Unser letzter Tag in Panchgani/Mahabaleshwar ist angebrochen, und um der bisherigen Erholung noch die Krone aufzusetzten, hatten wir uns dazu entschieden, direkt an den Krishna River zu fahren.
Nachdem wir die Kleinstadt Wai am Fuße der Berge durchquert hatten, fuhren wir schnurrstraks in die Vergangenheit: Ins Jahr 2001. Damals, auf dem Weg von Bangalore nach Mysore, waren wir ebenfalls durch die sonnige Landschaft gebrettert vorbei an einem Zuckerrohrfeld und dachten uns: Halt! Darauf hätten wir jetzt aber mal sofort Appetit!
Wir begegneten einem Mann (s. Bild), den wir fragten, ob wir uns denn nicht mal so ein kleines bisschen… 😛 Er marschierte ratzfatz ins Feld und knackte uns ein Rohr ab. Daraufhin wurde mit den Zähnen gewetzt, geschmatzt und gespuckt. Zuckerrohr – für die, die es noch nicht in seiner Naturform gekostet haben – ist eine saftige, zuckersüße, chaotische Sache. Man schält das Rohr ab und rammt die Beißerchen in die saftigen Fasern, um davon etwas abzubrechen. Wenn das hier ein Zahnarzt liest, lacht der sich kringelig. 😳 Macht ja nix. Dann kaut man eine Weile auf den Fasern herum, bis man den letzten Tropfen rausgeschlürft hat, und spuckt den „Müll“ im hohen Bogen elegant aus. Und so weiter. Verdammt lecker. Nachher sieht man dementsprechend aus. Kinn mit Zuckersaft verschmiert. Mund voller Fasern. Finger verklebt.
Das heißt nur eins: Weiter zum Krishna River!
Es war unbeschreiblich. Wir hatten zwei Tage auf den Bergen im Hintergrund verbracht und hatten ins Tal geschaut. Und jetzt standen wir da unten. Einfach nur göttlich. Hinzu kamen die fotogenen Wolken, die dank der gestrigen Regenschauer in weißer, flockiger Pracht glänzten und zu schnell für mein Panoramafoto über den Himmel jagten. Und die Stille. Diese unglaubliche, herrliche Stille. Fantastisch!
Natürlich wäre das hier nicht Indien, wenn nicht ein fuchsiger Unternehmer einen Bootsstand eröffnet hätte. Und wir wären keine Touristen, hätten wir nicht für 40 Rupien pro Kopf eine Runde mit dem Speedboat auf dem Wasser gedreht; B) in Rahuls Fall sogar zwei, denn er konnte gar nicht genug bekommen. Ich wollte keine zweite Runde. So viel Schönheit kann ja kein Mensch vertragen.
Zumindest nicht – und das ist meine größte Beschwerde gegenüber Indien – wenn man sein Leben in einem der indischen Moloche verbringt, die sich Großstadt nennen, ob es nun Bangalore oder Delhi oder Mumbai ist, und in denen alles Grüne, alles Schöne an den Rand gedrängt wird. In denen der Bogen aufs Äußerste gespannt ist. Da kann man schon mal vergessen, wie leise und ruhig und langsam fließend alles um einen herum sein kann.
Wir rauschten auf dem Wasser dahin: keine Menschenmenge vor uns. Kein Schubsen. Keine Wand. Keine Schilder. Dreck. Müll. Rinnsale. Straßenhunde. Motoröl.
360° Panoramablick, Krishna River
Aus Gründen, die einmal mehr meinen Horizont übersteigen die ich aus Zeitmangel jetzt leider, leider nicht darlegen kann, öffnet sich das Pop-up nicht in O-Größe. Das ist schlecht. Um das Panorama in voller Pracht zu sehen, folge man bitte diesem Link und benutze die Lupe.
Die Zeit, die wir in diesem Tal verbrachten, war einzigartig schön. Das Wasser war warm und ich hätte alles für ein altes, knarriges Ruderboot gegeben, mit dem wir Stunden auf dem See verbracht hätten.
Natürlich war das ganz gut so, dass es keins gab. Immerhin hatte ich in einem Anfall von Intelligenz nur kurzärmelige Sachen eingepackt und verbrannte mir nun schon den dritten Tag in Folge die Arme.
Für uns ging es zurück nach Mumbai, aber obwohl diese Reise bereits zwei Wochen zurückliegt, naschen wir immer noch von den Erinnerungen an diese landschaftliche Pracht. Momente wie der am Krishna River – ein seltener fastvorlauterGlückinTränenzerberst-Moment – ist nur außerhalb des Monsuns möglich, und auch unsere Erdbeermelange (zu diesem Zeitpunkt fuhren 2kg der süßen Frucht im Kofferraum mit uns herum) klappt nur während der Saison; doch davon mal abgesehen kann man die Landschaft das ganze Jahr über genießen.
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Noch ausstehendes Thema:
(7) Touristen – Das Dreckige Dutzend Tausend
Bereits abgehakt:
(1) Maha Strawberry Country
(2) Berg- und Talfahrt
(3) Natur Pur
(4) Pratabgadh & Der Punkt des Todes
(5) Gola, indisches Eis