Das 10-tägige Festival Ganesh Chaturthi gehört zum Bundesstaat Maharashtra wie das Oktoberfest nach München, und zelebriert den Geburtstag Ganeshas.
Interessant ist die Geschichte um Ganeshas Geburt: Er ist der Sohn des Gottes Shiva und der Göttin Parvati. Als Parvati eines Tages ein Bad nehmen wollte, zog sie es vor, außerhalb des Badebereiches einen Aufpasser zu haben, der eventuelle Eindringle draußen halten sollte. Sie erschuf einen kleinen Jungen aus Lehm.
Als Shiva zurückkam und nicht in den Badebereich gelassen wurde, schlug er dem Jungen den Kopf ab. Parvati war darüber so bestürzt, dass sie Shiva dazu anhielt, den Jungen zurück ins Leben zu holen. Er sandte daher eine Truppe aus, die jemanden finden sollte, der mit dem Kopf gen Norden gerichtet schlief. Sie fanden einen Babyelefanten, und platzierten dessen Kopf an Stelle der des Jungen. Fertig: Ganesha.
Die Festlichkeiten beginnen damit, dass jede Menge große und kleine Idole Ganeshas in die Stadt gebracht und in Tempeln, Gemeinschaftszentren und Häusern installiert werden. Meist gibt es dazu jede Menge kultureller Aktivitäten.
Zwei Mal täglich soll ein Pooja (Ritual) zu Ehren Ganeshas stattfinden, welches aus 16 Schritten besteht.
Aavahanam – Ganesha-Idole werden in die Häuser/Tempel/etc. gebracht, um mit den Festlichkeiten zu beginnen.
Aasanaam – Das Idol wird in einer Ecke des Hauses platziert, die zuvor gereinigt worden ist. Getrocknete Früchte wie Datteln und Blumen werden als Dekoration genutzt.
Paadyam – Die Füße des Idols werden mit Rosenwasser gewaschen und getrocknet.
Arghyaam – Dem Idol wird kühles, parfümiertes Wasser zum Trinken gereicht.
Aachamaneeyam – Der Priester trinkt Wasser aus der Handfläche, welches als Zeichen der Reinigung der Seele gesehen wird, bevor er mit der Zeremonie beginnt.
Snaanaam – Das Ganesha-Idol erhält ein Bad mit einer Mischung (Paanchamrit) aus Milch, Joghurt, Ghee, Honig und Zucker, gefolgt von Wasser.
Vastram – Ganesha wird danach in farbenfrohe Kleidung aus Seide gehüllt.
Yagyopaveetam – Der heilige Faden (Janoi) wird um seine Schulter gelegt.
Gandham – Parfüm (ittar) wird auf das Idol gesprüht.
Aksataam – Ihm wird eine Schale Getreide geboten.
Pushpam – Blumengirlanden werden um den Hals des Idols gehangen. Ihm werden außerdem Hibiscusblüten geboten. Die Luft um das Idol wird mit Räucherstäbchen (dhoopam) gereinigt.
Deepam – Kleine Öllampen (diyas) werden um das Idol herum angezündet.
Naivedyam – Ganesha mag Süßigkeiten. Demzufolge werden ihm davon jede Menge geboten, ganz besonders Modaka und Laddoo. Modaka eine mit Lebensmittelfarben grün, rot bzw. gelb gefärbte kleine Süßigkeit, die wie eine Zipfelmütze geformt ist. Sie besteht aus einer Füllung aus geriebener Kokosnuss und Butter in einer Hülle aus Reismehl. Das ganze wird gedämpft.
Tamboolam – Man bietet Ganesha Paan: Ein Betelblatt mit Minze und Betelnussfüllung, in Rosenwasser getunkt und mit geriebener Kokosnuss bestreut.
Dakshanaam – Dem Priester wird als Dank für das Ritual eine Münze gegeben.
Es gibt allerdings wie immer regionale Unterschiede bei den Ritualen.
Am Ende des Festivals wird das Idol in Wasser versenkt; das kann ein Fluss, ein Teich, See oder das Meer sein. Dazu schreitet die ganze Prozession in Begleitung von Musik und Tanz durch die Stadt auf dem Weg zum Wasser. Und selbstverständlich resultiert dieses Ritual alle Jahre wieder in extremer Verseuchung sämtlicher Gewässer, weswegen seit einigen Jahren künstliche Wasserbecken aufgestellt werden. Aufklärungskampagnen sollen die Bevölkerung dazu anhalten, die Idole in diesen Becken zu versenken, statt dazu natürliche Wasserquellen zu Rate zu ziehen.
Glücklicher Nebeneffekt einer Wohnung im christlichen Viertel: Ganesh Chaturthi ist für uns ein sehr angenehmes Fest. Ab und zu (bisher vielleicht drei oder vier Mal) zieht eine Karawane tanzender Ganesha-Anhänger begleitet von ohrenbetäubender Musik an uns vorbei. Das dauert 15 Minuten, gibt uns kurze Unterhaltung einschließlich gewagter akrobatischer Leistungen wie Überschläge, Radschläge, etc., und ist dann vorbei. In der glücklichen Abwesenheit eines Tempels in Hörweite sind wir von Musik rund um die Uhr befreit, und auch sonst ist alles schön ruhig. Wenn die Zeitungen nicht voller Berichte über das Fest übergequollen wären, hätten wir eventuell nicht mal bemerkt, dass am Samstag überhaupt der Auftakt des Festes stattgefunden hatte. Wir wunderten uns nur, dass wir in der Mall so leicht einen Sitzplatz zum Essen bekamen und fragten uns dann, ob gerade ein wichtiges Cricketspiel stattfand, welches die Abwesenheit anderer hungriger, sich um Tische kloppender Menschen erklären würde. Tja, wir sind halt doch keine religiösen Menschen. :yes: