Coronahaustiere

Corona macht einsam. Der erste Besuch, den wir im Jahr 2021 empfangen haben, war die Schornsteinfegerin heute morgen – und sie wollte nur in den Keller.

Knut & Beocca

Im ersten Lockdown 2020 waren Blümchen und Bienchen sehr einsam. Und es wären ja nicht unsere Kinder, hätten sie nicht genau den richtigen Moment abgepasst, in dem unsere Verletzlichkeit am größten war. Das ist die Kurzversion von: Juhu, wir haben zwei Kater. Coronakater. Knut und Beocca.

Das war auch gar nicht so leicht, immerhin waren die Tierheime geschlossen. Auf eBay wurden stinknormale Europäisch Kurzhaar Katzenbabies locker für 150 Euro gehandelt – und selbst dann war es notwendig, binnen Minuten ein Tierchen ungesehen zu „reservieren“. Auch schienen sich selbst die Katzen an die Kontaktbeschränkungen gehalten zu haben, denn es gab keine Jungtiere im Bekanntenkreis. Geburteneinbruch.

Nach einigen spannenden Wochen fanden wir schließlich trotzdem zwei hübsche Jungs, die im Alter von zwölf Wochen von einem Bauernhof bei uns einzogen. Sie fühlten sich zwar im Stroh bei Kühen wohl, aber Menschen waren ihnen anfangs nicht geheuer. Wir ließen sie in Ruhe … und zwei, drei Wochen später entspannten sie sich so weit, dass wir sie kraulen durften.

Aber Vorsicht, Menschenskind, Vorsicht!!

Hilfe, der Futterautomat will mich vernaschen!

Irgendwo hab ich mal gelesen, gehört oder mir eingebildet, dass Haustiere ihren Besitzern sehr ähnlich sind. Und um meinen Text hier aufzubauen, erkläre ich dieses Hörensagen jetzt zur unumstößlichen Wahrheit.
Der Beweis:
Ich mag keine Automaten. Fahrkartenautomaten. Getränkeautomaten. Check-in Automaten. Snackautomaten. Zigarettenautomaten. Ich mag echte Menschen, die man freundlich darauf hinweisen kann, dass die $#%!$%:## nicht funktioniert.

Meine Katze nun, die bereits in der Vergangenheit beträchtliche Intelligenz an den Tag gelegt hat, mag auch keine Automaten. Als ich gestern den für teures Geld erstandenen Futterautomaten auspackte, wurde mir wieder bewusst, dass wir, Kater und ich, es mit Automaten nicht so haben. Ich, in mein Haustier widerspiegelnder Intelligenz, hatte die Bedienungsanleitung für das Futtermonstrum in Deutschland liegen lassen und sah mich nun einer Vielzahl Knöpfe gegenüber. Doch, was zehn Minuten währt, wird endlich gut! :yes: Der Automat wurde gefüllt und aufgestellt. Der Lockruf programmiert. Und ich ging ins Bett mit der Vorstellung, nicht 6Uhr von sich gegen meine Schlafzimmertür werfenden Katzen geweckt zu werden.

Und was soll ich sagen?

Es hat funktioniert!!! scared smileys

Er warf sich 6:30Uhr gegen die Tür.

Das kann doch wohl nicht wahr sein! Ich taumelte zur Tür hinaus und siehe da, der Automat hat getan, wie ich ihm befohlen: Die Luke war offen. Das Futter noch drin. Als ich den Kater dann auf Zehenspitzen um die fürchterliche Apparatur herum staksen sah, wurde mir auch gewahr, was er wohl zwischen 6Uhr und 6:30Uhr gemacht hat.

Brrrrrfffffrrrrr DuböserAutomat! DirmachichdenGaraus! winking smileys

Toll, wie das funktioniert. |-|

Ich lockte also den Kater Katzenfutterstück für Katzenfutterstück an den Automaten wie der Doppelkorn das Huhn, und stand Wache, damit dem Felltier auch nichts passieren würde, während er argwöhnisch sein Frühstück verspeiste. Wir probieren das morgen noch mal! laughing smileys

Katzenjammer

In jedem felligen, miauenden Vierbeiner steckt eine gute, zuvorkommende Seele, deren größtes Vergnügen darin besteht, ihre Umwelt mit Großzügigkeit und Hilfsbereitschaft zu beglücken. So konnte unser eigenes Exemplar schnurrender Zuvorkommenheit es kaum erwarten, sein Revier, sein Spielzeug und unsere Aufmerksamkeit mit Roma zu teilen.

Depressive Socke
Sein Revier durch unbefugtes Betreten entweiht, widmet sich Socke nun der Erkundung neuer Lande.

Wäre es nach Socke gegangen, er hätte die Krallen ausgefahren und vermutlich kurzen Prozess gemacht mit diesem neuen Winzling, der nicht mal Fleisch essen oder seine Würstchen anständig in der Box verscharren kann.

Zu seiner Bestürzung musste Socke jedoch erkennen, dass vieles urplötzlich nicht mehr nach ihm ging. Freilich, wenn die Sklavin nun auch mitten in der Nacht schlafwandelt, stehen die Chancen auf Snacks rund um die Uhr nicht schlecht. Mit Wohlwollen kann man das durchaus als Vorteil interpretieren.

Doch die List der Nachteile will einfach nicht abreißen. In seiner überlegenen Intelligenz stellte Socke fest, dass dem übelriechenden Menschenkind eine Sonderposition zuzukommen schien. Alle waren ganz verrückt nach ihr. Ständig schlawenzelte jemand um das Wurstpaket herum. Es war unmöglich, einen unbeobachteten Moment zu finden, um die Chance beim Schopfe, den Winzling am Flaumhaar zu packen. Nicht mal anständiges Fell!

Socke fand das komisch. Doch da seine bisherigen zwei Sklaven der Meuterei nahe waren; da ihnen unverständlichewreise viel an diesem unselbstständigen Objekt gelegen war, fuhr er die vorsorglich ordentlich gewetzten Krallen wieder ein. Die kriegen sich schon wieder ein, dachte er. Und anständiges Personal ist schwer zu finden. Abwarten, Milch trinken.

In der Zwischenzeit spionierte er dieses kleine Monstrum mal aus. Es zappelte höchst koordinierungslos und schien an Bequemlichkeit selbst seine Hoheit zu übertreffen, denn es wurde überall hin getragen. Um Mahlzeiten zu erhalten, musste es sich nicht erst verausgaben, indem es beispielsweise auf den Sklaven herumsprang, vorsichtig die Zotteln mit den Krallen kämmte oder eine Arie direkt in ihren Hörgang jagte. Zudem erschien es weder in der Lage, Fernbedienungen vom Tisch zu werfen, Grasbesen anzuknabbern oder Fleisch aus der Küche zu mopsen, noch konnte es sich mit einem geschickten Zungenschlag selber porentief reinigen. Vielleicht war es noch nicht ganz fertig gebraten?

Im Laufe der Wochen verringerte Socke den Sicherheitsabstand auf einen Meter, wenn er zum Schnüffeln kam, denn die Ausdünstungen des kleinen Dinges, das mal Schatzi, mal Darling, mal Sweety und selten auch mal Roma heißt, sind schließlich weithin riechbar und haben sich bereits in die empfindliche Nase des königlichen Tigers gebrannt.

Nach eingehender Prüfung kam Socke zu dem Schluss, dass der neue Hausbesetzer weitestgehend harmlos, wenn auch nervig ist. Kein ebenbürtiger Gegner, wie dieser güldene Flohball anno dazumal, und darum auch kaum der Mühe wert. Außerdem hatte Socke beobachtet, dass sich diese Roma nicht wehrte, wenn man ihr die Krallen stutzte. Also irgendwie auch kein sonderlich cleverer Gegner. Allein der Gedanke, es könnte sich eventuell um eine dauerhafte Mitbewohnerin handeln, macht dem arg vernachlässigten Geschöpf zu schaffen.

Ich darf das. Ich bin eine Katze.

Manchmal gehen auch dem dickhäutigsten Katzenhalter die Ausreden aus. Dann weiß man einfach nicht mehr, warum man diesem reudigen, ungezogenen, zerstörerischen, angriffslustigen, verfressenen Tier weiterhin Asyl gewährt und seine abstrakten Interpretationen von „Gaudi“ toleriert. Selbstverständlich ähneln sich Katze und Halter ganz besonders in ihrer exzellenten Charaktereigenschaft, sich niemals irgendeiner Schuld bewusst zu sein. Das Teflon-Gewissen des Katzenhalters steht dem seines bestialischen Schutzbefohlenen in nichts nach, und so stellt sich die Frage nach fehlgeschlagener Erziehung nicht. Ich als Katzenhalter kann nicht für das absonderliche Verhalten meiner Katze zur Rechenschaft gezogen werden, da ich unschuldig, vollkommen unbeteiligt am stetigen Verfall seiner Manieren bin. 😳

Bei genauerer Betrachtung ist das Zusammenleben mit einem solchen Flohtempel ja eigentlich ganz einfach. Man muss lediglich die Regeln beachten. Die der Katze, natürlich.
💡 Mahlzeiten sind unverzüglich und mit Liebe & Sorgfalt zuzubereiten, auch wenn man dafür an einem Sonntag 6Uhr aufstehen muss.
💡 Streicheleinheiten sind nur dann zu geben, wenn dies durch lautes Blöken Schnurren verlangt wird. Ansonsten gilt derselbe Spruch, der auf Rickshawmetern drauf steht: Don’t Touch Me.
💡 Das Katzenklo ist mit duftendem Streu auszulegen (und zwar nur Lavendel). Am besten, man steht schon Spalier, um hinterher gleich aufzuräumen, sonst hängt eventuell ein anderer Duft als Lavendel im königlichen Katzenklo, so dass das Tier unter Umständen dazu gezwungen sein wird, sich nach saugfähigen Alternativen umzuschauen.
💡 Der Kühlschrank ist nicht zu öffnen, wenn man nicht vorhat, die Katze daraus zu bedienen, sonst wird dies mit Mordanschlägen in Form wilden um-die-Füße-Springens bestraft. Eine Katze hat noch jeden zu Fall gebracht.
💡 Wo die Katze ruhen möchte, da darf sie das. Sie darf nicht dazu genötigt werden, sich vom Schlafort ihrer Wahl zu entfernen, auch wenn es sich dabei um Kopfkissen, Esstische oder genau den Platz handelt, an dem man vor 20 Sekunden selbst saß. Weggegangen – Platz gefangen!
💡 Und, ganz wichtig: immer eine gute Auswahl neuer Schuhe parat stellen, damit das Tier seine Krallen wetzen kann. Am besten die neuen Josef Seibels. Aber nicht die ollen Florsheim – die sind ja soooo letzte Saison. Kriegt die Katze nicht ihren Willen, kriegen halt die Badelatschen den Rest!

socke mit slipper

Übrigens: Wir haben auch ein Kratzbrett. Das sieht aus wie neu. Anders als meine neuen Sandalen.

Was ihr schon immer über Besen wissen wolltet

Es ist unverantwortlich, aber es ist wahr. Ich habe in vier langen Blogjahren noch nie über Besen geschrieben. 8| Unverzeilich.

Dieser Gedanke durchflutete mich, als ich heute früh den neuen roten Besen ausknetete. Aber alles der Reihe nach.

Besen. Vermutlich muss ich dieses Wort mit Wikipedia verlinken, denn vor lauter Swiffern und magischen magnetischen Staubtüchern weiß in Deutschland wieder keiner unter 30 mehr, was das überhaupt ist. Ein Stiel mit Borsten dran. Je nach Begabungsgrad kann man damit Schmutz beseitigen oder gleichmäßig verteilen. Vermutlich gibt es keine Tutorials im Internet und auch keine How-to-Videos auf YouTube.

Im schönen Indien jedoch beherrscht man die alte Kunst des Kehrens noch, und einen schönen Hindibegriff gibt es für dieses Objekt auch: jhadu.
Sie bestehen hier nicht aus dekadenten Pferdehaaren, sondern aus Gras. Je nach Qualität kosten sie 35 bis 45 Rupien. 52 bis 67 Cent (bei €:INR – 1:67)

Bevor man seinen neuen feschen jhadu einsetzen kann, muss man ihn kneten und schlagen. Das liegt daran, dass das Gras noch voller Pollen hängt. Diese krümeln sich bei täglichem Gebrauch innerhalb von ein paar Wochen von alleine aus, doch wer keine übergroße Lust verspürt, ein Kilo Pollen durchs Haus zu schieben, der beschleunigt diesen Krümelvorgang, indem er den Besen wild gegen eine Wand drischt. Das tut man natürlich im Treppenhaus, wo nachher jemand anders aufräumt. ;D
Der wilde Klopfvorgang baut neben angestauten Aggressionen auch den Pollengehalt des Besens deutlich ab, doch wenn einzelne Grasklumpen verselbstständigt aus dem Besen herausbrechen und sich im Treppenhaus verteilen, muss man diese Tätigkeit einstellen und zu einer sanfteren Methode übergehen, sonst sieht der neue Besen in Null Komma Nix aus wie der Alte. Siehe Foto.

besen

Den Zustand des alten Besens (blau) habe ich über die letzten beiden Jahren hinweg in Zusammenarbeit mit der nimmersatten Socke erwirkt. Ich kehre. Socke kaut. Socke hat, wie wirre Katzen das an sich haben, Angst vor wirren Dingen. Zum Beispiel frischem Gras. Keine Angst hat er hingegen vor dem Grasbesen, weswegen er das Ding genüsslich ankaut, wann immer es es findet. Ich merke das meist eine halbe Stunde später, wenn er mir ein leckeres Grasbesen-mit-Magensaftsoße-Gericht zubereitet hat. |-|

Zurück zum Besen: Den knetete ich anständig durch, und schon rieselte es sacht hernieder. Ob es sich wirklich um Pollen handelt oder ob ich einfach keine Ahnung von Botanik habe, wird sich in wenigen Tagen herausstellen, denn ich habe die Pollen in einen leeren Blumentopf gestreut. Der Katze Phobie muss schließlich behandelt werden. Mal sehen, obs wächst.

Tierpensionen in Mumbai

Jedes Mal, wenn wir verreisen, stellt sich erneut die Frage: Wohin mit dem Flohball? Tierpensionen sind in Mumbai und Umgebung rar gesät, und prinzipiell stehen Hunde dort an erster Stelle. Es gibt bereits eine recht gute Auswahl von Serviceangeboten für bellende Vierbeiner: von Verwöhnsalons für die perfekte Pediküre über Hundepensionen & Hundesitter hin zu „Essen auf Rädern“ und sog. Dogwalkern. Das alles und mehr für des Mumbaikars besten Freund
Statussymbol Freund.

Doch mit einer Katze steht man allein da.

Verzweifeltes Googeln und frustrierte Anrufe bei diversen Tierschutzorganisiationen haben lediglich eine Hand voll Einrichtungen an die Erdoberfläche gespült, welche sich dem königlichen Stubentiger annehmen. Darunter befindet sich zum Beispiel das Bombay SPCA – The Bombay Society for the Prevention of Cruelty to Animals. Hinter dem vielversprechenden Namen liegt ein vielversprechend großes Stück Land im Herzen Mumbais, darauf ein paar alte, müsig erhaltene Bauten, eine ganze Horde von Angestellten mit fragwürdigem Ambitionsniveau und eine lasche Hand, die alles verlottern lässt. Das zumindest war mein Eindruck. Den Mann, der für die Tierpension zuständig ist, fand ich dort nie: dafür aber die Katzenfrau. Die Katzenfrau heißt Priya und führt das sog. Buddyhouse: einen enormen Käfig, der gefüllt ist mit Katzenbäumen, Klettergerüsten, Spielzeugen und (zum Zeitpunkt meines Besuches) über 70 Katzen. Priya und ihre Freundin Anu leiten das Buddyhouse, welches vor einigen Jahren von einer durch das Leiden der Katzen in Mumbai zutiefst bewegten Amerikanerin eingerichtet aber mittlerweile nicht mehr von ihr unterhalten wird. Bei den über 70 Katzen handelt es sich um Langzeitbewohner – Adoptionen werden nicht organisiert. Jedes Wochenende verbringen Priya und Anu ehrenamtlich ihre Freizeit mit den Flohtieren: füttern sie. Spielen mit ihnen. Reinigen sie. Behandeln kleine Wehwehchen. Und hoffen, dass die Bazillen vom Hundekrankenhaus direkt nebenan nicht herüberwehen.
Zwar willigt Priya ein, unsere Socke für ein paar Tage zu beherbergen, doch sie erklärt uns auch, dass mit dem Krankenhaus nebenan nicht zu spaßen sei, und dass ein Mimosentier wie unsere Katze den dort herumschwirrenden Krankheitserregern nicht unbedingt in dem Maße gewachsen ist wie die wilden Horden des Buddyhouses. Point taken. Wir müssen gehen.

Wir befinden uns immer noch auf der Suche nach einer zeitweiligen Unterkunft für Socke, als wir über einen Artikel in der Times of India stolpern, der einen privaten Unternehmer im Stadtteil Malad in lobenden Tönen preist: der Mann hat eine Tierpension geschaffen. Als wir den Ort aufsuchen, staunen wir nicht schlecht. Die „Tierpension“ ist nämlich ein braches Grundstück mit ca. zwanzig großen Käfigen, wovon die meisten mit Hunden gefüllt sind. Zeitgleich mit unseren ersten, neugierigen Schritten dort beginnt ein ohrenbetäubendes Bellkonzert. Die Hunde können sich gegenseitig sehen. Die Käfige stehen nur einen halben Meter voneinander entfernt und sind im Hufeisenformat um eine Hütte in der Grundstücksmitte angeordnet. Der Monsun trommelt heftig auf das Wellblechdach, welches sich über diese Tierpension spannt, und fügt einige Dezibel zum Krach hinzu. Für eine scheue Katze ist dies nichts, zumal es keine separate Einrichtung für Katzen gibt. Man bietet uns an, unsere Socke in der Hütte (welche als Büro fungiert) unterzubringen, doch in der Wand klafft ein enormes Loch. Lange wäre unser Herzblatt dort nicht sicher. – Wir gehen.

Später finden wir dennoch eine Person M., die auf unsere Socke aufpassen kann: ein Mann auf einer Hühnchenfarm im Stadtteil Kandivali nimmt nebenberuflich auch Hunde und Katzen an. Für Hunde hat er einen großen Raum auf einer Seite seines Grundstückes, und für Katzen stehen unter einem klapprigen Pappdach drei Käfige, die ca. 70-150cm messen und etwa 50cm hoch sind. In einem Käfig sitzt Ginger, ein fetter, üppig gebauter Tiger. Er gehört M. und lebt seit drei Jahren dort. Die anderen Käfige werden für 100 Rupien pro Tag vermietet – an Katzen wie Socke. Er wird für insgesamt fünf Nächte dort sitzen und auf uns warten, tyrannisiert vom Anblick fremder Menschen; das Hühnergackern im Hintergrund. Aber er ist wenigstens sicher, denn M. ist aufrichtig und kümmert sich um seine Schützlinge, auch wenn sie makabererweise im Käfig hocken. Er füttert sie mit Fleisch und reinigt auch die Katzenklos, was durchaus nicht selbstverständlich ist, wie ich aus schmerzlicher Erfahrung mit einer Höllen-Tierpension in Delhi weiß. Aber hier bei M. wird es Socke wenigstens leiblich wohl ergehen.

miezotel

Vielleicht gibt es irgendwo in Mumbai noch eine Tierpension, die sich herrlich um Katzen kümmert. Wir kennen sie nicht. :no:
Was wir bisher unter dem Banner Tierpension präsentiert bekamen, war kein Zuckerschlecken und nichts für zarte Gemüter. Es gibt einige Privatpersonen, die in ihrer Wohnung Tiere betreuen, wenn man unterwegs ist, doch auch das gilt nur für Hunde. M.s Käfig – so abschreckend sie für den deutschen Leser sein mögen – sind das Gelbe vom Ei in einer Landschaft, die noch nicht auf Katzen als Haustiere getrimmt ist.

Tierschutzorganisationen in Indien
IDA – In Defense of Animals India (Mumbai & Navi Mumbai)
CUPA – Compassion Unlimited Plus Action (Bangalore) – (Bietet sehr gute Tierpension und ist der einzige Ort in Indien, den ich kenne, an welchem einem vor lauter vorgelebter Tierliebe wirklich das Herz aufgeht.)
Friendicoes – New Delhi

Wo die Liebe hinfällt…

Mumbai ist ein hartes, zur Zeit staubig-trockenes & unwahrscheinlich heißes Pflaster. Aber auch hier blühen die schönsten & simpelsten Gefühle von allen an Orten, an denen man dies nicht erwartet hätte. Zum Beispiel zwischen den durch einen verdächtig starken Geruch markierten Fischkisten der Verkäufer selbiger Meeresfrüchte.

Schlanke, geschmeidige Katzen sind hier natürlich Stammkunden, die geduldig neben den Hockern der fülligen Fischdamen warten, bis diese einen Verkauf zu verbuchen haben und die Abfälle zu ihren pelzigen Freunden runterschmeißen, oder aber abgelenkt weggucken, in welch opportunen Momenten eine scharfe Kralle einen kleinen Fisch vom Stand auf die Straße fegen kann – welch grandioser Fall der Sofortverpflegung auch immer zuerst eintreffen möchte.

Manchmal allerdings gesellt sich zu den Fischdamen, dem Fischgeruch & den Flohpelzen noch ein weiteres Element: Ein struppiger Geselle. Und manchmal, in seltenen aber durch ihre Schönheit aufmunternden Fällen, entstehen aus diesen Kombinationen echte, mächtige Bündnisse. Knuddelmomente, in denen Mumbai ein menschlicherer tierischerer Ort ist.

Hund und KatzHund und Katz 2

Ein Feel-good-Foto! (welcher Begriff so ähem ist, dass es dafür keine deutsche Übersetzung gibt, die dem Autoren nicht sofort linguistische Krätze verschaffen würde). Und mit diesem Feel-good-Foto verlasse ich euch jetzt und begebe mich in die stickigen Hallen meiner Küche, von welcher Zimmerdecke statt eines Miefquirls nur ein Kabel baumelt, und wo ich das schönste und beruhigendste aller Rezepte ausführen werde: ein oller-doller Marmorkuchen! Und weil ich allein Küchenmeisterin bin, darf ich so viel rohen Teig essen, bis mir schlecht wird. Vielleicht überlebe ich das, vielleicht auch nicht, denn Socke (der nicht ahnt, dass andere Katzen für ihr Futter arbeiten müssen) stellt mir heuer gern die Beine und möchte mich sprichwörtlich zu Fall bringen, da ich versehentlich Whiskas mit Thunfisch gekauft habe. Und seit Socke eines Morgens aufwachte und dachte, dass er keinen Thunfisch mag, mag er keinen Thunfisch mehr und boykottiert die Mahlzeiten und versucht mich heimtückisch zu ermorden. Wir werden sehen… oder fallen.

Hitzemedizin

Mumbai schwitzt und stöhnt, während die Temperaturen konstant über 30°C flattern und es auch nachts kaum abkühlt. Die Luftfeuchte ist von lädierenden 80% vergangene Woche auf akzeptable 60% gesunken, doch der oft gepriesene Spirit Mumbais ist geknickt: Kein gestärkter Hemdkragen übersteht auch nur die Fahrt im Fahrstuhl und eine herkömmliche Packung Kartoffelchips verwandelt sich im geöffneten Zustand binnen 30 Minuten in Püree. U-( Mumbai hat keine Lust mehr auf den Sommerhorror und steht vor den Elektrogeschäften Schlange, um Klimaanlagen zu kaufen. (Meint die Tageszeitung.) Vermutlich wird das momentane Wetter den einen oder anderen Hersteller vor dem Bankrott retten 😉

Was tun?

Socke machts vor.

socke entspannt

Gern nehme ich den Flohball zum Vorbild. :yes:

Gerade reckte und streckte sich das Wolltier nach einer ausgedehnten Schalfrunde, machte einen eleganten Katzenbuckel, schüttelte sich kurz und sprang dann gepackt von Elan auf den Fußboden. Ich erschrak: Einen solch ausgedehnten Bewegungsablauf habe ich doch schon seit seiner Hunger-Arie heute morgen nicht mehr gesehen. Doch dann plumpste Socke zur Seite um, rutschte noch zwei Mal auf den kühleren, glatten Fließen hin und her, gähnte mich an und ist bereits nicht mehr ansprechbar. Hitzeschlaf, Teil 937.294

Bis Morgän. :wave:

Vierbeiner

Gestern schnappte Jumpywieder nach meiner Hand. Jumpy ist einer der vier Straßenhunde, die vor unserem Haus wohnen, und die von allen Bewohnern, den Sicherheitsbeamten und Nachbarn gefüttert werden. Jumpy ist der frecheste (und gesündeste) von allen. Er „beißt“ mir spielerisch in die Hand und hüpft an mir hoch, was momentan des Monsuns wegen wenig Spaß macht. Aber er bekam, was er wollte. Ich ging wieder ins Haus, holte die Hundekekse und spielte wieder eine Runde Ein Herz für Mongrels.

Straßenhunde werden in Indien „Mongrels“ genannt.

Alle Vier tauchten auf. Die schwarz getupfte Hündin, von deren kürzlichem Wurf nur noch ein Welpe übrig ist. Ein ganz süßer, weicher kleiner Japser, für den ich am liebsten sofort ein Zuhause suchen würde, wenn ich nicht wüsste, dass Inder keine Mongrels adoptieren. Dabei ist er wirklich hübsch.
Der braune, struppige Hund war wie immer ganz zurückhaltend, während Jumpy(der einzige mit Namen und Halsband) alles wegschnappte. Mein Liebling ist allerdings der schwarze, dürre Hund. Ihm ist ein Auto über die Pfote gefahren, die zwischenzeitlich geheilt war (natürlich platt und deformiert), die aber seit dem Monsun wieder entzündet zu sein scheint und ich weiß nicht, was man dagegen tun soll, weil jeder Verband im Regen aufweichen würde.

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Als die Hundekekse alle waren, hörte ich es Miauen. Die Schar hatte eine kleine Katze einen Baum hinauf gejagt, und dort saß sie seit zwei Stunden, wie der Sicherheitsbeamte mir erklärte. Sofort kraxelte ich halb hinauf, holte das Tier mit Hilfe von Rahul und dem Sicherheitsbeamten herunter, trug das schreiende Vieh in den Flur und sperrte die Hunde aus. Dann gabs Milch und Whiskas (ein Bild für die Götter). Und dann gab es nichts mehr zu tun. Wie wir aus der Episode mit Nummer Zwei gelernt haben, möchte Socke keine Gesellschaft, also können wir das Tier nicht annehmen, und ich kenne niemanden, dem ich noch ne Katze andrehen könnte. Das Kätzchen vibrierte unter lautem Schnurren. Ich spielte noch eine Weile mit ihm, dann schaffte ich ihn in den Park gegenüber. Es begann zu regnen, also setzte ich ihn unter einen Dachvorsprung eines verlassenen Wachhauses und ging wieder. Das Kätzchen brüllte mir noch eine Weile hinterher.

Und es war nicht leicht, mir ins Gedächtnis zu rufen, dass ich ihm geholfen habe. Für einen kurzen Moment. Es erscheint mir nicht genug.

Fleisch oder kein Fleisch. Das ist hier die Frage!

So, in einer kleinen Pause zwischen dem ganzen Hochzeitsstress ist es Zeit für einen leckeren Kakao von Dr. Oe. Doch nanu, was ist das nur?

nanu

Ein roter Punkt markiert Lebensmittel, die für den Verzehr durch Vegetarier ungeeignet sind, während ein grüner Punkt der Unbedenklichkeitsaufkleber ist.

Verdächtig, verdächtig. Aus Fleisch mach Reis, oder so.

Aber was in der Türkei (woher die Packung stammt) für Vegetarier ungenießbar ist, kann in Indien schon wieder ordentlich mit dem Grünen Punkt für Fleischlos versehen werden.

Ich habe momentan keine Muse, mir die Hintergründe dafür anzueignen. Ich bin müde. Das Katzentier hat mir heute Morgen eine geschlagene Stunde ins Ohr geblökt. Es kann ja sein, dass ich selber Schuld bin, da ich einfach hätte aufstehen, ihm mit Whiskas das jammernde Maul stopfen und mich dann wieder hinlegen können… Aber weiß ich das denn vorher, dass der so hartnäckig ist? :yawn:

socke futtaaa