Indien. Der überlaufende Kessel. Wo es an jeder Straßenecke, in jedem Geschäft, auf jedem freien Platz vor lauter Menschen blubbert und brodelt. Wo man sich jeden miefigen Atemzug mit mindestens einem Dutzend Gleichgesinnter teilen muss. Das Land, in dem der Plural erfunden wurde. Indien eben.
Kann es sein, dass es hier ein ruhiges Plätzchen gibt? Dass man gar allein ist? Mutterseelenallein? In Indien?
Gestern abend an der Kinokasse war es dann so weit. Dass sich Inder vielleicht nicht unbedingt einen Schinken über ihre ehemalige Kolonialherrin anschauen wollen, kann ich verstehen. Aber so ganz allein?
Wir treten an die Kinokasse heran: „Zwei Tickets für The Young Victoria.“
„Oh“, klingt es da von nebenan voller Überschwang. „Noch zwei!“
Wir standen zwei jungen Männern gegenüber; ein Inder und ein Franzose. Sie hatten gerade fünf Tickets gekauft, weil die Vorstellung sonst abgeblasen worden wäre. Sie drückten uns zwei davon in die Hand, wir zahlten dafür, und gingen in unsere beinahe private Vorstellung. Zum ersten Mal im indischen Kino klingelte kein Handy. Niemand aß neben mir Taccos. Kein einziges schreiendes Kind war zugegen. Und es stritt sich auch kein frisch-verliebtes Paar irgendwo. Da war Stille im Saal.
Wir setzten uns wo Platz war wo es uns am besten gefiel. „Wir hoffen, wir sitzen nicht auf euren Plätzen“, fragten wir lediglich, als die anderen zwei reinkamen. Man weiß ja nie, was sie für Pläne haben, wenn sie schon zum Preis von nur fünf Tickets eine Halle nur für sich buchen. 😉