Unglaublich aber wahr: der Ganges hat uns unversehrt wieder ausgespuckt. Übers Wochenende hatten wir geplant, uns kopflos in den heiligen Fluß zu werfen und ein bißchen herumzupaddeln.
Dafür ging es auf nach Rishikesh, die selbsternannte Yoga-Stadt der Welt, wo der Ganges sich noch sauber durch die Schluchten stürtzt. Zwar war es furchtbar neblig, aber das konnte der landschaftlichen Schönheit wirklich keinen Abbruch tun:
Rafting ist wohl groß in die Mode gekommen, und so werden die Stadtmenschen wie wir übers Wochenende für den ultimativen Kick im heiligen Wasser grüppchenweise in die Berge gekarrt. Überall dort, wo sich genug Sand an den Flußufern gesammelt hatte, daß man ein Camp aufschlagen konnte, hatte man dies bereits getan, so daß man beim Blick ins Tal von den gewundenen Straßen aus ständig Zeltlager erblickte.
Genächtigt wurde in den spartanischen Zelten. Da die Luft sehr feucht ist und jede Nacht Tautropfen wie eine millionenstarke Armee alles besetzen, was genügend Raum für einen Wassertropfen bietet, roch alles nach Moder – einschließlich unserer Decken. Nur gut, daß wir als penible Städter bereits voraus gedacht und unsere eigenen Steppdecken in die Berge geschleppt hatten. 💡
Sowohl am Samstag als auch am Sonntag gab es jeweils eine Raftingtour.
Die erste Etappe war relativ kurz und als Einstieg gedacht. Unterwegs sollte es drei Rabbits geben. Wie bitte? Hasen? Im Ganges? Liebe Kinder, jetzt wißt ihr, was der Osterhase macht, wenn mal gerade kein Ostern ist. Nach ein paar Minuten durchschaute auch ich den Sprachfehler des Experten und erkannte, daß die Rabbits eigentlich Rapids und die Hasen nichts anderes als Stromschnellen seien. Sorry, liebe Kinder. :wave:
Die zweite Etappe zog sich über rund 20km hin und war ein tolles Erlebnis. Wir hatten unsere große Gruppe in zwei kleine Mannschaften aufgeteilt, so daß wir nur zu dritt plus Experte im Raft saßen. Da ich als dritte Person (der Experte saß in der Mitte des Rafts) das Boot mit meinem monströsen Gewicht während der Stromschnellen zum Kentern bringen könnte, durfte ich zum Ausbalancieren ganz vorn auf die Highside. Das heißt, ich schmiß meinen ganzen Zentner vorn aufs Boot. Von weitem muß es ausgesehen haben, als wär ich seekrank und unterbrach den Verdauungsprozess, aber es war der beste Platz im ganzen Raft. Erstens muß man da nicht rudern, da man als personifizierter BriefBootsbeschwerer sowieso keine Hand frei hat, und zweitens sitzt man in der ersten Reihe. Jede Welle gibts gleich mal mitten ins Gesicht. Normalerweise brumme ich jeder Person für „Unerlaubtes Daniela-im-Freibad-Wasser-ins-Gesicht-spritzen“ eine Mindeststrafe von 24 Stunden schlechte Laune auf, aber der Ganges darf das schon mal. 😉 Und auch wenn ich nachher klitschnaß war, würd ich ab jetzt immer wieder ganz vorn sitzen wollen.
Gegend Abend bekamen wir Durst. Auf was anderes als heiliges Wasser. Zu meinem Entsetzen und zur Freude der anderen kamen rucksackweise alkholische Getränke zum Vorschein. Und das im Angesicht des heiligen Flusses! Diese Sünde kann auch keine Seebestattung mehr wegwaschen.
(Die dargestellte Person mußte zu ihrem Schutz unkenntlich gemacht werden.)
Wer viel trinkt, der pinkelt viel. Natürlich auf Umwegen in den Ganges. Ist doch klar.
Wie es infolge des Tourismus in ein paar Jahren um Rishikesh aussehen wird und ob das Wasser dann immer noch so wunderschön türkisblau ist, sehen wir… in ein paar Jahren.
Bis dahin fragen wir uns weiterhin, ob es bereits ausreicht, wenn man sich stundenlang mit heiligem Flußwasser bespritzen läßt, oder ob ein Priester notwendig ist, um uns nicht nur sauber, sondern rein zu waschen.