Der singende klingende Fahrstuhl

Voller Titel: Der singende, klingende, dich in den Wahnsinn treibende Fahrstuhl

Ich habe wieder was zu Meckern gefunden!

Knausrigkeit war noch nie meine Staerke. Das wissen wir nicht erst seit diesem Tag: Mathe für Anfänger (Teil 8 der Sendung mit der Ratte, die uns wahrscheinlich noch heute beglücken würde, wenn sie nicht auf so grausame Art und Weise verschieden wäre).

Was bei mir nicht funktioniert, klappt bei Bauunternehmen prima, wie mir scheint. Echter Geiz in Reinform! Das sieht dann so aus, dass man an den Fahrstühlen spart, wenn man sie schon der vielen Stockwerke wegen einbauen muss. Man weigert sich also, diejenigen Teile an den Fahrstuhl zu montieren, die nicht unbedingt notwendig sind: Türen, zum Beispiel. Automatische Türen. Stattdessen gibt es diese furchtbaren Schiebegitter. Man kennt das aus Filmen, und zwar aus zweierlei Sorten: erstens aus alten Filmen oder solchen, die Fahrstühle in einer Zeit zeigen, in der die Türen noch nicht erfunden waren. Und zweitens aus Horrorfilmen. Den Billigen, meine ich.

fahrstuhl

Ich finde diese Fahrstühle unästhetisch. 🙄

Aber ich bin bereit, selbst der hässlichsten Realität ins Auge zu schauen. Hin und wieder schau ich drei Minuten indische Seifenopern. Wenns im linken Arm kribbelt, schalte ich dann aber gezwungenermaßen um.
Aber diese Gitterschiebetüren sind zudem unpraktisch, nervtötend und hundsgemein.

1 – Unpraktisch:
Nachdem du alle Plastiktüten mit den Lebensmitteln aus dem Kofferraum gefischt und sie mit viel Sorgsamkeit über sämtliche Finger verteilt hast, stehst du vor dem Lift und darfst die Tüten alle wieder fallen lassen, denn man muss diese Gitter selber aufschieben. Wo der Fahrstuhlmann ist, wenn man ihn braucht, möcht ich gern mal wissen! |-|

Und diese Türen sind gar nicht so leicht. Das heißt, man kann da versuchen, mit einem übrig gebliebenen Finger am Gitter herumzurütteln, weil man sich weigert, die Tüten abzustellen – kannst du vergessen. Das erfordert die Kraft eines ganzen Armes.

2 – Nervtötend:
Wenn etwas nicht automatisch geht, dann macht es keiner. Nicht umsonst hat meine Mutti immer gesagt, sie „macht mir gleich nen Haken an den A…Hintern“, wenn ich die Türen offen stehen lassen hab.
Außerdem muss man sich nicht fragen, wie viele Einkaufstrollies quer durch deutsche Landen geschoben und irgendwo im Gebüsch ausgesetzt worden sind, bevor jemand die gewiefte Idee hatte, diese neckische Münzvorrichtung an selbige zu basteln. Sieht man ja in Indien, wo es diese Münzvorrichtung (noch) nicht gibt: das Parkhaus ist ein Parcour aus Einkaufswagen. Große Supermärkte stellen extra Leute an, die den lieben langen Tag nichts machen, außer die verlassenen Trollys einzusammeln. 8|

Also mussten die Erfinder des Billigfahrstuhls sich etwas einfallen lassen. Die Idee meiner Mutti ist kaum umsetzbar, und das mit den Münzen… ich weiß nicht recht. Darum haben sie einen Melodiekasten in den Fahrstuhl gebaut, und so lange die Tür offen steht, dudelt es. Aus unerfindlichen Gründen scheint in ganz Mumbai diegleiche Melodie zu spielen, ganz egal, welcher Hersteller den Fahrstuhl gebastelt hat. Selten höre ich ein anderes Lied als das, welches ich in meinen Träumen – meinen Albträumen – spielen höre.

U-(

Diiiiiing Ding Ding Ding Ding, Ding Ding Ding Ding Diiiiiiing…. in der Endlosschleife. Oder zumindest so lange, bis die verdammte Tür wieder zu ist. Da… da ist sie wieder….

Manchmal lassen schwerhörige Leute die Tür offen. Was auch immer in deren Hirn nicht eingerastet hat! Aber so lange die Tür offen ist, dudelt es. Und der Fahrstuhl bewegt sich nicht. Das heißt, hin und wieder vernimmt man ein wutentbranntes, schnaufendes Stampfen im Treppenhaus (das bin dann ich), wenn ich da runter oder da hoch flitze, um das Brett zuzumachen. Mannomann! Hätte der Erfinder dieser Fahrstuhlmelodie ja wissen können, dass viele Inder freiwillige Taubheit entwickelt haben.

3 – Hundsgemein

Drittens und letztens ist so ein Fahrstuhl auch ein kleines Ferkel. Nicht im Sinne von lecker, sondern im Sinne von schmutzig! Denn so eine Gittertür muss gut geölt sein. „Gut schmieren“ ist in Indien so etwas wie Tradition, die sich von Ämtern über Polizeistationen hin zu Fahrstühlen erstreckt. Und dann sitzen sie dort und lauern – die Schmiere-Tropfen. Rahul hat es bereits erwischt. Plopp: ein fetter Tropfen dunkelbrauner Schmiere auf dem frisch gebügelten Oberhemd. Das macht Gaudi!

Sobald ich kraftvoll das Gitter zur Seite geschoben habe, schaue ich also prüfend nach oben, ob ein Tropfen groß und fett genug ist, um sich gleich auf ahnungslose Opfer abzuseilen, und dann erst hüpfe ich hinein – auch auf die Gefahr hin, dass ich bis dahin taub bin.

Manchmal hab ich echt Heimweh nach Bangalore. In meine schöne Gated Community. Mit drei Fahrstühlen, die alle automatisch auf und zu gingen und dabei die Klappe gehalten haben.

Dienstag. Eine Kurzgeschichte.

präsentiert von Der Sendung mit der Ratte 2.0

Fleischkauf hat sich in Delhi als schwierig herausgestellt.

In Bangalore hatte sich fertig verpacktes Hühnchen (nicht gefroren, sondern täglich frisch) durchgesetzt, welches man bequem im Supermarkt in allen möglichen Varianten kaufen konnte. Ganzes Hühnchen. Nur Schenkel. Gehacktes. Ohne Knochen. Bruststück. Je nach Belieben sieben Tage die Woche. Das Ganze hieß Real Good Chicken. Und es war echt really good.

Diese Produkte gibt es in Delhi nicht, da man hier auf Frische setzt. Dem Datumsstempel des Herstellers traut hier keiner. Stimmt ja auch. Was verpackt ist, kann nicht frisch sein. Jedenfalls nicht so frisch wie der leblos vom Haken baumelnde Hühnerkörper, der vor 15min noch im Käfig hockte. Mindestens genauso leblos, aber technisch trotzdem lebendig.

Fleischberg

Natürlich haben Tiefkühlprodukte auch in Indien ihren Einzug gefeiert. Beim desolaten Zustand der hiesigen Tiefkühltruhen bin ich mir allerdings nie so ganz sicher, wie tief gekühlt „tiefgekühlt“ eigentlich ist. Besonders angetaute Erbsentüten geben mir öfters zu denken. TK-Fleisch ist außerdem meist bereits angemacht: in Form von Nuggets, Würstchen und anderen Produkten verschiedener Firmen (z.B. Venky’s oder Suzanne’s), die allesamt nicht schmecken. Merke: Nur importierte TK-Fertigprodukte kaufen. Zum Beispiel Keell’s aus Sri Lanka.

Was tun?

Saubere, anständige Fleischereien habe ich bisher einen im Khan Market und einen in Gurgaon entdeckt, was zu weit weg ist, um mal eben mit der Rickshaw hinzudüsen. Rahuls Arbeitszeiten erlauben keinen Pit-stop unter der Woche.

Außer diesen Dienstag. Das war in Indien ein normaler Arbeitstag. Da man sich aber in Deutschland zum zweiten Mal mit Glühwein in die Besinnungslosigkeit soff, hatte Rahul frei. Und ich wollte Fleisch.

Problem: Am Dienstag essen Hindus kein Fleisch. Leider gibt es auch für Anhänger anderer Religionen kein Fleisch, außer solches, welches man aus den maroden Tiefkühltruhen zieht. Denn Dienstags hat der Fleischer zu.

Ich raufte mir die Haare. Am Rande eines Nervenzusammenbruches in Ermangelung von Frischfleisch habe ich inzwischen Angst, mein Körper könnte die Produktion der Enyme zur Fleischverdauung gänzlich einstellen. Das ist für jemanden, der in der unmittelbaren Umgebung eines Bauernhofes mit drei tierischen Mahlzeiten pro Tag großgezogen worden ist, natürlich pure Quälerei. (Ob das gesund ist, steht auf einem gaaanz anderen Blatt. Außerdem übertreibe ich mal wieder maßlos. Die Wahrheit ist, dass wir zwei Fleischtage pro Woche nicht oder nur ganz selten überschreiten. Den Rest der Zeit essen wir vegetarisch.)

Aber weiter mit Meckern: Selbstverfreilich drängelte ich Rahul zur Spontandemonstration bei McDonald’s, wo ich einen Fischburger zu verzehren gedachte, denn Fisch wird im Bundesstaat West-Bengalen durchaus als vegetarisch betrachtet. Sagt mein Freund S und bestellt sich während der Trauerperiode (in der aus Respekt für die Toten kein Fleisch gegessen werden soll) eine Portion Fischtikkas, um sich über die Abwesenheit von Chickentikkas zu trösten.

Fischberg

Bei McDonald’s wurden wir nach langem Anstehen Zeuge einer in Indien häufig vorkommenden Formation, die ich spontan reverse split queue taufte, wofür mir leider kein ähnlich offiziell klingender deutscher Name einfällt. Vor einer Kasse stehen dann zwei Schlangen, die irgendwann – ganz kurz vor der Kasse – in eine Schlange münden. Das ist doof.

Also drehten wir um und gingen zu Yo China!, wo wir Chicken Momos bestellten. Kleine Fleischbällchen in einer gedämpften Teigtasche. Die heißen eigentlich Dimsums, schmecken aber trotzdem gut.

Manchmal heißen sie auch checken momo. Aber nur manchmal. Hab ich noch nicht gekostet. 😉

checken momos

Nachdem ich wieder auf Fleisch war, konnte ich mich wirklich wichtigen Dingen des Lebens widmen. Nämlich der naheliegenden Frage: Warum essen Hindus traditionell Dienstags kein Fleisch?

Wie das bei wichtigen Fragen üblich ist, gibt es auch hierauf keine klare Antwort. Meine Schwägerin antwortete auf diese Frage, dass ihre Schwiegereltern dienstags nie Fleisch aßen. Das erklärt natürlich so einiges. Oder… nein, eigentlich erklärt das gar nichts. Fragen wir einfach weiter.

Hanuman mag kein Fleisch

Rahul sagt, daß Dienstag Hanumans Tag ist. Das leuchtet jedem ein. Außer mir. Und führt zu weiteren Fragen: Ist Hanuman Vegetarier? Rahul rollt mit den Augen, was ich spontan als cleveres Ausweichmanöver werte.

Aber dafür erfand ein schlauer Mensch das Internet. Und ein anderer schlauer Mensch Google. Dort fand ich auf die Ursprungsfrage folgende Antwort:

…this is a good question. i used to think about the same and asked my dad about it. i’m repeating what he said. faith in god is the root of beleiving him. it is not that we have to do on tuesday or a saturday (i usually do on saturday) but trying to avoid eating meat under any circumstances will help us to learn to control our desires and keep them in their limits which is very important to achieve moksha

Habt ihr auch so ein Ziehen in den Mundwinkeln in Richtung Ohren?

Richtig ist, daß die meisten Hindus dienstags kein Fleisch essen, weil sie dienstags kein Fleisch essen.
Zumindest konnte ich von keinem der Dienstags-Abstinenzler, die ich befragt habe, eine klare Antwort bekommen. Das ist traurig. Man sollte schon wissen, warum man tut, was man tut.
Und darum hat der Fleischer zumindest in Delhi dienstags zu.

Notiz an mich: Gefrierschrank kaufen.

Inzwischen hab ich natürlich herausgefunden, daß Dienstag und/oder Samstag kein Fleisch gegessen wird, weil Riten für diverse Götter (Hanuman, Laxmi, etc) abgehalten werden. An diesen Tagen sollte man sich ausschließlich ans Prasad („Geschenk der Götter“, Essen) halten, daß es während der Zeremonien/Poojas gibt. Heilige Tage setzen einen Fleischverzicht voraus. Die Warum-Frage lässt sich ganz schwierig beantworten, weil man meistens Zikelschlüsse vorgesetzt bekommt.

Umzug nach Delhi

Kleiner Rückblick. Die versprochenen Fotos gibt es heute:

Socke kommt mit

Am Mittwoch sollte die Umzugsfirma kommen. Normalerweise packen diese netten Leute auch alles schön ein. Aber ein gestandener Kontrollfreak wie ich lässt sich von anderen nicht ins Werk pfuschen. Darum bestellten wir bereits am Montag ein paar Kartons.

Textanalyse:

„bereits am Montag“

Vielleicht verstehen einige Leser nicht, wie ich bei nur zwei Tagen von „bereits“ im Sinne von „so früh schon“ sprechen kann. Aber in Indien sind wir doch flexibel. Darum hat unser Umzug Teil 1 (Einpacken) nur 3 Tage gedauert. Eigentlich nur 2 1/2.

„ein paar Kartons“

Wir erzählten der Umzugsfirma etwas von wegen „wir haben nicht viel Zeug, ein paar Kartons reichen da“. Die wollten uns 10 Kartons geben. Wir lachten ins Telefon. Unsinn, 4 bis 5 reichen vollkommen. Es sollte ja nur der „private Kram“ da rein.

Kleine Unterschätzung. Läuft unter der Überschrift Situationskomik. Am Mittwoch Abend zählten wir jedenfalls 43 Kartons. Über 20 davon für den „privaten Kram“. :crazy:

Kartons

Auch lustig: Was man beim Umziehen alles findet. Dinge, bei denen man sich schon lange nicht mehr sicher war, ob deren Existenz jemals real oder nur erträumt war. Dinge, die man schon beetweise gesucht hatte und bei denen man sich schlussendlich damit abgefunden hatte, dass sie nicht mehr zum persönlichen Inventar zählen. Mein Uniausweis beispielsweise. Was hab ich das blöde Dinge gesucht. Pünktlich zum Abschluss meiner Prüfungen fand ich ihn. Oder meine Vorlesungsaufzeichnungen. Pünktlich nach der Prüfung lagen sie vor mir.

Aber macht ja nichts. Am Ende war alles verpackt. Eine halbe Tonne Müll wurde entsorgt. Einschließlich Gegenstände, von denen man immer gehofft hatte, dass man sie eines Tages brauchen würde. Vergeblich. Versteht sich.

Umzugswagen
Ein Umzugswagen

Ich freu mich schon auf Umzug Teil 2Jetzt wird ausgepackt“. Hab doch schon lange vergessen, was ich wo hingepackt habe.

More blogs about indien.
Technorati Blog Finder

Problemlösung in Indien (Die Sendung mit der Ratte)

Lach- und Sachgeschichten mit der Ratte.

Heute lernen wir:
Wie lö/asse ich Probleme schöner aussehen?

Anfassen Verboten.

Kennt ihr das Schild? Es hängt meist genau vor den Objekten, die man am liebsten von oben bis unten betatschen möchte.

Indische Studentinnen zum Beispiel.

So sieht es zumindest Herr Narahari, Mitglied des Bangalore University Syndicate.

Ab jetzt, so sagt her, herrscht in der Bildungswundertütestätte Bangalore University endlich wieder Zucht und Ordnung. Aufreißer und heiße Schnitten Jungs und Mädchen dürfen jetzt nicht mehr nebeneinander sitzen. Außerdem wird ein Dress Code eingeführt.
Dress Code ist indisch für Kartoffelsack-Überstülpungs-Zwang.

Inspirationsquelle:
Ein Vorfall am 2. Mai, bei dem ein paar Mädels von ein paar Jungs „brutally attacked“ worden sind (O-Ton Times of India).

Times of India ist indisch für BILD.

Angeblich, weil die Jungs sich nicht einigen konnten, wer während der Vorlesungen neben den Mädels sitzen darf.
Wie jetzt? Ich hab in Bio wohl nie aufgepasst. Wenn sich zwei stramme Burschen um ein Weiblein streiten, wieso vermöbeln sie dann das Weiblein? Sollten sie sich dann nicht gegenseitig die Köpfe einschlagen?

Aber gut. Das liegt wohl an mir. Ich bin ja auch nicht männlich. Notiz an mich: Für diesen Bericht die Kommentarfunktion abschalten.

Nehmen wir mal an, die zwei Jünglinge handelten nach dem Prinzip: Wenn ich sie nicht haben kann, dann soll sie keiner haben, und verdroschen die Mädels beeinflussten die physischen Merkmale der Mädels negativ.

Welche Gehirnfunktion muss man ausschalten, um aus diesem Ereignis den Beschluss zu fassen, dass Jungs und Mädels nicht nebeneinander sitzen dürfen? :??:

Die Antwort weiß ich selber:
In Indien macht man sich nicht die Mühe, Ursachen zu erforschen, sondern man poliert die Probleme ein bisschen auf. Das ist wie ein täglicher Whopperfresser mit monatlichem Termin beim Fettabsaugen.

Oder etwas weniger eklig, dafür genau so bildlich:
Thema Strommangel

Es herrscht in Indien akuter Strommangel.
❓ Was machen wir da?
=> Nicht etwa mehr Strom erzeugen?
❗ Nein, wir reduzieren den Strombedarf.

❓ Wie?
=> Indem wir Straßenlaternen am Tag ausschalten?
Wieder falsch. Was ist ist bloß los mit mir heute.
❗ Wir schalten für den Konsumenten täglich zwischen 6-9Uhr und dann noch mal zwischen 18-21Uhr den Strom für je eine Stunde ab.
Kerzen brauchen keinen Strom. Weniger Stromabnahme. Mehr Strom. :crazy: Mehr Absatz auf dem Kerzenmarkt. Mehr Stimmen von den Kerzenherstellern bei den nächsten Wahlen. Ich will meeeehr!

So, und da ihr ja jetzt wisst, wie das geht, hier noch mal die Frage:

❓ Wie sorge ich dafür, dass Jungs und Mädchen sich gegenseitig auf dem Campus nicht mehr vermöbeln?
Richtig!
❗ Sie dürfen in den Vorlesungen nicht mehr nebeneinander sitzen!

So einfach ist das!

Billi Masala (Die Sendung mit der Ratte)

Es sieht auf den ersten Blick vielleicht nicht so aus, aber auch bei diesem Foto kann man was lernen!

Billi Masala

Es ist mal wieder Zeit für:
Lach- und Sachgeschichten mit der Ratte

Lektion 1:

Unschwer zu erkennen ist die enorme Anzahl Gewürze, die in meinem gut-sortierten Küchenkabinett herumstehen.

Von Sambhar Powder über Garam Masala bis hin zu Turmeric ist alles vertreten. Je nach Rezept Lust und Laune gibt man ein paar Löffel der bunten Geschmackskrümel in die Pfanne.

Die indischen Gewürze sind aber über den Pfannenrand hinaus bekannt:
In den Zeitungen z.B. berichtet man, dass im Dhaniya Poweder auch mal getrocknete und gemahlene Verdauungsendprodukte von Pferden (ugs.: Pferdeschei*e) gefunden werden können.
(Quelle: TOI)
An den Flughäfen hängen Schilder, dass Masalas nicht im Handgepäck mitgeführt werden dürfen. (Chilipulver wirkt wie Pfefferspray)
(Int’l Airport Cochin)
In der EU wurden Importverbote erlassen, weil viele der Masalas krebserregende Stoffe beinhalten.

Noch jemand Nachschlag? |-|

Lektion 2:

Eine Socke gehört nicht in den Küchenschrank. Darum wurde das Tier sofort nach Aufnahme dieses Fotos (nagut, ich gebs zu, zweier weiterer Fotos) aus dem Terrain entfernt.
Zu meiner Verteidigung muss ich allerdings mal eins klarstellen: Ich hab die Katze nicht da reingesteckt. :no:

Lektion 3:

Muss ich doch mal mit meinem Hindi angeben tun müssen: :>>

Katze – billi
Koriander – dhaniya
Gewürz – masala
heiß/scharf – garam

Ihr seht schon: die Ratte wird immer schlauer. Und meine Leser auch B)

Die Sendung mit der Ratte, Teil 3

Heute gibt es Geschichten rund um den teuflischen Ort, der schon so manchen ambitionierten Diätplan im Keim erstickte: Corner House.

Ableger dieser leider nur in Bangalore vorhandenen Eisdiele gibt es überall in der Stadt. Praktisch. Immer zur Hand.
Auf einer Skala von 1 bis 10 würde ich das Eis dort mit einer 3- bewerten. Aber wenn ich leckres Eis essen will, geh ich ja auch zu Baskin Robbins, was ich mit einer glatten 11 bewerten würde.

Wenn ich Lust auf so viel Schokolade habe, dass ich mir nachher wieder den NieWiederSchokolade-Schwur leiste, dann geh ich aber ins Corner House. Dort gibt es den berühmten Tod durch Schokolade, in Kennerkreisen zum DBC gekürzelt (Death by Chocolate). Was gibt es da für 85 unverschämte Rupien? Einen Plastikbecher mit 3 Kugeln Vanilleeis plus gaaanz viel Schokoladenbrowniestücke plus drei (!) Kellen Schokoladensoße, 3 Kirschen aus der Dose und gehackte Erdnüsse.

Das Teil alleine aufzuessen ist nur möglich, wenn ich mir ein spontanes FDH-Programm beim Abendessen verschreibe. Tja, ich weiß halt, wie eine gesunde Ernährung auszusehen hat :crazy:

Macht ja nix. Spätestens nach dem letzten Plastiklöffel voll Schokosoße gibt es einen ungläubigen Blick in die leere Schüssel vor mir. Was für ein Verbrechen am gesunden Menschenverstand. Meine letzte Sünde liegt ca. 40 Stunden zurück. Schon allein darüber zu schreiben lässt den Zahn wieder tropfen…. :lalala:

Corner House

Bildanneliese:

1.
Eine Schüssel voll praktischer Masalalöffel. In der Eisdiele gibt es dise Use-and-Throw Utensilien fürs Eis. Aber einmal aufgewaschen zu Hause eignen die sich prima zum Abmessen von Gewürzmischungen (Masala), weswegen ich einen ganzen Berg davon gehortet habe.

2.
In diesen unscheinbaren Metallcontainern werden die Zutaten für leckere Sundaes aufbewahrt. Und das sind nicht viele: Ein Eimer voll Schokosoße, ein Container mit Erdnüssen, Kirschen, paar Cashewnüssen und das wars schon. Raffinierte Schlemmervarianten, die in hübschen Glasbechern daher kommen und mit Fächern oder anderem Klimbim verziert sind, sucht man hier vergebens. Plastikschüssel, Plastiklöffel, ab die Post. Mehr wie die Massenabfertigung in der Mensa…

3.
Wasserfeste Servietten. Wieso gibt es in Indien Servietten, die nicht saugfähig sind? Und wie stellt man sowas her? Haben die einen Plastiküberzeug?
Ich weiß es nicht, aber Fakt ist, dass die Teile kein Wasser aufsaugen. Wahrscheinlich werden die von derselben Firma hergestellt wie die wasserfesten Wischlappen, die man erst mal in der Waschmaschine ersäufen muss, bevor sie Wasser aufnehmen. Sonst kann man damit lange herumpanschen… Es ist erstaunlich, was es alles so gibt in der Welt…

4.
Hierarchie in der Eisdiele. Dieser freundliche Mann nimmt die Bestellung auf und das Geld entgegen. Die Bestellung brüllt er dann quer durch den Raum zu den (nicht sichtbaren) niederen Angestellten, die die Eismischung zusammenstellen.

5.
Ein Fernseher. Es gibt so viele Geschäfte in Indien (besonders kleinere Garagengeschäfte), die mit einem Fernseher ausgestattet sind, welcher in schlechtester Bild- und Tonqualität Kannadafilme rüberflimmern. In manchen Geschäften muss man als Kunde regelrecht mit dem Fernseher um die Aufmerksamkeit der Angestellten buhlen.

6.
Fliegenfalle. Diese monströsen Geräte zur Schnellvernichtung fliegenden Ungetiers hängen öfters in der indischen Landschaft herum: In Eisdielen, in Restaurants, an Bahnhöfen…

7.
Götzen. In Deutschland ist ein Businessplan vielleicht der Ausgangspunkt für ein Unternehmen, aber in Indien ist es ein Götterbild. Jeden Morgen wird der Segen vom Idol erboten. Manchmal gibt es kleine Hobbyaltare mit Räucherkerzen. Wenn man kurz nach dem Öffnen eines Ladens kommt, taucht man manchmal in regelrechte Rauchschwaden ein. Kann schön sein, muss aber nicht.

8.
Ventilatoren
sind ein Grundbaustein indischer Innenarchitektur. Es gibt nur zwei Einstellungen: „Aus“ und „Orkan“.
Aber das wollte ich ja gar nicht erzählen. Eigentlich geht es um den roten, stockhässlichen Kalender neben dem Ventilator. So einen unschönen aber kostenlosen (und darum gern gesehenen) Kalender haben wir auch in der Küche hängen. Letztes Jahr haben wir einen in Kannada bekommen. Das können wir aber nicht lesen. Wir brauchen aber einen Kalender, damit wir die Feiertage wissen. Die sind Gott sei Dank in Rot markiert, also: Zweck erfüllt. Dieses Jahr haben wir wieder einen in Englisch. Super! Jetzt sehen wir nicht nur Rot sondern wissen auch, warum es einen Feiertag gibt.

9.
Ganesha.
Co-Moderator unserer Sendung! Bringt Glück, wird bei allem angerufen, was „neu“ angefangen wird (wie ein Geschäft zum Beispiel), und darf darum nirgendwo fehlen.

…. und das wars schon. Wer hätte je gedacht, dass so viele kleine Details in einem einzigen Bild einer sterilen Eisdiele stecken können? Und wer hätte je gedacht, dass ein so karger Laden mal so erfolgreich minderwertiges Eis verkaufen könnte, auch wenn man es in Plastikbecher mit Masalalöffeln und wasserfesten Servietten anbietet?

Bald ist Wochenende. Da gibt es wieder ein DBC!

Die Sendung mit der Ratte, Teil 2

Wem geht ein Licht auf?

Und noch ein Teil über Bangalores Straßen! Selbstverständlich muss ich die wenigen Monate hier noch ausnutzen, denn in Delhi gibt es Infrastrukturmäßig nicht mehr oder weniger zu meckern als in jeder anderen Stadt auf dem Globus auch.

1. In einem meiner früheren Berichte hab ich es schon mal erwähnt: Als Mittelleitplanke kann alles dienen, was gerade so herumliegt. Hier gibt es den bildlichen Beweis!

2. Diese frisch geteerte Straße (kein Spaß!) wurde aus unerklärlichen Gründen bereits 2001 mit den tollen Masten für Straßenlaternen ausgerüstet. Und so trotzten diese Metallkörper der ewigen Sonne und dem gnadenlosen Monsun, doch leider geht keinem ein Licht auf! Die eigentlichen Lichtkörper hat man nämlich bis heute nicht angebracht. Keine Leuchtstoffröhre, keine kleine flimsige Glühbirne, nicht mal eine Halterung für ne Öllampe!

Macht ja nix. Was nicht is, kann ja noch werden. Ob wir noch in Bangalore sein werden, um diesen Fortschritt zu dokumentieren, weiß nur die Person, die die Glühbirnen hortet.

Die Sendung mit der Ratte, Teil 1

Leider hat sich niemand gemeldet, der die „Sendung mit der Ratte“ – ein indischer Ableger der Sendung mit der Maus – produzieren wollte. Alles muss man selber machen!

In der heutigen Folge lernen wir etwas über die verschiedenen Bestandteile einer Straße. Das folgende Beweisfoto zeigt gleich 7 interessante Sachen, die ihr alle schon immer wissen wolltet!

Beweisfoto

1. Leicht angehobene Gullideckel

Was wie eine umgestülpte, monströse Untertasse aus Beton ausschaut, ist in Wirklichkeit die liebevoll gestaltete Eingrenzung eines Gullideckels.
Material: Irgendeine leicht bröselnde Zementmischung.

Na, fragt ihr euch auch, warum sich der Gullideckel so hervorhebt (schätzungsweise 30cm)? Nein, er leidet nicht unter Exhibitionismus. Tatsächlich sind indische Straßenbauer nämlich ganz ausgefuchste. Was denkt ihr denn, was in 20 Jahren passiert, wenn die Teerdecke durch wiederholtes Teeren immer höher und höher und höher geworden ist? Richtig! Dann würde da, wo heute ein Gullideckel ist, bald ein tiefes Loch klaffen. Um dieser unausweichlichen Zukunft aus dem Weg zu gehen, hat man den Gullideckel vorsichtshalber in leichter Erhöhung angebracht. Eines (entfernten) Tages werden sich Teerschicht und Gullideckel angleichen… Und dann werdet ihr die Genialität dieser Idee bewundern. Bis dahin weicht ihr diesen klobigen Teilen einfach aus, wenn sie sich wie die Raketenwürmer plötzlich vor euch aufbäumen…

2. Fußgängerweg

Was im Hintergrund son bisschen wie eine Kletterwand für Anfänger ausschaut, oder auch ein Steinbruch, ist in Wirklichkeit der Fußgängerweg. Darum schreibt jeder Reiseführer ausdrücklich, dass ihr Trekkingschuhe mitbringen sollt! Und dieser Anblick erklärt wahrscheinlich auch, warum Inder generell auf der Straße laufen.

3. Straßenrand

Vielleicht habt ihr den etwas holprigen Streifen zwischen der aalglatten Teerdecke und der Fußgänger-Kletterwand bemerkt?

Nun, Teer ist ein Luxusgüter. Immer wieder liest man in den Zeitungen, dass Teer verschwindet. Er verschwindet nicht nur unaufhörlich von den Straßen, sondern meist schon, bevor er überhaupt darauf gepflastert wird.
So erklärt sich, warum bei Straßenbauarbeiten generell mindestens 1m, gern auch anderthalb am Straßenrand ungeteert gelassen wird.
Ein anderer Grund, der mir spontan einfällt, ist die Naturliebe der Inder. Vielleicht ist es ein Funken Idealismus: So dass man etwas Platz lässt, um den Menschen zu zeigen, wie die Welt ohne Teer aussehen würde. So wie ein permanenter Vorher-Gleichzeitig-Nachher Vergleich…

4. Aalglatt

Bitte schaut euch nun die Qualität des Teerbelages an. Es handelt sich hierbei um Bannerghatta Road, vierspurig (minus naturbelassenem Seitenrand) und vor weniger als 12 Monaten grundsaniert. Jawohl. Damals kamen qualifizierte Fachkräfte und klebten eine Dünne Schicht Teer wie einen Tesafilm (beinahe genauso durchsichtig) über groben Schotter…. Seitdem haben bereits 2x Ausbesserungsarbeiten stattgefunden.

5. Wattewelt

Hinter der Fußgängerkletterwand seht ihr eine gelbliche Wand. Dahinter (leider nicht auf dem Foto) eine weitere Wattewelt, die sich „Mantri Paradise“ schimpft. Watte und Schotter liegen dicht beieinander.

6. Tempel

Kein Ort in Indien ist ohne einen Tempel komplett. Der blaue Bogen in der Bildmitte verrät: Hier wird gebetet.

7. Ort des Verbrechens

Seht ihr das rote Kreuz? Ein Tag wie dieser passierte nämlich genau da. Seht ihr das Schild „Police Chowki“? Genau davor stand der Polizist, der in seine Yogaübung vertieft war…

So Kinnersch, jetzt habt ihr wieder was gelernt! Das wars fürs Erste von der Sendung mit der Ratte. Schaltet auch morgen wieder ein, wenn wir einen zweiten lehrreichen Teil über die Bestandteile einer Straße bringen werden.