Kreative Kennzeichen

Nummernschilder werden in Indien nicht von einer zentralen Agentur angefertigt. Man kann das beim Nummernschildergeschäft seines Vertrauens erledigen lassen. Diese kommerziellen Einrichtungen werben vor allen Dingen mit verschiedenen Ausführungen ihres Produkts, weswegen von Standardisierung keine Rede sein kann. Im Vordergrund steht dabei Stil – nicht etwa Lesbarkeit. Es gibt Nummernschilder in den bizarrsten Schriftarten. Mit Glitzerschrift. Als Reliefdruck. Bunt. Mit Bildern.

Wenn man die Augen offen hält bzw. wenn im Stau genug Abstand zur Stoßstange des Vordermanns ist, dass man die Nummerschilder auch sehen kann, wird man jede Menge Vielfalt entdecken.

Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.

Chefsache
Chefsache

Aus BQ55 wird schnell mal der Chef. Sieht man ja am abgewetzten aufgemotzten Bossmobil.

Schon etwas kreativer – und bei Fahrerflucht nützlicher – wird es hier:

Nummernschild1
Sai Baba?

Sein Kennzeichen lautet eigentlich 9191, doch mit der richtigen Schriftart sieht es aus wie Ba Ba in Hindi.
बा बा = Ba Ba

Doch wer es sich zum Hobby gemacht hat, die Stadtbevölkerung zu dezimieren und dafür seinen fahrbaren Untersatz nutzen will, lässt sich ein Nummernschild wie dieses hier anfertigen:

Nummernschild3
Der politisch ambitionierte Flitzer

Um das zu entziffern, benötigt man schon etwas Zeit. Das Kennzeichen 4127 wurde mächtig entstellt, bis es ähnlich dem Hindiskript ausschaut: म न से

म = Ma
न = Na
से = Se

Zusammen…. Hokuspokus: MNS. Diese gemeinnützige Organisation kennen wir bereits. Von hier.

Diese amüsanten Beobachtungen werden weiter gewürzt durch die sonntägliche Nachricht von Hightech-Nummernschildern, die in Kürze irgendwann mal eingeführt werden sollen. 😉 Kennschildern mit Radiofunkwellen. Cooooool. :))

Pickliges Grünzeug

In Indien überkommt mich regelmäßig ein vollkommen ungerechtfertigtes, übermäßiges Gefühl von dringlichem Idealismus gebündelt mit (storniertem) Tatendrang. Man müsste doch… Man könnte doch… Wieso kann man nicht… Und so.

Zum Beispiel, wenn mal wieder die gesamte Nachbarschaft denkt, das Verbrennen von Müll wäre eine fixe Alternative, so dass man beim Marsch durch die Stadt undurchdringlichen Rauchschwaden ausweichen muss. Da müsste man mit Wassereimern durch die Gegend rennen und dem Übel den Garaus machen. Nur gut, dass nach wie vor Wassermangel herrscht und die Hähne röcheln statt zu sprudeln, sonst würde ich in arge Bedrängnis geraten, solch herzhafte Pläne in die Tat umsetzten zu müssen. :)) Oder wenn nach dem Legen unserer tollen Telefonliane der Schutt ewig auf dem Fußweg herumliegt. Das Gute daran ist lediglich, dass man als Landmark bzw. Wegweiser zu unserer Wohnung in Zukunft einfach sagen kann: Wo der Schotter liegt, da biste richtig. 🙄 Ich kann mich natürlich regelmäßig im letzten Moment davon abhalten, den Sonntag Morgen mit spontanen Aufräumaktionen zu verbringen. 😉 Aber mal ehrlich: Wieso macht das keiner?

Schaun die alle weg?

picklige pflanzen
Genau hingeschaut.

Ich nicht. Ich guck immer genau hin. Pflanzenakne fiel mir deswegen auch sofort auf. Aber auch hier machte mein sportlicher Aktionismus einen Rückzug, kurz bevor ich Clearasil auf die pubertären Blätter auftragen konnte. Vielleicht morgen. :))

Auch genau geguckt hab ich beim Schild des neuen Ledies Tailor. 😉 Der ist nämlich Spezialist in Salwar Kameez (orientalischer Hosenanzug) und Western Outyits. Yippie Yittie! Na ja. Langweile kommt jedenfalls nicht auf. 😉

Gute-Laune-Foto

Maler in Murud

Das sind die geschlossenen Tore eines Malers in Murud, den wir während unseres Morgenspazierganges dort ausfindig gemacht haben. Wir haben diese hübsche Holztür nicht nur der herrlichen Farbe wegen fotografiert, sondern auch, weil ich es so niedlich fand, wie den Kunden mitgeteilt wird, dass Montags zu ist:
nämlich mit dem grauen Vorhängeschloss auf dem rechten Flügel. Drüber steht „Montag“.

Ich liebe Details! Und ehrlich gesagt finde ich diese Tür einfach nur schnuckelig. Sie macht gute Laune. Sie erinnert mich an „Glücklichsein“. Da steht nicht „super billig“ oder „Aktionswoche“ oder „Geiz ist geil“ oder andere Repräsentationen modernen Gedankenguts, sondern es ist die hübscheste Werbung für knuffige Malerarbeit, die ich mir vorstellen kann. Simpel. Ich male halt Schilder. Aber Montags mach ich nix. 😉

Erfrischend, gelle?

Das kann ich besser (Teil 2)

Heute: Alles rund ums Thema Farbe!

Gestern schlug ich nichtsahnend die Vorhänge im Wohnzimmer zurück, um mich in der Nachmittagssonne zu wärmen. Böser Fehler. Als die Strahlen auf die Wand fielen, stellte ich fest: die ist ja gar nicht glatt. Tatsächlich hat unsere Wohnzimmerwand so viele Dellen und Hügel, dass sie gut und gern als Kletterwand durchgehen könnte.

Pinselstriche kreuz und quer, Farbgeschwülste, Farbnasen und kunstvoll in die Wand eingearbeitete Pinselhaare zeugen vom Einfallsreichtum und der schier endlosen Kreativität der Künstler, die hier am Werk waren. Da wird Wände anstarren wieder interessant.

Fließende Übergänge:
DSC03981

Um ein solches Resultat zu erhalten, dürfen Sie Kanten nie abkleben. Um gleichmäßige Tröpfchenmuster auf Fenstern, Fließen, Waschbecken, Kloschüsseln… eigentlich im ganzen Haus zu erhalten, empfielt es sich, auf Abdeckfolie zu verzichten.

Immer zuerst Lampen, Schalter, Schlösser, etc. installieren und danach (mit)streichen:
Was kam zuerst
(siehe auch das Foto mit dem fehlenden Netzstecker im letzten Beitrag)

Und zum Abschluss dieser Miniserie gibt es noch ein Bild eines Verlängerungskabels. Rotes Kabel zu kurz?
Man nehme:
Zweites Kabel.
Klebeband.
Plastiktüte.
Schere.

Schnippeldischnapp!

verlängerungskabel

(Dasselbe Verfahren können Sie bei Kabelbruch oder abgeschürfter Isolierung anwenden.)

Das kann ich besser (Teil 1)

Eine neue Miniserie im Blog!

Denn: Es ist wahr. Ich kann alles, und meistens besser als andere. (Und Einbildung ist ja schließlich auch eine Bildung.)

Ich habe noch nie ein Loch in die Wand gebohrt, um eine Gardinenstange zu befestigen, aber ich weiß, dass ich das kann. Und zwar besser, als die Experten, die vom Gardinenstangengeschäft zu unserer Wohnung geschickt wurden.

Materialien:
– Vier ellenlange Gardinenstangen
– ein Fuchsschwanz (um die vier ellenlangen Gardinenstangen in viele kleine Gardinenstangen zu zersägen)
– ein Sack hübscher Plastikkuppen und Halterungen
– Bohrmaschine
bohrmaschine
– Kabel

Wasserwaage, Bleistift, Zollstock, etc. sind die Teufel deutscher Genauigkeit. Und wohin haben diese Utensilien geführt? Zu Millionen uniformer Gardinenstangen, die eine wie die andere und vor allen Dingen gerade aus der Wand ragen. Flexibilität ist das Zauberwort der Stunde. Merkt euch das. wurden vergessen.

Eine Leiter hatten die Experten auch nicht. Nur gut, dass ich einen Tisch habe. Auf den man einen Stuhl stellen kann. Auf den sich dann der Experte stellen kann.

Steckdose und Kabel

Der Experte zückte eine Halterung aus dem Sack voller Halterungen und Plastikkuppen und setzte sie Pi mal Daumen irgendwo oberhalb des Fensters auf die Wand und ritzte mit einem vorsichtshalber mitgebrachten Schraubenzieher Markierungen in die Wand. Dann nahm er die Bohrmaschine in eine Hand, schaltete diese an, schwebte mit dem eiernden Bohrkopf der Markierung entgegen und bohrte einhändig, ein bißchen schwingend, ein bißchen tanzend los. Er befestigte die Halterung und rückte auf die andere Seite des Fensters, wo er die zweite Halterung aufsetzte. Der Kollege stand unten und sagte „Höher, tiefer, mehr links, mehr rechts…“.

Sie haben zwei Versuche

Dann stieg der Experte von meinem Stuhl auf meinem Tisch und zog beides zum nächsten Fenster. Manchmal begann der Experte zu bohren, als sich ihm eine Ladung Putz entgegen warf. Oder er hatte gerade einen der Betonträger erwischt, durch die sich schlecht bohren lässt, wenn man die Schlagbohrmaschine vergessen hat. In solchen Fällen setzte der Experte einfach 10cm links oder rechts nochmal an. Wir haben jetzt ein paar mehr Löcher als nötig in der Wand, aber vielleicht wollen wir ja mal Bilder aufhängen.

Mehr weiß ich nicht. Ich glaube, ich verzog mich in ein Nebenzimmer und betrank mich mit einer ganzen Packung Ampelmännchen. Rot. Grün. Rot. Grün. Da störten mich dann auch die Ölspritzer an der Wand nicht mehr, die ich später fand. Kann ja mal passieren.

Tja. Als der Schaden die Arbeit vollbracht war, bat Rahul die Experten, unseren Tisch zu säubern. Der sah mittlerweile aus, als ob es geschneit hatte (siehe Foto). Das konnte aber nicht sein, denn ich litt unter Schweißausbrüchen. Der Experte nahm ein Stück Zeitung und machte sich daran, den Schnee damit auf den Fußboden zu wischen. Ich konnte ihn gerade noch mit einem übrig gebliebenen Stück Gardinenstange niederstrecken.

Notiz an mich: Handwerkerkasten kaufen.

Alternativende:
Wie gesagt. Das kann ich auch.

Alternatives Alternativende:

Nun, die Wahrheit ist, das kann ich nicht. Beziehungsweise: können kann ich vermutlich schon, nur wollen will ich nicht. Bohrmaschinen machen mir Angst. Ich weiß nicht, mit welcher Ausrede ich das begründen soll. Deshalb lasse ich es sein. Genau wie das Bohren. Anno 2015 muss das Rahul machen. Er kann das auch ganz prima, jedenfalls besser als die Experten. Und wenn wir doch mal eine Niete gezogen haben und neu bohren müssen, dann schwinge ich den Gipsrührlöffel und – schwuppdiwupp – ist das Loch wieder zu. Denn das kann ich. Sogar sehr  gut.

Laute – leise und laute.

Vor meinem Fenster, hinter dem braunen Rasen befindet sich die Festhalle unseres Apartmentkomplexes. Lichterketten, Blumengirlanden, Menschen. Und ein Trommler. Unvermittelt fängt er an auf sein Instrument einzuschlagen. Hört sich an wie die übliche Hochzeitsmusik in Nordindien. Aber wo ist das Paar? Vielleicht ist es ein anderes Fest, ein Geburtstag, ein Jahrestag, irgendetwas, das gefeiert werden muß.

Es stimmt: Inder feiern gern laut. Musik. Ein Jahresvorrat Böller. Trommeln.

Die rhythmischen Klänge hallen in meiner Magengegend nach. Hunger. Dieser Mann steht da unten in der Kälte und trommelt sich einen Wolf, hüllt dabei den gesamten Komplex in eine Wolke improvisierter Noten ein.
Ich stelle mich ans Fenster und illere hinaus. Nichts Aufregendes zu sehen.

Die Katze sitzt in der Küche auf dem Gasherd und schaut aus dem Fenster. Von dort aus kann er alles beobachten. Er dreht sich zu mir um und guckt mich ratlos an. Ein Ohr in meine Richtung gedreht. Das andere hängt der Musik nach. Er weiß nicht recht, was er davon halten soll, und da ich ihm keine Antwort gebe, wendet er sich wieder dem Geschehen zu.
Aber das hat nichts zu sagen. Daß die Socke einen mittelschweren Knall hat, habe ich heute sogar auf Video festgehalten. Er hatte seine Pfote in den Toaster gesteckt und bliebt wzwe darin hängen. Ich habe ihn dann unter Aufbringung meiner herausragenden feinmotorischen Fähigkeiten aus dem üblen Utensil befreit. Er ließ sich nicht lumpen und hat es noch einmal versucht. Dabei rutschte er von der Arbeitsplatte ab und fiel herunter. Ein Heimvideo zum Kreischen.

Ganz plötzlich hört das Trommeln auf. Der Fernseher im Hintergrund gewinnt an Stärke, und ich kann das Hupen von der Kreuzung hören. Jemand bremst stark, aber es folgt kein Krachen. Kein Scheppern. Kein Unfall.
Im Hintergrund wird schon wieder Festgedudel laut. Doch das kommt aus einer anderen Richtung, von der Straße her. Ein Hochzeitsumzug.

umzug2

Statt Brotkrumen, die den Weg leiten, gibts einen mit Lautsprechern bestückten Wagen, der für die Geräuschkulisse sorgend vornweg fährt. Die Familie folgt dichten tanzenden Fußes. Der betretene berittene Bräutigam hinterher. Der Generator für die Leuchtsafari folgt auf leisen Sohlen.

umzug1

Der Umzug bleibt stehen. Es wird getanzt. Gepfiffen. Gelacht. Sich gefreut. Dann geht es weiter. Weiter. Weiter Weg bis zur Braut.

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Socke verfolgt, immer noch auf dem Gasherd sitzend, eine Mücke. Sein Kopf kreist energisch durch die Luft. Doch während ich weitertippe, schleicht er sich an und springt mir an den Arm. Er will spielen.

Spie|len (v): Tätigkeit wobei man seinen Unterarm der Katze zum Fraß vorwirft. Diese springt dann freudig danach und versucht ihn in Stücke zu reißen.

Siehe auch Abb. 1

Abb1
Ersetzen sie gedanklich die Socke (die weiße) mit meinem Arm.
socke und socke

Da ich noch meine Kampfwunden von gestern lecke, lasse ich Socke links liegen. Entschließe mich spontan zu einer Aktion für Ein Herz für Tiere Socke:
Ein Herz für Tiere

Raubtier läuft derweil gelangweilt an mir vorbei und verschwindet in einem der Zimmer. Ich sehe ihn hinter den Sesseln Hirngespinste jagen.

Von draußen, vom Fest her nur noch Stille. Vereinzelte Rufe. Von der Kreuzung her unterdrückte Hupgeräusche. Der Umzug zog von Dannen. Aus dem Fernseher professionelle Ansagen hübscher Nachrichtensprecherin in Gelb. Mein Fuß ist eingeschlafen. Es ist Zeit zu gehen.

So mag ich ihn am liebsten: den Analyskator

analyskator

Sündenfrei – dem Ganges sei Dank

Unglaublich aber wahr: der Ganges hat uns unversehrt wieder ausgespuckt. Übers Wochenende hatten wir geplant, uns kopflos in den heiligen Fluß zu werfen und ein bißchen herumzupaddeln.

Dafür ging es auf nach Rishikesh, die selbsternannte Yoga-Stadt der Welt, wo der Ganges sich noch sauber durch die Schluchten stürtzt. Zwar war es furchtbar neblig, aber das konnte der landschaftlichen Schönheit wirklich keinen Abbruch tun:

Tal

Rafting ist wohl groß in die Mode gekommen, und so werden die Stadtmenschen wie wir übers Wochenende für den ultimativen Kick im heiligen Wasser grüppchenweise in die Berge gekarrt. Überall dort, wo sich genug Sand an den Flußufern gesammelt hatte, daß man ein Camp aufschlagen konnte, hatte man dies bereits getan, so daß man beim Blick ins Tal von den gewundenen Straßen aus ständig Zeltlager erblickte.

Unser Camp in Shivpura

Genächtigt wurde in den spartanischen Zelten. Da die Luft sehr feucht ist und jede Nacht Tautropfen wie eine millionenstarke Armee alles besetzen, was genügend Raum für einen Wassertropfen bietet, roch alles nach Moder – einschließlich unserer Decken. Nur gut, daß wir als penible Städter bereits voraus gedacht und unsere eigenen Steppdecken in die Berge geschleppt hatten. 💡

Sowohl am Samstag als auch am Sonntag gab es jeweils eine Raftingtour.
Die erste Etappe war relativ kurz und als Einstieg gedacht. Unterwegs sollte es drei Rabbits geben. Wie bitte? Hasen? Im Ganges? Liebe Kinder, jetzt wißt ihr, was der Osterhase macht, wenn mal gerade kein Ostern ist. Nach ein paar Minuten durchschaute auch ich den Sprachfehler des Experten und erkannte, daß die Rabbits eigentlich Rapids und die Hasen nichts anderes als Stromschnellen seien. Sorry, liebe Kinder. :wave:

Die zweite Etappe zog sich über rund 20km hin und war ein tolles Erlebnis. Wir hatten unsere große Gruppe in zwei kleine Mannschaften aufgeteilt, so daß wir nur zu dritt plus Experte im Raft saßen. Da ich als dritte Person (der Experte saß in der Mitte des Rafts) das Boot mit meinem monströsen Gewicht während der Stromschnellen zum Kentern bringen könnte, durfte ich zum Ausbalancieren ganz vorn auf die Highside. Das heißt, ich schmiß meinen ganzen Zentner vorn aufs Boot. Von weitem muß es ausgesehen haben, als wär ich seekrank und unterbrach den Verdauungsprozess, aber es war der beste Platz im ganzen Raft. Erstens muß man da nicht rudern, da man als personifizierter BriefBootsbeschwerer sowieso keine Hand frei hat, und zweitens sitzt man in der ersten Reihe. Jede Welle gibts gleich mal mitten ins Gesicht. Normalerweise brumme ich jeder Person für „Unerlaubtes Daniela-im-Freibad-Wasser-ins-Gesicht-spritzen“ eine Mindeststrafe von 24 Stunden schlechte Laune auf, aber der Ganges darf das schon mal. 😉 Und auch wenn ich nachher klitschnaß war, würd ich ab jetzt immer wieder ganz vorn sitzen wollen.

Gegend Abend bekamen wir Durst. Auf was anderes als heiliges Wasser. Zu meinem Entsetzen und zur Freude der anderen kamen rucksackweise alkholische Getränke zum Vorschein. Und das im Angesicht des heiligen Flusses! Diese Sünde kann auch keine Seebestattung mehr wegwaschen.

Heiliger Fluß und schmutziges Gesoeff
(Die dargestellte Person mußte zu ihrem Schutz unkenntlich gemacht werden.)

Wer viel trinkt, der pinkelt viel. Natürlich auf Umwegen in den Ganges. Ist doch klar.

Klo

Wie es infolge des Tourismus in ein paar Jahren um Rishikesh aussehen wird und ob das Wasser dann immer noch so wunderschön türkisblau ist, sehen wir… in ein paar Jahren.

Bis dahin fragen wir uns weiterhin, ob es bereits ausreicht, wenn man sich stundenlang mit heiligem Flußwasser bespritzen läßt, oder ob ein Priester notwendig ist, um uns nicht nur sauber, sondern rein zu waschen.

Zurück ins Chokhi Dhani (Jaipur)

Alle Jahre wieder, so scheint es, finden wir uns ab jetzt in Rajasthan ein. Anlaß: Unsere deutschen Gäste wollten ja auch was sehen. Welche Stadt eignet sich also besser für einen Ausflug als das quirlige, komplett durchgedrehte Jaipur voller knatternder Rickshaws (ich habe mich schnell an die leisen, mit Erdgas fahrenden Rickshaws in Delhi gewöhnt) und aufdringlichen Schleppern?

Super Idee.

Gleich am ersten Abend ging es ab ins Chokhi Dhani. Langzeitveteranen meines Blogs könnte das unter Umständen bekannt vorkommen. Ja, das SommerWinterloch ist da. Daniela bringt Wiederholungen.

Wieder drehten wir auf dem verrückten Jahrmarkt unsere Runden. Wieder fuhren wir mit dem von Hand betriebenen Riesenrad. Ein bißchen Spaß muß sein.

Kartoffel-Dingsbums
Kartoffel-Dingsbums aus der Pfanne im Chokhi Dhani, Jaipur. Heißt natürlich nicht wirklich so, sondern Aloo Pakodas. Unten links steht die Kanne, in der später der leckere Masala-Chai zubereitet wurde. Hinten rechts auf dem Hocker sitzt der Kassierer.

Aber es gab auch Neues:

Seit letztem Jahr hat die Besucherzahl sprunghaft zugenommen, und man muß hier und da schon ein bißchen warten, bis man dran ist.

Dieses Jahr verlief ich mich nicht im Irrgarten. Dafür kostete ich den Masala Chai, der mir – was ist bloß los mit mir – sogar schmeckte!

Und – ich setzte mich nicht selbst mit einer Hookah (Wasserpfeife) außer Gefecht und konnte darum sogar das Essen genießen. Im Jahr zuvor aß Rahul, während ich hinter der Kulisse die sanitären Einrichtungen begutachtete. Tja, auch ich lerne aus Erfahrung.

Das Essen im Chokhi Dhani ist ein traditionelles rajasthani thali. So traditionell, daß man solches Essen kaum in Restaurants (höchstens in einer Dhaba) bestellen kann. Es wird auf einem Teller und in Schüsseln serviert, die aus getrockneten Blättern gepresst sind. Wasser gibts im Tonkrug. Dieser ist weder perfekt, noch glatt, noch glasiert. Kitzelt wie ein Bart beim Trinken.

Aloo Pakodas:
Kartoffelstücke, evtl. mit grünen Chilis und Zwiebeln versetzt, die in einer Hülle aus Besan frittiert werden. Besan besteht aus gemahlenen gelben Linsen (Channa Dal), der mit Wasser und Gewürzen zu einer cremigen Paste verrührt wird. Kartoffeln reintunken, Kartoffel-Dingsbums in heißes Öl schmeißen, fertig.

Ich kann zaubern

Kababs sind lecker. Dabei handelt es sich um Fleisch und oder Gemüse, dass auf monströse Schaschlikstäbe gespießt und in einen Tandoor gehängt wird.

Ein Tandoor ist ein traditioneller Lehmofen, der wie ein tiefes Fass geformt ist. Unten schmort die Kohle vor sich hin. Die Wände sind mit Lehm bedeckt. Tandoori Roti (Fladenbrot) zum Beispiel klebt man an den Lehm. Der feuchte Teig bleibt da nämlich kleben und kann später gepflückt werden. Die monströsen Schaschlikstäbe werden in den Tandoor gehängt, bis alles schön knusprig gebacken ist.

Der praktisch denkende Mensch hat den gesamten letzten Abschnitt übersprungen – schließlich hat weder er noch ich einen Tandoor zu Hause.

Und trotzdem hab ich mir gestern Paneer Tikka zubereitet. (Paneer ist eine Art Hüttenkäse aus Büffel- oder manchmal auch Kuhmilch) Ein komplizierter Prozess, den ich hier mal in einfachen Worten beschreibe:

Zunächst habe ich alle Zutaten für ein saftiges Paneer Jalfraezi geschnippelt. Alles in die Pfanne, umrühren, abdecken. Weil ich nicht wie in einer Kochshow bereits schon was vorbereitet habe, dauert das bei mir länger als 20 Sekunden, die ich dazu benutze, um in wichtige Gedanken versunken im Haus auf- und abzuwandern. 15min später fällt mir ein: da war doch was.

Inzwischen hat sich um meinen Paneer eine dunkelgoldbraune Kruste gebildet, besonders an Stücken, die sich in der Nähe des Pfannenbodens aufhielten. Na ja, denk ich mir, macht ja nix.

Jetzt ist es ganz einfach: Die verkrusteten Paneer-Stücke aus dem Topf lesen und liebevoll auf einen Teller legen. Die restlichen Zutaten wegschmeißen für Straßenhunde und -Kühe in einem Plastikbeutel verpacken.

Fertig! Paneer Tikka ohne Tandoor. Hmmmm lecker. |-|