Unser Trip nach Goa begann – wie die meisten unserer Abenteuer – unter ungünstigen Bedingungen, da der Bentley noch eine samstägige Schicht im Büro schieben durfte, die sich länger und länger zog, bis er 18Uhr endlich in der Tür stand. Unserem ursprünglichen Plan nach hätten wir zu diesem Zeitpunkt schon die Hälfte der knapp 600km nach Goa zurückgelegt haben sollen. 8| Mein deutscher Ungemach ob dieses herben Rückschlages legte sich lähmend über mich. Der Bentley hingegen – unerschütterlich-indisch angesichts dieser zeitlichen Schmach – gab nur knappe Anweisungen: Zieh kein‘ Flunsch! Pack die Katze in den Sack! Los gehts!
So wurde Socke in den eigens für diesen Trip gefertigten Käfig gesperrt, welcher heroische Akt mich mit lediglich drei mittelschweren Kratzern zurückließ. Mit Sack Katz und Pack stehen wir vor dem Fahrstuhl: Doch Indien wäre nicht Indien, fiele dieser nicht in genau diesem Moment aus! :))
Eine halbe Stunde später guckte Socke erschrocken in die Gesichter fremder Katzen in seinem neuen Katzenhotel, während wir uns fix vom Acker machten.
Der National Highway 17, der u.a. Mumbai mit Goa verbindet, ist kein wirklicher Fahrspaß, denn es handelt sich durchgängig um einen lediglich zweispurigen Teerpelz ohne einen Mittelstreifen, der vor Geisterfahrern schützt. Einziger Vorteil: die recht gute Teerqualität. Vermutlich gibt es zwischen Mumbai und Goa weniger Schlaglöcher als in Mumbai selbst. Immerhin fuhren wir recht knackig durch.
Gegen 19Uhr stempelt die Sonne hier dieser Tage aus, so dass wir eine Nachtfahrt vor uns hatten. Da sich uns Mumbai, das anschließende Navi Mumbai sowie Panvel als urbane Bollwerke voller Berufsverkehr in den Weg stellten, erreichten wir NH17 erst gegen 21Uhr. Vielleicht ist die Ausschilderung Goas eine Erwähnung wert: Es gibt reichlich Schilder, die Goa ausweisen, so lange man nur geradeaus fahren muss. In dem entscheidenden Moment, in dem man rechts abbiegen muss, fehlt das Schild, und wenn man nicht in einem Anfall von Geistesanwesenheit eine Vollbremsung einlegt, segelt man auf die Rampe zum Expressway nach Pune – völlig falsche Richtung und Umlenken für die ersten 20km unmöglich. Die Goa-Schilder bleiben übrigens verschwunden, bis man den Highway ca. 10km später selbst gefunden hat. Von da an stehts wieder da: Goa. 593km. :wave:
(Fotos öffnen sich als Pop-up)
Wir segelten drauf los und nahmen uns vor, bis Mitternacht zu fahren und uns dann in der ersten Lodge einzuquartieren, die sich bot. Der Nachtverkehr war erstaunlich dünn gesät: nur halsbrecherische LkWs und lebensmüde Reisebusfahrer terrorisierten die Straße. Nie, nie würde ich diesen Highway in einem Reisebus bewältigen wollen! :no:
Schnell revidierten wir unser Zwischenstoppziel von Chiplun (fast halbe Strecke zwischen Mumbai und Goa) und hielten Kurs auf das 96km nördlicher gelegene Mahad. (Siehe Karte) Als wir uns dieser kleinen Industriestadt näherten, erblickte ich mehrere hell erleuchtete Pfade, die aus dem mondlosen, sternlosen Schwarz der Nacht in den Himmel zu ragen schienen. Es schien sich um Fackellichter zu handeln, die sich auf einer unsichtbaren Wendeltreppe in die Höhe schraubten. Meine Vermutung, dass es sich um Tempel auf Bergen handelte, deren Pfade von Nachtpilgern erleuchtet wurden, bestätigte sich erst vier Tage später auf unserer Rückfahrt, als wir dieselbe Landschaft im Tageslicht passierten. Nicht zu wissen, um was es sich handelte, während man müde aber erwartungsvoll in den Urlaub steuert und hungrig auf jedes Erlebnis wartet, war allerdings eine ganz tolle Erfahrung. Der Anblick dieser Feuerketten ohne Anfang und ohne Ende war unbeschreiblich schön.
Kurz nach Mitternacht erreichten wir Mahad – wie geplant. Und fielen wenige Minuten später in der ersten Lodge um: irgendein Hotel direkt am Highway. :yes: Punkt 7:30Uhr am nächsten Morgen ging es weiter. Die Fahrt war ruhig: Einziges Problem stellten die hoch-religiösen Fahrer da, mit denen wir uns die Straße teilten. Da wir einige Ghat-Abschnitte durchfuhren (also bergiges Terrain), reihten sich unübersichtliche Kurven aneinander, und dem ungeduldigen Fahrer reißt da schon mal die Hutschnur, wenn er überholen will. So kam es, dass eigentlich jeder überholte, auch wenn er absolut nichts sehen konnte. Man muss anders gepolt sein, um den Unterhaltungseffekt der daraus resultierenden Situationen genießen zu können: wenn einem in der Kurve Geisterfahrer entgegen kommen, oder wenn man in einer Kurve überholt wird, Gegenverkehr kommt, und man zu dritt nebeneinander eine Kurve am Abhang manövriert. Da wünscht man sich dann schon mal Flugabwehrwaffen.
Nichts für ungut: wir legten an diesem Tag rund 400km zurück und benötigten dafür nur sieben Stunden – quasi rekordverdächtig (unter den Bedingungen)! :yes: