Indien: Sexed up. (4)

Bevor ich mich morgen anlässlich des 100. Internationalen Frauentags ein bisschen eingehender mit ein paar Facetten des Frauseins in Indien befasse, kommt hier nun mein letzter Aufhänger/Appetitshappen zum Thema:

Es sind zwei Nachrichten – und keine schönen.

Zwei junge deutsche Frauen wurden in einem Dorf nahe Bangalore von sieben Männern vergewaltigt und bestohlen. Das geschah bereits Ende Januar. Bisher wurden vier der sieben Täter verhaftet.
Vergewaltigungen gibt es in Indien unglaublich viele: Im Jahr 2009 wurden in ganz Indien 21.076 Vergewaltigungen angezeigt. (Quelle: NCRB – National Crime Record Bureau) Was mich an der Sache aber besonders betroffen macht, ist die Reaktion. Kürzlich berichtete die Times of India von diesem Fall. Inzwischen gibts auf deren Onlinepräsens 231 Kommentare, und die wenigsten davon bringen Bestürzung zum Ausdruck. Vielmehr geht es darum, wer diese ausländische Frauen überhaupt nach Indien bestellt hat und was sie hier machen. Eine Antwort hat man sich inzwischen auch gegeben: vermutlich sind sie christliche Missionarinnen, und solches Pack braucht in Indien kein Mensch, sie sollen sich zum Teufel scheren, etc pp. Einige Kommentare kritisieren Indien recht energisch, woraufhin der Tenor dann meist in die Richtung geht, dass man Indiens Image nicht beschmutzen soll, dass Indien eine großartige Zivilisation ist und dass die ausländischen Herrscher Indien über Jahrhunderte vergewaltigt haben. Ich zitiere ja nur.

Die zweite Nachricht stand heute früh wieder in der Times of India: über 20% indischer Männer hat schon mal von sexueller Gewalt Gebrauch gemacht. Na ja.

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Für heute hat Daniela in Indien fertig. Es sollten ja nur ein paar Anregungen und Denkanstöße zum Thema sein, bevor wir morgen mal ein bisschen philosophieren. :wave:

Indien: Sexed up. (3)

In derselben speziellen Haushalts- und Finanzausgabe der Times of India, welche ich bereits in Teil 1 erwähnt habe, wurden mehrere Berufsgruppierungen und deren Steuerpflichten aufgelistet. Auf der Liste: Schauspieler.
Wie stellt sich die TOI einen Schauspieler vor?

Weiblich. Im rosa Negligée. Mit wilder rosa Mähne. Auf einem Bett sitzend, das von der Ausstattung her eher wie ein professionelles Bett ausschaut. Mit kreischendem Make-up. Frivole Magazine um sich herum verstreut. Auf dem aufgeklappten Laptop vor ihr ein weiteres aufschlussreiches Bild von einer spärlich gekleideten Dame. Mit einem Mann unterm Bett versteckt.

Steuerbild 5

Meine Freundin, die beim Nachrichtenfernsehen arbeitet, meint trocken zu mir, wenn sie ihrem Kollege aus der Klatschabteilung glaubt, treibts in Bollywood jeder mit jedem.
In den Zeitungen sieht man indische Schauspieler nur noch selten in mehr als ihrer Unterwäsche, oder in transparenten Sachen. In den Klatschspalten heißt es, es sei eine Feindschaft zwischen zwei Schauspielerinnen ausgebrochen, weil die eine eine heißere „Item Number“ im letzten Film hatte als die andere. Item Numbers sind ein relativ neues Konzept: die Heldin des Films hat mindestens ein Lied als Aushängeschild pro Film, zu dem sie so wild und lasziv als irgend möglich herumhüpfen und die Silikone Hüpften schütteln darf.

Sheila Ki Jawani

Indien: Sexed up. (2)

In Teil 1 gab es noch etwas zu schmunzeln, das wird hier nicht der Fall sein. Seit einigen Tagen beschäftigt man sich in Indien nämlich mit dem Fall eines Heimes für behinderte Mädchen. Das Heim steht in Panvel, einer Kleinstadt südöstlich von Mumbai. Neunzehn Mädchen, körperlich und/oder geistig behindert, waren dort untergebracht. Nun kam ans Licht, dass fünf der Mädchen über ein Jahr hinweg regelmäßig vergewaltigt worden sind. Die anderen wurden mindestens körperlich misshandelt. Die Zeitung spricht von Folter.

Es sollen regelmäßig Familienmitglieder des Betreuerpaares in dieses Heim gekommen sein. Zudem statteten ständig Nachbarn und sogar Studenten aus der Umgebung dem Heim einen Besuch ab. Einige der Mädchen wurden für Ausflüge z.B. nach Lonavla mitgenommen. Zum Chikki-Essen bestimmt nicht.

Herausgefunden hat man das alles nur durch Zufall: Während einer Studie von solchem Heimen. Besagtes Heim erhielt bereits seit 2008 keine staatliche Stütze mehr, und es hat sich dort auch niemand für die eigentlich verpflichtenden Überprüfungen und Stichproben blicken lassen. An offizieller Stell will man nicht mal mehr gewusst haben, dass das Heim noch existierte.

Indien: sexed up. (1)

Seit einigen Tagen durchzieht ein roter Faden die Medien bzw. die indische Landschaft, und da es ein Thema ist, dass ich bereits zuvor und gern im Blog aufgegriffen habe, lasse ich mich mitreißen, denn es geht mich in meinem täglichen Leben etwas an. :yes:
Ich könnte mehrere Überschriften bzw. Schlagworte dafür finden:
Das widersprüchliche Indien.
Das unterdrückte Indien.
Das ungleiche Indien.
Das verlotterte Indien.
Das prüde Indien.

Am besten aber, ich teile einfach mit euch, was die indischen Medien mit mir teilen:

Am vergangenen Montag wurde der indische Haushalt (Budget) für das Finanzjahr 2011/12 bekanntgegeben. Zu diesem Anlass gibt die Tageszeitung Times of India eine Sonderedition heraus, die sich eingehend mit den neuen Beschlüssen gefasst. Da Wirtschaftsnachrichten nicht jedermanns Sache sind, gestalten sie dieses Thema natürlich poppig-bunt so, wie man es in der sog. Moderne des 21. Jahrhunderts gewohnt ist. Der Header einer Doppelseite wurde darum für das Thema reserviert: Ulkige Steuern, die zu weit gehen.

Und das gab es dort zu sehen:

Bild 1 gilt nur als Einstieg. Die Story dreht sich um Hexen, deren Einkünfte in einem europäischen Land versteuert werden sollen. In meiner abendländischen Vorstellung ist eine Hexe alt, hat eine lange, krumme Nase, trägt einen spitzen, schwarzen Hut, hat eine Katze auf der Schulter sitzen, trägt einen alten Kittel mit Flicken und hat eine Warze mit Haaren auf Kinn oder Nase. In der orientalischen Vorstellung jedoch ist eine Hexe eine sexy Nymphe mit blauer Haut, knackigen Titten, die aus einem engen Korsett hüpfen, und rotem Kussmund. Ihre manikürten Fingernägel sind blutrot bemalt und sie trägt grüne, hautenge Jeans. Vergessen wir nicht, worum es eigentlich ging: Einkommenssteuer für Menschen, die beruflich als Hexen, Wahrsager und andere Magier arbeiten.

Bild 2 geht natürlich voll zur Sache. In der Story geht es um Stripshows, die über Webcams im Internet übertragen werden und deren Ertrag (normalerweise per Kreditkarte gezahlt) nun versteuert werden soll. Ich finde das logisch. Einkommen wird mit Einkommenssteuer versteuert. Relativ normal für mich. TOI findet das ulkig. Das Bild dazu finde ich alles andere als ulkig: Es ist eine komplett nackte Frau, die auf dem Bauch liegt. In ihrer Hand hält sie in Hamletscher Körperhaltung ihre Webcam, deren Kabel verführerisch um ihren Körper geschlungen ist. An den Füßen trägt sie Stilettos aus rotem Lack.

Zur dritten Geschichte im Header der TOI gibt es kein Bild. Es geht um Hundesteuer in der Schweiz, aber mal ehrlich: so ein felliger Köter, da kriegt doch keiner einen hoch am Frühstückstisch.

Also gleich weiter zu Story 4 und Bild 3: Es geht darum, dass ein junges Mädchen in Deutschland ihre Jungfräulichkeit übers Internet versteigert hat und der böse deutsche Staat dieses Einkommen mit Einkommenssteuer belegte, zuzüglich Mehrwertsteuer, da man fand, die Internetauktion hätte den Preis deutlich nach oben gedrückt. Das Bild dazu ist ein gertenschlankes Mädchen mit rückenlangem Haar. Sie hat ein Preisschild an der Hand und trägt einen ultrakurzen, rosaroten Rock. Wenn man genau hinguckt – und glaubt mir: in meinem journalistischen Auftrag hab ich ganz genau hingeguckt – sieht man ein Stück Slip.

Ich muss mir erst mal den Schweiß von der Stirn wischen. Es wird eindeutig Sommer in Indien! :yes:

Auf der gegenüberliegenden Seite geht es weiter: Dort befindet sich das eindeutige Juwel der Sammlung wilder Männerphantasien. Es geht um „bizarre“ Steuerrabatte. Und zwar darum, dass Prostituierte ihr Spielzeug von der Steuer absetzen können. Sehr bizarr, fürwahr! |-| Bildlich sieht das ganze dann so aus, dass eine blonde Frau mit einer Peitsche in der Hand und einem Stachelhalsband mit Kette auf uns zugekrabbelt kommt. Sie ist nackt bis auf einen schwarzen Tanga, den man so schön sehen kann, weil ihr Po so praktisch nach oben gereckt ist. Dazu trägt sie schwarze Netzstrümpfe.

Ok.

Noch mal von Anfang an:

Eigentlich geht es um Steuern.
Um das trockene Thema flockig aufzubereiten, hat man sich eine Kategorie „Ulkige Steuern“ und „Bizarre Steuervergünstigungen“ ausgedacht.
Die einzigen wirklich ulkigen Steuern, die Times of India finden kann, sind vorrangig solche, die etwas mit Sex zu tun haben oder solche, die man mit sexed-up Bildern gestalten kann.

Mehr wollte ich dazu im ersten Teil auch nicht sagen.