Eine relativ sanfte Nacht liegt hinter uns. Es ist früher Morgen, wie ich an der nebligen Landschaft erkenne, die hinter den Vorhängen am Fenster hervorblitzt. Die meisten im Zug schnarchen noch, doch hier und da tuschelt es. Höchste Eisenbahn also, die Zugtoilette aufzusuchen, bevor man Schlange steht.
Jeder Waggon hat 3 Toiletten, die sich jeweils am Ende des Ganges befinden. Sie funktionieren nach altem Plumps-Prinzip, aber es gibt dennoch eine Spülung. In den neueren Waggons wurden die Toiletten umgestaltet, und ich finde sie jetzt durchaus passabel.
Wenig später bildet sich eine kleine, schlaftrunkene Traube Menschen um die sanitären Einrichtungen. Es werden Zähne geputzt (mach ich im Zug nie, wegen: pfui), es wird sich rasiert, die Haarpracht wird geordnet, etc. Wir torkeln zurück ins Abteil, wo bereits Tee und Kaffee auf uns warten, und wenig später gibt es Frühstück.
Ist das vorbei, sammeln die Zugboys Decken, Kissen, Handtücher und Laken wieder ein, damit niemand was mitgehen lässt, und es wird ein Tablett für Trinkgeld herumgereicht. Wir geben 50 Rupien.
Unsere Fahrt endete circa 20 Minuten später.
Die Fahrkarten
Einen Tag nach unserer Onlinebuchung erhielten wir unsere Tickets per Kurier direkt an die Haustür, und was wir dann in Händen hielt, sah so aus:
Eine Fahrkarte für die 1385km lange Reise am 11. Juli 2008 für zwei Erwachsene im Zug Nummer 2951. Gebucht war 3A – Dieser Code steht für 3Tier AC, also im Abteil jeweils drei Kojen übereinander. Das Abteil ist klimatisiert.
Jedes Ticket zeigt normalerweise sowohl die Waggonnummer als auch die Sitzplatznummern an, doch da unsere Tickets auf der Warteliste standen und wir zum Zeitpunkt der Buchung keine garantierte Reservierung hatten, steht unter „Coach“ und „Seat/Berth“ lediglich unsere Waitlist-Nummer. (Für eine Erklärung des Waitlist-Systems siehe Teil 1)
Den Status der eigenen Reservierung kann man im Internet kontrollieren. Dazu benötigt man die sog. PNR-Nummer, die sich oben links (gelber Hintergrund) auf dem Ticket befindet. Schlussendlich fanden wir uns im Waggon B3 mit den Platznummern 17 und 18.
Angaben zu den Fahrgästen gibt es auf dem Ticket ebenfalls (alle Fahrgäste, die in einer Buchung enthalten sind, befinden sich auf einer Fahrkarte): Männlich/weiblich. Alter. NV steht für non-veg. Seine Präferenz fürs Essen gibt man bereits zur Zeit der Buchung an.
Bezahlt haben wir für den Spaß 2990 Rupien. (z.Z. 44Euro)
Im Kreis Delhi an der Station Tilak Bridge. Im Hintergrund ein nach Kolkatta (Calcutta) fahrender Zug, Sleeper Class.
Rajdhani Express
Rajdhanis sind Expresszüge, die jeweils Hauptstädte miteinander verbinden. Es handelt sich um voll klimatisierte Züge, also gibt es weder Sleeper Class noch Chair Cars. Die Fenster und Türen können während der Fahrt nicht geöffnet werden (auch der Grund dafür, weswegen meine Fotos nicht sehr gut geworden sind). Das heißt, für Raucher sind Rajdhanis unpraktisch. Auch für die Mitreisenden – denn unsere beiden Nachtigallen (siehe Teil 2) waren beispielsweise Raucher und brachten nach jedem ihrer Trips zum Klo eine Ladung Gossengestank mit sich ins Abteil, welcher dort eine Weile stand.
Praktisch im Rajdhani finde ich, dass man voll verpflegt wird. Sämtliche Getränke, Snacks und Mahlzeiten sind im Fahrtpreis inbegriffen. (Lediglich unser Tandoori Chicken haben wir extra bezahlt.) Auch abgepacktes Trinkwasser und Saft gibt es, und man kann zu jeder Zeit um „Nachschlag“ bitten.
Das Essen ist vorgekocht, wird im Zug gekühlt aufbewahrt und für die Mahlzeiten aufgewärmt. Wie im Flugzeug also. Die Qualität des Essen ist gut, und auch vom Fleisch habe ich noch keine Magenprobleme o.ä. davongetragen. Obwohl ich es nicht mit Bestimmtheit sagen kann, wird es sich bei dem Wasser für Tee, Kaffee und Suppe wohl um Mineralwasser oder gefiltertes Wasser handeln.
Die während der Teezeit ausgeteilten Snacks stammen von Drittanbietern. Auf der Strecke Delhi-Mumbai gibt es im 2Tier AC derzeit Snacks von Haldirams, einer nordindischen Restaurantkette. Die Sandwiches waren allererste Sahne, und auch Samosa und Süßigkeiten standen dem in nichts nach.
Anders als bei der Sleeper Class in „normalen“ Zügen muss man seine Decken und Laken auch nicht selbst mitschleppen, sondern bekommt sie gestellt. Es dürfen auch keine Händler an Bord, so dass es sehr ruhig ist und man vor dem ständigen „Spielkarten, Spielkarten, Spieelkaaaarten“ verschont bleibt (diese Händler findet man nur die ersten 20Minuten vor Reiseantritt im Zug, und das ist gut, denn ich hatte meine Karten vergessen und habe für 20 Rupien eine neue Packung gekauft). Rajdhanis fahren auch schneller, so dass man nicht so lange im Zug gammelt.
Mehr zu unserer Rückfahrt von Delhi nach Mumbai mit dem 2Tier-AC und einer Bekanntschaft mit einem Chief Engineer der Indian Railways (sowie einiger interessanter Einsichten in die indische Bahngesellschaft) gibts morgen.
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Teil 1
Teil 2