Diwali 2010

Aus und vorbei. Diwali liegt hinter uns. Der Böllervorrat der Nachbarschaft hat sich leider noch nicht ganz erschöpft, aber es ist definitiv besser geworden. Es liegt mir fern, den Spaßfaktor der Feiernden um mich senken zu wollen, aber ich ziehe eine Mütze Schlaf vor, anstatt die gesamte Nacht Roma beruhigen zu müssen, die bei jeder neuen „Atom Bomb“ zusammenzuckt wie ein Kitz. 😐 Armes Ding.

Etwas Schönes haben wir trotzdem unternommen, nämlich das hier:

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Darauf hab ich mich doch das ganze Jahr gefreut. :yes:
Und weil unser Haus so toll geschmückt war, hatten wir auch sofort Besuch:

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So süß!

Eins dieser possierlichen Tierchen war zeitweise Untermieter im Schlafzimmer, woraufhin Bentley erklärte, er würde die Schwelle in dieses verwunschene Zimmer nicht mehr übertreten. Wie so viele Inder leidet er unter der Überzeugung, Geckos wären die tödlichsten aller Tiere überhaupt. Später hatte er das dann vergessen: Müdigkeit richtet alles. :wave:

Ganesh Chaturthi 2010- Das Ende (Teil 2)

Am Morgen nach dem großen Abschiedsfest ist der Spuk vorbei. Zunächst ist die Stadt ganz besonders leise. Müde noch, nimmt man an. Im Laufe des Tages werden die Festzelte, die Bühnen, Plakatwände und Aufsichtstürme wieder abgebaut: geschickte Kletterer fusseln die Konstruktionen aus Bambusrohren und Kokosfaserseilen wieder auseinander.

Auf den Straßen befindet sich hier und da ein dicker, rosaroter Belag aus Farbpulver, das beim Feiern Verwendung gefunden hat.

Doch am Strand zeigt sich, dass der Kreislauf doch nicht ganz ohne Stolpersteine geschlossen werden kann. Dass die Idole nicht wieder zu Lehm und Wasser zerflossen sind, aus dem sie modelliert worden waren, sondern zu Gipskadavern mit Kokosfaserfüllung und abgeblätterter Farbe.

Es ist Ebbe. Der breite Streifen Strand ist flach und eben, der Sand feinkörnig und von einer sehr befriedigenden Goldnuance. Krähen entspannen sich in der angenehmen Sonne, die sich daran macht, das Meer am Horizont zu küssen. Hunde joggen eine Runde. Ein paar Menschen lümmeln fotografierend und spazieren gehend herum. Und dann ist da ein Trupp junger Männer, die die verendeten Idole vom Strand zusammensammeln und ins tiefere Wasser werfen, damit die nächste Flut sie fortschaffe. Um den Kreislauf doch noch zu schließen. Sie sagen, sie seien nur zu Besuch in Mumbai und hätten den Strand sehen wollen. Was sie sahen, hatte ihnen nicht gefallen, also hatten sie spontan beschlossen Abhilfe zu schaffen.

Der Boden ist an einer Stelle übersät von kleinen goldenen Flecken: Blütenblätter in bezauberndem Orange. Ein Stück weiter tieflila Blumen. Nie war ein Elefantenfriedhof so beruhigend. So friedlich.
Ein Hund hat sich im Schatten eines Idols schlafen gelegt. Der Trupp freiwilliger Aufräumer lacht, zerrt das nächste Idol ins bereits wieder steigende Wasser. Zwei, drei Fluten später wird man vermutlich nichts mehr davon sehen. Alles wird weg sein. Einfach weg.

Das war Ganesh Chaturthi 2010

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Eine Frage der Perspektive.

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Freiwilliger Aufräumer.

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Auf dass die Flut euch davon trage.

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Zum zweiten Mal versenkt.

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Weiter zu Teil 1
oder
Mehr zum Fest.

Ganesh Chathurti 2010 – Das Ende

Ganesh Chathurti 2010 war vorbei. Das Ende der Elefanten war gekommen. Es war Zeit, die Idole des Elefantengottes Ganesha zu ersäufen. Feiernde, lachende, Musik spielende, tanzende und Feuerwerke zündende Menschenmassen bewegten sich aus diesem Grund auf die designierten Versenkungsorte Mumbais zu: diverse Strandabschnitte, Flussufer und Seen. Dort sollte das zehntägige Spektakel ein symbolisches Ende finden. Dort sollten die Idole mit dem Wasser verschmelzen, sich auflösen, wieder eins werden mit dem Alles & Nichts, aus dem sie geformt worden waren.

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Teil 1

Die große Party stieg beispielsweise entlang Gorai Road in den nördlichen Vororten Mumbais, wo bereits im Vorfeld Bühnen und Partyzelte aufgebaut worden waren. Diese Bühnen waren für Politiker gedacht, die diesen Feiern beiwohnen würden, denn Festivals sind immer auch ein exzellenter Zeitpunkt für Wahlstimmenfang. Sie stehen dann da oben, angestrahlt von tausendundeinem Scheinwerfer, und winken auf das Fußvolk/ihre Wähler. Ihre überlegensgroßen Pappbilder stehen dabei schon seit Taaagen am Straßenrand und grinsen auf uns herab.

Inmitten tanzender oder beobachtender Menschenmengen bewegten sich Fahrzeuge mit den Ganeshaidolen auf das Wasser zu: manche wurden auf Lkws transportiert, oder auf Handkarren, oder im Pkw, etc. Stets begleitet von Musik. Von Trommeln. Von Leierkästen. Von Gesängen. Und dem passionierten Ausruf: Ganpati Bappa Morya.

Wie so viele Feste repräsentiert auch dieses Großzügigkeit: am Straßenrand wurden kostenlose Vada Pao an die Armen verteilt. Das Fest vereint. Jeder darf mitmachen. Jeder ist willkommen. Präsenter als Ganesha selbst ist an diesem Tag nur das Lächeln. Ein Lachen sogar. Es verbindet.

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Schaulustige

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Weiter zu Teil 2.

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Ältere Ganesh Chathurti Beiträge.

Peng, Peng!

Nicht vorenthalten möchte ich Euch die wunderschönen Namen der Feuerwerke, die man zu Diwali an jeder Ecke kaufen kann. Am bekanntesten sind die schon im letzten Jahr erwähnten sog. Standard-Feuerwerke. Und, wie mir das Werbeplakat weismachen wollte, sind die Dinger wohl auch TÜV-geprüft. Das kann ich weder bestätigen noch widerlegen, aber tröstlich wäre es, da es häufiger vorkommt, dass die Teile sich auf unerwartete Art und Weise gebären.

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Wirklich interessant fand ich allerdings die Namen. Da gehts los bei der Heißen Chilli, weiter über Evas Apfel und schließlich ab zum „Wild Encounter“, der keine Frage offen lässt. Nicht ganz so aussagekräftig hingegen sind der Delphintauchgang oder der Fröhliche Frühling.
Auch die Slogans haben mich fasziniert. So zum Beispiel wirbt man mit „3 verschiedenen Sounds“ anstatt mit buntem Lichterregen. Kultstatus erlangt hat hingegen die in diesem Blog schon mehrfach genannte „Atom Bomb“.

Die Rache des Froschkönigs allerdings bekommt man in Form einer monströsen roten Packung mit der verheißungsvollen 10.000 vorn drauf. Diese unverschämte Zahl beschreibt die Anzahl der Knallfrösche, die sich alle an einer Zündschnur befinden und fünf Minuten lang auf die Trommelfelle eindreschen. Ich hatte in Bangalore während einer Diwalifeier unter Studenten mal das zweifelhafte Vergnügen, neben einem dieser höllischen Erfindungen zu stehen. Es gibt sogar ein Foto davon, auf dem ich mir krampfhaft die Ohren zuhalte und trotzdem wacker lächle.

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Übrigens: Wir haben eine Wohnung.
Klein, dafür aber teilweise möbliert. 500m von unserer jetzigen Behausung entfernt. Ganz ruhig gelegen. Im 6. Stock. Nagelneu. Vermieter: nett. Umzug irgendwann Mitte November, nachdem die Küche ausgebaut worden ist.

Diwali 2008

Diwali knallt und böllert sich so langsam aus. Anstatt „Happy Diwali“ wünscht man sich nun „Ein gesundes Neues„, denn Diwali ist nichts anderes als das hinduistische Neujahr. Zumindest im übertragenen Sinne. Heute früh dann alles ganz normal: Frisches Brot beim Bäcker (Pav, 5 Rupien für vier), Jogger, Straßenhändler. Als Jumpy mich auf dem Weg zum Bäcker entdeckt, hüpft er den ganzen Weg um mich herum. Derselbe Spaß auf dem Rückweg. Armer Jumpy. Wer noch nicht taub ist, der leidet während Diwali – so auch die Straßenhunde. Doch das ist heute. Diwali war gestern:

Wir haben das Lichteln dieses Jahr etwas weiter ausgebaut als im Vorjahr, und kauften vier Dutzend einfache Diyas (Ollämpchen) aus Ton. Die kosten ca. 10 Rupien pro Dutzend.
Auch neu für uns: Rangoli (aus bunter Kreide gefertigte Bilder). Vor meinem geistigen Auge erstreckte sich ein wunderschönes Muster aus Farben vor unserer Tür. Die Nachbarn im ersten Stock hatten es schließlich vorgemacht, und es sah ganz reizend aus. Also schlugen wir beim Farbverkäufer gnadenlos zu:

Drei Teelöffel Farbe kosten 5 Rupien. Nach dem obligatorischen handeln vier Teelöffel. Gelb. Orange. Türkis. Mintgrün. Magenta. Azurblau. Pink. Die Farbe wird jeweils in Zeitungspapier eingewickelt. Außerdem gibt es noch sehr trockenes weißes Pulver zu kaufen, mit dem die Umrisse der Rangoli skizziert werden. Dachten wir zumindest. Für weniger artistisch begabte Menschen gibt es zudem Schablonen, um im Handumdrehen ein hübsches Bild auf den Boden zaubern zu können.

Rahul und ich – Rangolinovizen, hatten natürlich keine Ahnung, wie das alles funktioniert. Einfach genug sah es aus, aber da hatten wir uns getäuscht. Die Farbe stellte sich als extrem „nass“ heraus, und blieb an den Fingern kleben, anstatt auf den Boden zu rieseln. Außerdem kleisterte uns die Farbe unsere Schablonen zu. Hm. Wir machten irgendwas falsch.
Nachdem wir bereits mehrere „Picassos“ weggewischt hatten (man möchte mit solchen… hm… „Bildern“ ja nicht von den Nachbarn erwischt werden!), konnten wir uns vor Lachen kaum mehr halten.
Später hatten wir die Idee, das weiße Pulver mit der Farbe zu mischen. Es klappte zwar, aber zu diesem Zeitpunkt hatten wir den Fußboden nicht nur bereits mit weißen Bildern zugestempelt, sondern wir hatten auch keine Zeit mehr für den Firlefanz. Bei der nächsten Gelegenheit probieren wir das einfach noch mal. Das nächste Festival kommt bestimmt. Bis dahin verstauen wir die Farbe einfach… :yes:

Der übrige Hausschmuck lag bereits parat: Noch mehr Diyas für Öllampen. Blumengirlanden (dieses Jahr sehr teuer: eine Armlänge für 20 Rupien), Lichterketten und und und. Weiter ging es mit Feuerwerken (keine Böller, die mag ich nämlich nicht), und Wunderkerzen.

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Prinzipiell ist Diwali ein Familienfest, bei dem die ganze Sippschaft zusammen kommt. Es werden neue Klamotten getragen, Geschenke ausgeteilt, Poojas für Lakshmi (Göttin des Reichtums) durchgeführt usw. Viele Familien gehen abends essen oder reisen von Haustür zu Haustür, um Freunden, Nachbarn und Familienmitgliedern Süßigkeiten zu schenken. Der Familienaspekt geht uns natürlich verloren, aber wir ließen uns die Laune nicht verderben. Nächstes Jahr werden wir sicherlich nicht gerade zu einem so ungünstigen Zeitpunkt umziehen und deswegen ein Diwali in Delhi einlegen.

Dhanteras 2008 (Diwali)

Gestern fand Dhanteras statt – das Fest zwei Tage vor Diwali, währenddessen man am besten in Edelmetalle investiert. So kurz vor Diwali müssen außerdem noch einige wichtige Dinge besorgt werden: neue Öllämpchen (Diyas), Dekolampen, frische Blumengirlanden und Gulal (Farbpulver für Rangolis: extravagante, detailverliebte Schmuckbilder, die vor Türen und Tempeln auf den Boden gemalt bzw. gekrümelt werden). Diese im Preisbereich eher am unteren Ende befindlichen Produkte findet man zum Beispiel auf den Märkten nahe der Bahnhöfe in Mumbai, die durch den ständigen Menschenstrom auch als „Einkaufsmeilen“ fungieren.

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Familiensache: Alle helfen mit, die Blüten abwechselnd mit grünen Blättern aufzufädeln.

Obwohl uns die Zeitung erzählt, dass der Ansturm auf Geschäfte und Märkte der momentanen Wirtschaftskrise wegen deutlich abgenommen hat, war der Markt in Borivali gestern eindeutig voll. Vielleicht ist es aber auch nur sehr schwer, zwischen voll und sehr voll zu unterscheiden.

Wir schlängelten uns durch die Hauptmarktstraße, die normalerweise vorrangig als Gemüseallee dient. Dort steigt man über alle möglichen und unmöglichen Dinge drüber auf der Suche nach den frischesten Tomaten, blank geputztem Ingwer und aufgeblähten Auberginen. Während der Festtage allerdings machen sich auf derselben Straße auch Verkäufer von drei weiteren Warengruppen breit: Blumen (ganz besonders die für Zeremonien und Feste benutzten Mariegold), Knaller und Feuerwerke sowie Gulal, Papierlampen, Girlanden und anderer Dekofirlefanz.
Leider eher weniger vertreten waren Diyas.

So ein Markt ist immer auch ein kleiner Mikrokosmos, in dem Dinge passieren, die man nicht unbedingt erwartet. Zum Beispiel war die Müllabfuhr gerade dabei, einen enormen Berg Abfall mit Harken und bloßen Händen in einen der grünen Mülltrucks zu schaufeln, während direkt daneben Frauen mit leuchtend orangenen Blumen und Gemüse saßen. Kundschaft ließ auch nicht lange auf sich warten, obwohl diese sich mit Handtüchern vor Mund und Nase gegen die absonderlichen Gerüche des Abfalls wehrten.

Auf dem Mittelstreifen hockte ein Sicherheitsbeamter und starrte in die Zukunft. Unter zwei schwarzen Schirmen am Straßenrand saßen zwei alte Männer und pallaverten. Zwei Frauen hatten sich im Gewirr angerempelt und schrieen sich nun lauthals an. Kinder tunkten ihre Finger in die Farbpulver, bestaunten die Raketen und Feuerwerke. Männer und Frauen mit Körben voller Blumengirlanden standen in Reih und Glied und hielten das Ende der Girlande in die Luft – wie Schlangebeschwörer. Ohne Flöte. Ohne Schlange.

In der Luft lag irgendein Gewürz. Wir konnten uns nicht recht entscheiden, woher der scharfe Geruch nun kommen sollte, aber er hing da und brachte nicht nur uns zum Niesen. Ein Orchester aus Hatschiii und anderen, ähnlich gearteten Brunstschreien der Nasenschleimhäute zog sich entlang der Marktstraße. Ich hätte mich vor Lachen wegschmeißen können: nicht nur gilt Nießen als schmutzig, sondern auch als schlechtes Omen.

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Gulal an einem provisorischen Marktstand

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Mitunter gefährlich: Knaller, Böllerwerk & Co, mit feschen Namen wie „Atom Bomb“.

Gestern dann hing der Abendhimmel voll Rauch der Feuerwerkskörper und Böller. Auf dem Weg nach Hause fuhren wir durch eine dichte Nebelsuppe aus Abgasen und vorbei am Knallen und Schellen der Raketen, die in Rajasthan kürzlich zur Explosion einer illegalen Feuerwerkskörperfabrik geführt haben.
Was mich trotz allem am meisten erstaunt und erfreut ist die Verbissenheit, mit der Diwali gefeiert wird. Die gesamte Nacht hindurch hat es überall gescheppert und gekracht; die Fenster der meisten Häuser sind geschmückt mit verrückt blinkenden, epileptische Anfälle verursachenden Lichterketten, chinesischen Lampen, Laternen und Kerzen. Niemand trägt den Gesichtsausdruck, der durch den Aktienmarkt entschuldbar wäre. Nein, es wird gefeiert. Mit allen Mitteln.

Ich wünsche allen Lesern ein schönes Diwalifest.

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Die Evolution unseres Diwalifests:
Diwali 2004/2005
Diwali 2006
Diwali 2007

Fotoessay: Ganesh Chaturthi in Pune

Durch puren Zufall landeten wir dieses Jahr genau während der letzten beiden Tage des Ganesha Festivals in Pune. Glück gehabt, denn auf diese Weise bekamen wir sowohl etwas für die Augen als auch die Ohren.
(Alle Fotos öffnen sich als Pop-up.)

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Obwohl der letzte Tag und Höhepunkt des Ganesha Festivals für seine lauten, farbenfrohen Umzüge bekannt ist, stiefeln viele Familien ohne musikalische Begleitung durch die Stadt zum nächsten „Immersion Point“, wo sie ihre Ganeshaidole, die sie tagelang zu Hause umhegt und angebetet haben, im Wasser versenken.
(Die genaue Abfolge der Rituale um Ganesh Chaturthi gibts hier .)

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Schon am Vorabend wurden Vorkehrungen für die riesigen Umzugswagen getroffen: Vorstehende Äste der Bäume mussten dran glauben, Straßen wurden abgesperrt, „Immersion Points“ wurden festgelegt und nach den Bombenanschlägen in Delhi durch viel Polizei abgesichert.

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Wir hatten Glück: Dieser geniale Umzugswagen versperrte eine Kreuzung, und so kamen wir zehn Minuten lang in den Genuss von Trommelwirbeln, Tanz und Kostümen, die nicht wirklich was mit Ganesha zu tun hatten.
Sehr positiv überrascht waren wir von der Art und Weise, wie Teilnehmer der Umzüge auf den Verkehr aufpassten. Natürlich versperrt so ein Wagen plus Tänzer plus Musikanten plus Schaulustiger eine Menge Straße, so dass es sich schlecht fährt. 😉 Doch ein paar der Teilnehmer übernahmen jedes Mal die Aufgabe, den Verkehr zu regeln, Autos vorbei zu lotsen, Tänzer im Zaum zu halten. Trotz der vielen auf der Straße herumlaufenden Menschen kam es zu verdächtig wenig Stau.

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Ganesh Chaturthi ist auch eine Gelegenheit für Gulal (Farbpulver), vorzugsweise in Rot in Pink. In diesem bunten Wagen sitzt übrigens Ganesha. Während eine riesige Kolonne von Trommlern in strahlend gelben T-Shirts an uns vorbei marschierte und den Boden zum Vibrieren brachte, landete eine ordentliche Portion Gulal im und auf dem Auto. Wir haben soszusagen mitgefeiert. :yes:

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Wir besuchten einen der Immersion Points. Dort herrscht reges Treiben. Die Trupps kommen und gehen, es wird nicht lang verweilt. Zuschauer verziehen sich auf die Brücke (s.u.), damit es zu keinem unnötigen Stau beim Versenken kommt.

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Bevor Ganesha versenkt wird, findet noch eine letzte Puja vor Ort statt. Dafür wurden extra Bänke/Tische aufgestellt. „Werkzeug“ (also alles, das für die Puja notwendig ist) muss man sich selbst mitbringen.

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Dann geht es ans Versenken, und das läuft weitaus schneller und ohne große Zeremonie ab, als ich mir das vorgestellt hatte. Nach der Puja auf dem Trockenen läuft man ins Wasser, taucht das Idol kurz unter, hebt es wieder hoch, und dann wird es auf Nimmerwiedersehen fallen gelassen.

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Um die großen Idole zu versenken, müssen Ganeshas Jünger natürlich weiter in den Fluß (oder See, oder das Meer…) vordringen, so dass sich wenigstens einer von ihnen mit einem Seil anbinden lässt, damit er später retten kann, wer Rettung bedarf. Dass Ganesh Chaturthi ernsthafte Umweltschäden anrichtet und man in den Folgetagen auf sämtlichen betroffenen Wasserflächen tote Fische schwimmen sieht, die auf Grund der aufgeweichten Gipsidole und der sich in den Farben befindlichen Schwermetalle verendet sind, brauch ich nicht extra erwähnen. :no:

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Schaulustige.

Goa, Goa, Gone.

Land unter in Goa. Highways abgesperrt. Evakuierung im vollen Gange. Sieht schlecht aus mit Urlaub. :no:
Das ist natürlich traurig, aber immer noch besser, dass wir diese Botschaft jetzt erhalten als unterwegs davon gespült zu werden, denn dieses Schicksal ereilt in Indien derzeit auch monströsen Fahrzeugen wie Lastern, die mal eben baden gehen. Der Monsun plustert sich noch einmal richtig derbe auf und verwüstet ganze Landstriche. 8|

Wir bleiben also vorerst auf dem Trockenen. Zumindest fast, denn auch in Mumbai regnet es beinahe pausenlos, während der Wind besonders nachts lauter als die Straßenhunde heult. Einziges Opfer der Jahreszeit in unserem Haushalt ist bisher ein Schirm, den ich heute früh im Mülleimer begraben habe. Er war zerbrochen, als Rahul gestern in den Local Train einstieg und ein anderer Fahrgast in den Schirm sprang. Kann ja mal passieren.

Ich habe zudem heute drei Rakhis an meinen Bruder abgeschickt:

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Das obere und einfache Band (Kostenpunkt: 15 Rupien) kann man vielleicht auch in Deutschland tragen. Das Froschband (10 Rupien) ist zu witzig, um es nicht zu kaufen. Die Froschkönigin! Und das dritte Band mit dem Jungen (20Rupien) ist sooo niedlich, dass ich es ebenfalls in den Umschlag gequetscht habe. Somit ist auch gut sichtbar, wie weit gefächert die Auswahl bei diesen Dingern ist. Es gibt sie auch abgepackt im Supermarkt oder mit Diamanten besetzt beim Juwelier.

Geschwisterliebe

Am 15. August ist es wieder so weit: Man feiert Raksha Bandhan (oder Rakhi) in Indien. Dieses Fest ist ganz der Beziehung zwischen Bruder und Schwester gewidmet. Rakhi bedeutet in Etwa Beschützendes Band und bezieht sich sowohl auf die Geschwisterbeziehung als auch auf das farbenfrohe Band, welches Schwestern an diesem Tag ihrem Bruder umbinden. Das Festival findet am Vollmondtag im Monat Shravan im Hindukalender statt.

Schwestern binden ihrem Bruder das meist bunt geschmückte, mit Perlen, Steinchen oder anderem Glitzerwerk verschnörkelte Band um den Arm und beten für sein langes Leben. Gleichzeitig ist dieses Fest nicht nur auf Geschwister beschränkt, denn ein Rakhi ums Handgelenk eines Mannes zu binden, heißt gleichzeitig, es gibt nur Freundschaft zwischen den beiden. Unter Umständen kann dies eine (feinfühlige) Abfuhr für jemanden sein, dessen Annäherungsversuche man nicht wünscht. Davon abgesehen steht es auch guten Freunden frei, großzügig mit Rakhis umzugehen und darum ganz besonders feste Freundschaften zu unterstreichen.

Doch der Geschisterliebe steht noch ein zweites Fest zur Verfügung: Bhai Dooj. Dieses findet am fünften und letzten Tag der Diwalifeierlichkeiten im Herbst statt, wenn Schwestern ihrem Bruder ein rotes Band ums rechte Handgelenk binden und ein Tilakzeichen auf seine Stirn malen. Das gelb-rote Band, welches dafür benutzt wird, hat nichts mit dem reich geschmückten und in allen Preisklassen verfügbaren Rakhi gemeinsam, sondern es handelt sich um eine Schnur, die in Etwa vergleichbar mit dünner Wolle ist und als Knäul fester Bestandteil der verschiedensten Aarti (Zeremonien) ist. Wichtiger ist das Tilakzeichen, also ein mit rotem Pulver aufgesetzter Punkt auf der Stirn.

Einer der zahlreichen Legenden besagt, dass Yamaraj (der Gott des Todes und Wächter der Hölle) an diesem Tag seine Schwester Yami besuchte, die ein Tilak auf seine Stirn malte und für sein Wohlbefinden betete. Demnach enden Brüder, die an Bhai Dooj von ihrer Schwester ein Tilak auf die Stirn gezaubert bekommen, nicht in der Hölle. Aus diesem Grund wird Bhai Dooj auch Yama Dwiteeya genannt.

Im Gegenzug bedankt sich der beschützte Bruder mit einem Berg Geschenke bei seiner Schwester, weswegen Bhai Dooj – wie leider so viele Feste – leicht ins Kommerzielle abrutscht.

AkshayaTritiya – Goldrausch

Am 8. Mai 2008 feiert man in Indien AkshayaTritiya – ein einzigartiges Fest kapitalistischer Huldigung und eins, in dessen Vorfeld Marketingstrategen beruhigt die Füße hochlegen können:

Akshaya bedeuted „das, das niemals vergeht“, und Akshay Tritiya (wofür es mehrere Schreibweisen zu geben scheint) ist einer der vier heiligsten Tage im Hindukalender. Es ist der Tag der sechsten Inkarnation Vishnus als Lord Parashurama.
Da alles, das an diesem Tag begonnen wird, im übertragenen Sinne als unvergänglich gilt, wird Akshaya Tritiya als besonders günstig für den Kauf von Gold, Silber, Immobilien und dergleichen angesehen. Besonders Gold steht ganz oben auf der Einkaufsliste.

Bereits im Vorfeld sind die Juweliere gut besucht, denn es ist allgemein hin bekannt, dass man sich an diesem Tag die Füße dort platt tritt. Darum kann man sein Gold (in Form von Ornamenten oder Münzen) vorbestellen und muss es zu Akshaya Tritiya nur noch abholen. Einige Geschäfte werben damit, dass man für Goldmünzen an diesem Tag keine Anfertigungsgebühren zahlen muss, oder dass man bei einem gewissen Mindestumsatz eine 0,5-Gramm-Münze kostenlos dazu erhält. Das hört sich verflixt wenig an, aber bei einem momentanen Goldpreis von rund 1150 Rupien pro Gramm (1Euro = ca. 62 Rupien) sind das immerhin 10Euro in Gold.
Einige Verkaufsdaten zu Akshaya Tritiya 2006 finden sich in einem älteren Blogbeitrag.

goldrausch
Achtzehn Komma Sechs Gramm purer Luxus.

Wir ließen uns gestern beim Juwelier in Borivali bedienen. Es ist eine ganz andere Welt. Man schreitet keineswegs in eine gediegene Umgebung sondern kriecht in den beliebtesten Bazaar Indiens. Vor den Thresen stehen Stühle bereit, um es den Kunden doch auch recht bequem zu machen, und ständig wird einem Chai (indischer Gewürztee), Kaffee oder Limo angeboten, damit einem beim Geifern angesichts der herrlichen Schmuckstücke auch ja nicht die Spucke ausgeht. Kinder krabbeln über den Thresen und die ganze indische Großfamilie steckt ihre Nasen in Berge von hübschen Schmucksets. Die beiden wichtigsten Werkzeuge sind Taschenrechner und Waage (in einem Plexiglasgehäuse).

In Indien kauft man Gold hauptsächlich so:
24Karat – Nur in Form von Münzen und Tafeln erhältlich.
22Karat – Für reinen Goldschmuck.
18Karat – Für Diamantschmuck. Auch Modeschmuck (im Sinne von „modern“) kommt häufig in Form von 18Karat daher.
Preisschilder gibt es nicht. Dafür aber kleine Etiketten, die u.a. das genaue Gewicht (bis auf drei Stellen nach dem Komma) angeben und womit unter Zuhilfenahme des täglich aktuellen Goldpreises der Verkaufspreis errechnet wird. Plus Anfertigungsgebühren pro Gramm. Und Steuern.

Der Juwelier hat in Indien einen anderen Status. Es gibt keine unantastbaren Preisschilder, und es ist durchaus empfehlenswert die Anfertigungsgebühren zu verhandeln. Am Goldpreis gibt es natürlich nichts zu rütteln. Anfertigungsgebühren variieren je nach Geschäft und Handarbeit. Der Armreifen, den wir Sonntag erstanden (siehe Foto) sollte pro Gramm 130 Rupien kosten. Bezahlt haben wir dann doch nur 110. Stammkunden erhalten natürlich noch bessere Konditionen.

Gold gilt hierzulande nicht nur als Statussymbol, sondern auch als Investition. Die indische Regierung hätte es verständlicherweise viel lieber, wenn die Bürger ihre Rupien auf die Bank schaffen würden, doch bei momentanen 7,5% Inflation und dem aufmüpfigen Anlagesmarkt ist Gold eine sichere Alternative. Gewinne sind weniger steil als an der Börse (der Goldpreis ist seit 2004 auf das Doppelte gestiegen), aber dafür dauerhafter. In mageren Zeiten kann man den Schmuck verkaufen (und erhält dafür den aktuellen Goldpreis, auch wenn man die Anfertigungsgebühren einbüßt), und in der Zwischenzeit kann man sein Erspartes spazieren tragen. :.

Dieses Video zeigt neben ein paar Informationen zum Festival Akshaya Tritiya mit niedlichem Akzent auch einen südindischen Juwelier von innen. Vermutlich während des Festivals, denn es ist wirklich, wirklich voll.

Hmmm ich muss schon sagen: so ein kleiner Ausflug zum Juwelier kann den unbescholtenen Bürger in einen unerwarteten Goldrausch versetzen. Ich habe beim Herumschlawenzeln durch den Laden noch die eine oder andere Verlockung gefunden, ganz besonders eine neue Kette. 😳 Und als praktischer Hinweis an den werten Gatten sei gesagt: Das ist keine Ausgabe. Das ist eine Investition. :yes::yes::yes: