erste Klasse, die zu dieser unmenschlichen Tageszeit fast vollständig leer war. Dies war Romas erste Bahnfahrt. Geheuer war ihr das alles am Anfang nicht: das komisch Drahtgestell. Die neuen Geräusche. Viele Menschen. Als sich der Zug endlich in Bewegung setzte, machte ihr das Ganze dann trotzdem Spaß.
Vom Zug aus: Blick auf Cricketspiel an den Marine Lines, im Hintergrund der Marine Drive
Das Taxi
Zu so morgendlicher Stunde eine Taxe am Churchgate Bahnhof zu erwischen, ist gar nicht so einfach. Wir schafften es dennoch und fuhren damit zum Gateway of India, von wo aus die Kutter nach Alibag fahren. Auch mit einem ordinären Black-and-Yellow Cab (also die alten Schabracken ohne Klimaanlage, dafür mit durchgerostetem Boden und fragwürdigen Blumenmustern auf den felligen Sitzbezügen) ist Roma bereits mehrmals kurze Strecken gefahren. Nichts Neues also an dieser Front.
Das Boot
Am Buchungsschalter dann wurden wir hinterrücks in unserer Urlaubsstimmung überrascht: die klimatisierten Katamarane nach Alibag waren ausverkauft. Damit war die schnellste Reisemöglichkeit von flotten 45min schon mal vom Plan. Stattdessen buchten wir das nächstbeste, das verfügbar war: ein normales Boot, das eine Stunde benötigt.
Der Anblick des Wassers versetzte Roma sofort in Verzückung. Es konnte ihr gar nicht schnell genug gehen.
Mich jedoch versetzte die Situation in eine völlig andere Stimmung.
Es begann mich furchtbar aufzuregen. Einmal abgesehen vom Zustand des Kutters, den ich nur als desolat bezeichnen kann, fand ich auch das Verhalten der Passagiere unmöglich. Es gibt n Fahrkarten für n Plätze, doch alles stürmt los. Dasselbe Verhalten bemerkt man während eines Schlussverkaufs, wenn man vom Wühltisch aufschaut, nur mit dem Unterschied, dass es da keine glitschigen Stufen ohne Geländer gibt und keine sehr reale Unglücksgefahr. Als ich die Rettungsringe zählte, musste ich an die Titanic denken.
Der Blick auf das Gateway of India und das Taj Hotel im Hintergrund ist natürlich hübsch, aber mit dieser Erfahrung sehr hoch bezahlt. Postkarten sind günstiger. Außer auf der Mahalaxmibrücke im Dhobi Ghat, wo Fliegende Händler 300 Rupien für ein Postkartenbuch verlangen, was eine Fahrkarte nach Alibag ums Mehrfache übersteigt. Im Unterdeck kostet ein Platz 90 Rupien, im Oberdeck 110 Rupien und in der kleinen, eisgekühlten Kabine auf dem Oberdeck kostet die Überfahrt 120 Rupien. Wie man zu solchen Preisen (staatlich festgelegt) ein Boot so instandhalten soll, dass es keiner Fahrlässigkeit gleichkommt, ist mir ein Rätsel. Ebenso ist mir ein Rätsel, wie die zwei Kakerlaken in die klimatisierte Kabine des Kutters gelangten, doch sie waren dort.
Auf dem Boot werden Snacks verkauft. Tee und Kartoffelchips, Somas (gefüllte Teigtaschen, frittiert), usw.
Nach einer Stunde legten wir an der Mandwa Jetty an. Das ist ein winziger Ort ca. 18km von Alibag entfernt. In der heißen Vormittagssonne kämpften wir unseren Weg entlang des Anlegestegs und buchten in einem kleinen Reisebüro Kabuff am WegesStraßenrand eine Rückfahrkarte. Als unbedarfter Tourist möchte ich solcherlei Dinge nicht erledigen müssen, denn selbst etwas, das sich so einfach anhört, ist eine harte Nuss, die man mit Geduld, Finesse, Hindi und Geduld knacken muss. Das Reisebürokabuff war nämlich leer. Es war heiß. Roma kletterte über den Müll am Straßenrand. Es war heiß. Als schließlich jemand im Reisebüro auftauchte, meinte er nur lapidar, er hätte ja keine Schlüssel für die Schublade mit den Tickets. Es war heiß. Nach 15min in der heißen Sonne buchten wir unsere Rückfahrttickets (was zwingend notwendig ist, sonst steht man Sonntag Abend dort und die Boote sind voll), und nahmen uns eine Rickshaw ins Resort.
Die Höllenfahrt
Jemand sagte mir einmal, Mumbai mache hart. Nach nur zwei Jahren in dieser Stadt sei man nicht nur hart (im Nehmen oder Geben, das sagte er nicht), sondern man könne auch nicht mehr raus aus dieser Stadt. Man würde sie trotz allem vermissen.
Ich kann diese Weisheit widerlegen. Nicht nur fällt es mir routinemäßig sehr leicht, Mumbai den Rücken zu kehren, sondern es hat mich auch nicht hart gemacht. Ein Weichei bin ich stattdessen. Ich saß in der Rickshaw und starrte dem Tod ins Auge. Wir rollten im Affenzahn einen recht steilen Berg hinab, es gab unangenehme Mengen Gegenverkehr, die Bremsen der Rickshaw klangen komisch und es zog wie Hechtsuppe. Glücklicherweise war ich einfach zu wütend, um mir vor Angst einzupinkeln. Stattdessen wurde ich den Rest des Tages von einem grausamen Kopfschmerz begleitet. So’ne olle Mimose. 🙄
Leider gibt es zu Rickshaws (privat oder Sammelrickshaws) keine Alternative in Mandwa es sei denn, man hat selbst etwas arrangiert. Es gibt keine Taxen dort. Wir hatten nichts arrangiert, denn unser Resort bietet keinen Taxiservice an.
Doch dann… nach all diesen Tests, ob wir des Urlaubs auch würdig sind, schlugen wir im wahrsten Sinne im Resort auf. :wave:
Mehr dazu in Teil 3.