Seit einiger Zeit befinde ich mich auf der Suche nach Kinderbüchern und CDs mit Reimen, Liedern, Geschichten o.ä. in Hindi. Es erschien mir logisch, zu diesem Zwecke einen Buchhandel aufzusuchen. Von dieser Sorte gibt es einen sehr schönen in einem Einkaufszentrum in unserer Nähe. Es ist ungefähr das Pendant zu Thalia in Deutschland, also pirscht man sich hoffnungsvoll an. Doch Fehlanzeige: Im ganzen Geschäft gibt es nur ein Regal mit Büchern, die nicht in English verfasst sind. Ah, Lüge. Es gibt zwei. Eins davon ist das Regal mit den Wörterbüchern.
Nun, ein Regal: und darauf werden alle Bücher in Regionalsprachen kreuz und quer durchs Themenbeet gelagert. Ich würde sagen „gestapelt“, aber so viele Bücher sind es nicht, und die meisten davon sind sowieso religiöser Natur. Oder aber es handelt sich um Übersetzungen englischer Bücher.
In der Kinderbuchabteilung dann gibt es jede Menge Disney und importierte Bücher. Sehr schöne: aber alles Englisch. Ich stürze mich auf zwei, drei Werke in Hindi, bis ich merke: Übersetzungen von englischen Büchern aus Singapur. Na toll.
Ein paar echt-indische Sachen sind schon dabei, aber auch die in englischer Sprache. Zum Beispiel gibts eine große Auswahl von Comics, Bilderbänden und Geschichtsbänden speziell für Kinder mit Geschichten, die von den großen indischen Epen und Mythen abgeleitet sind. Oder „Toto the Auto“, was sehr, sehr niedlich ist.
Aber indische Geschichten mit indischen Bildern in indischen Sprachen? Fehlanzeige. Nicht in diesem Buchladen.
Ich schicke Freund S. in Gurgaon ab zum Landmark, einem noch größeren Buchladen. Er ruft mich an um zu fragen, was ich denn alles möchte. Ich sage: greif nur zu, alles was gut aussieht, bringst du mit. Bücher sind hier nicht teuer, ich nehm alles. Gut, meint er, und stiefelt los. Später ruft er mich zurück und meint, er schäme sich in Grund und Boden, aber in Gurgaon in der National Capital Region, im Hindigürtel des Landes, gibts keine Kinderbücher oder -CDs auf Hindi. Nil.
Na toll.
Aber das ist natürlich nicht wahr. Es gibt Kinderbücher in Regionalsprachen und in Hindi. Die Frage ist nur: Wo? Im Einkaufszentrum mit seinen Glitzerlichtern jedenfalls nicht. Nicht da, wo die Mittel- und Oberklasse einkaufen geht. Das heißt, ich muss irgendwo in die engen Gassen dieser Stadt in einen miefigen, überfüllten, engen Buchladen und zwischen staubigen Bänden etwas auswählen. Das kann doch nicht die Norm sein? Besteht kein Interesse an solchen Büchern? Dass Erwachsene und Jugendliche keine Romane auf Hindi lesen, kann ich verstehen: das ist nämlich nicht cool. Aber dass Kinder keine Kinderbücher in Hindi bekommen sollen bzw. nur, wenn die Eltern dafür gewissermaßen in den Dschungel gehen, das ist mir dann doch zu absurd, um es unter „quirlige Kulturunterschiede“ abheften zu können.
Wir besitzen übrigens ein Exemplar: ein Kinderbuch auf Englisch und Marathi mit echten indischen Bildern und Gegebenheiten. Es war ein Geschenk. Ich muss es hüten, wie einen Schatz. :yes:
Selbstverständlich werde ich mich informieren, wo ich solches Material nun herbekomme, und dann stiefel ich los und hol mir das. Aber ich frage mich schon, was das soll. Warum die Muttersprache so degradiert wird? Des is mir komisch.