Mahabaleshwar (4) – Pratabgadh & Der Punkt des Todes

Um weiteren Aussichtspoints in Mahabaleshwar zu entkommen, fuhren wir schnurrstracks zur Pratabgad-Festung circa 40km von Mahabaleshwar, um uns dort unsere Dosis an Kultur und Geschichte abzuholen.

Die Festung wurde vom Marathenkönig Shivaji in Auftrag gegeben (ausgeführt von dessen Premierminister Moropant Trimbak Pingle). 1656 wurde der Bau beendet. Bereits drei Jahre später stieg die Bedeutung der Festung, als sie Schauplatz des Kampfes zwischen Shivaji und dessen Gegner Afzal Khan wurde.

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Afzal Khan, der mächtisgte Sardar (oder Lord) im Bijapur Sultanat, hatte bereits seit einiger Zeit versucht, Shivaji aus der Reserve zu locken, indem er Tempel zerstörte, doch Shivaji ließ sich nicht ködern. Es kam zu einem Treffen zwischen beiden am Fuße der Festung, zu dem beide unbewaffnet und bewacht von jeweils zehn sich im Hintergrund haltenden Leibwächtern einfinden sollten. Doch beide waren auf einen Hinterhalt vorbereitet. Afzal Khan trug einen Dolch (Bildlink) bei sich, mit dem er Shivaji bei einer vorgetäuschten Begrüßungsumarmung in den Rücken stach. Doch Shivaji trug eine Rüstung, die ihn schützte. Gleichzeitig trug er Tigerkrallen (bagh nakh Bildlink), mit denen er Afzal Khan aufschlitzte. Afzal Khan wurde später von den Leibwächtern Shivajis getötet.

Unser Führer erläutert uns diese schaurigen Fakten zusammen mit einer sehr bildhaften Beschreibung aller blutigen Details bereits am Festungseingang, bevor wir die paar später hinzugefügten Stufen hochklettern und uns durch das kleine Haupttor begeben, das bis heute bei Sonnenaufgang geöffnet und zu Sonnenuntergang wieder geschlossen wird. Das Tor ist zu klein, um Elephanten oder ähnliches Kampfgetier durchdringen zu lassen, und somit ist die Festung geschützt. „Mahabaleshwar (4) – Pratabgadh & Der Punkt des Todes“ weiterlesen

Mahabaleshwar (3) – Natur pur.

Es war Freitag Morgen, unser zweiter Urlaubstag, und wir erwachten 6:30Uhr, da jemand vergessen hatte, den Wecker im Handy auszuschalten. |-|:)) Tür auf, Morgenchai in Empfang nehmen und den Blick auf den Krishna River genießen – schon waren wir versöhnt. Von unserem Hotel aus hatten wir einen etwas anderen Blickwinkel, aber in der Essenz begrüßte uns in Etwa dieses Bild:

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Krishna River vom Parsi Point aus gesehen. (Wie immer: Fotos in O-Größe im Pop-up.)

Wir schnallten uns die Wanderschuhe an und düsten ab zum Table Land, „Asiens größtem Hochplateau“. Oder so. Es war zu früh für andere Besucher mit Ausnahme eines kaum zwanzigjährigen Handlesers (von welcher Sorte es in Panchgani und Mahabaleshwar übrigens eine ganze Menge gibt), also genossen wir einen Spaziergang auf der struppig-braunen Grasnarbe des Table Lands, durchsetzt von kleinen Steinen, die ich in einem lyrischen Anfall mit Ziegenkacke verglich (wobei ich mir mächtig kreativ vorkam) – und wenig später durch echte Ziegenkacke. Nur farblich zu unterschieden. Bröckliges Lawagestein: rotbraun. Ziegenkacke…. nicht.

Hmmmm es war ein fantastischer Morgen! Ganz ohne Ironie, denn wir hatten einen 360°-Blick auf Panchgani und für einen kurzen Moment nur Ruhe. Eine leichte Prise. Und den Wunsch, ein Häuschen in Panchgani zu besitzen.

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Normalerweise ein Teich.

Wir fragten herum, was man außer Paragliding in Panchgani/Mahabaleshwar und Umgebung noch unternehmen könnte: Points angucken. Doch zu diesem Zeitpunkt hatte Rahul genug von Points. Points. Und noch mehr Points. Wir entschlossen uns daher, uns einfach ins Auto zu setzen und die rund 50km zur Pratabgadh-Festung zurückzulegen. (Dazu wird es einen gesonderten Bericht geben. Nur so viel: wir waren dort und es war toll.)

Dann taten wir etwas, das wir schon lange, lange nicht mehr getan hatten: wir hielten in einem Dorf am Fuße der Berge an und begaben uns in eine Dhaba (Roadside Restaurant) und aßen Dal Fry (gelbe Linsen) und Roti (Fladenbrot). Es war einfach nur lecker. Vor uns die Berge. Hinter uns die (leise) blärrende Blechmusik, für die Dhabas nun mal bekannt sind. Neben uns großäugige indische Touristen. Und ein Erdbeerverkaufsstand. War ja klar. 😉

Auf dem Rückweg wurde Rahuls muffeliges Monsungemecker doch noch erhört: Wahr ist, dass Mahabaleshwar und Panchgani während des Monsuns am schönsten sind. Wahr ist auch, dass gerade kein Monsun herrscht. Wahr ist ebenfalls, dass es trotzdem geregnet hat. Und wie!

Zunächst bahnte sich allerdings nur ein dumpfes Grollen und eine schwarze Wolkenwand an. Wir positionierten uns strategisch am Straßenrand und schauten ins Tal in Richtung Pratabgadh – woher wir gerade kamen, und ließen das Lichterspiel auf uns wirken. Wolken sind ja so fotogen. 😉

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Der Rückweg nach Panchgani wurde vom lauten Tropfentrommeln aufs Auto begleitet. Es durftete nach nasser Erde; die Luft wurde vom Staub gewaschen und die bisher mit einer rotbraunen Schicht belegten Blätter der Bäume waren wieder blitzblank. In Mahabaleshwar hielten wir noch einmal an und besuchten einen allerletzten Point. Den Sunrise Point. Nur intelligenterweise Abends.
Der Sunrise Point nennt sich auch Wilson Point und war nichts als ein gemauerter Podest mit Blick in Richtung Osten und, dem Regen sei Dank, einer Unterrichtsstunde zum Thema „Verblauung“.

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Wir wurden unser Auto los und spazierten durchs Gestrüpp entlang verwinkelter Straßen, die gerade breit genug für ein Auto waren und uns genügend Anlass boten, die Präzision sich entgegen kommender Fahrer zu beobachten. Dann bogen wir auf einen Seitenpfad ab, der mit Frühlingslaub bedeckt war. (In Indien fällt das Laub im Frühling.) Es war still. Es war feucht und glitschig. Es war weit weg von dem Leben, das wir sonst in Indien führen. Also genossen wir jede Minute, bevor wir zurück nach Panchgani fuhren und dort das schlimmste Abendessen einnahmen, dass wir – so entschieden wir später – jemals hatten. XX( Aber das macht nichts, denn selbst das überlebten wir ohne verdauungstechnische Störungen, so dass ich inzwischen überzeugt bin, eine Sonderanfertigung als Magen erhalten zu haben. Meiner ist aus Kuhleder. :yes: Ich könnte mich natürlich expliziter dazu äußern, dass die Hühnerschenkel in unserem „authentischen Mughlai-curry“ mit halber Kralle dran serviert wurden, aber vielleicht esst ihr ja gerade? :wave:

Noch ausstehende Themen:

(4) Pratabgadh Festung & der Punkt des Todes
(5) Gola – Ice Ice Baby
(6) Krokodilstränen am Krishna River
(7) Touristen – Das Dreckige Dutzend Tausend

Bereits abgehakt:

(1) Maha Strawberry Country
(2) Berg- und Talfahrt

Mahabaleshwar (2) – Berg- und Talfahrt

Der erste Tag in Mahabaleshwar/Panchgani war eine Berg- und Talfahrt, was unsere Laune anbelangte. Die erste Erdbeereuphorie war verflogen, und wir befanden uns auf der Suche nach prächtiger Unterhaltung.

Wie die meisten sog. Hill Stations in Indien ist auch Mahabaleshwar aufgeteilt in Aussichtspunkte, die unter dem Namen Point laufen. Mahabaleshwar hat gar über dreißig solcher Points, wobei einige lediglich peniblen Reiseführern bekannt sind und sich für die meisten Touristen eher obskur anhören. Man darf sich also sicher sein, dass die Meute hungriger Stadtmenschen sich in Grüppchen von Punkt zu Punkt bewegt.

Unser erster Anlaufpunkt war Lodwick/Elephant Point, wofür wir zwei Pferde engagierten. Ich fühlte mich sofort an Matheran erinnert, wobei es auf den ersten Blick klar war, dass man in Mahabaleshwar weder so viel Ahnung von Pferden hatte, noch diese ähnlich wichtig nahm wie in Matheran. Die Aussicht war dennoch umwerfend, auch wenn sich viele Hügel in einer Mischung aus Karamellbraun und herbem Grün zeigten anstelle des saftigen Grüns der Spätmonsunzeit.

Alle Fotos öffnen sich als Pop-up.

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Panorama in der Nähe des Lodwick Points.

Es war Donnerstag, Eid, ein Feiertag. Aber aus mir unbekannten Gründen hatte sich noch nicht ganz Mumbai (Bombay) in Mahabaleshwar eingefunden, so dass es ruhig und angenehm war. Dieses Unglück drohte uns erst gegen Abend und am folgenden Tag. Wir machten als nächstes einen Abstecher zum Venna Lake und fanden ihn für indische Touristenverhältnisse recht einsam vor.

Jede kleine Pfütze wird in Indien für den Wassersport ausgenutzt, und auf dem Venna Lake sah das so aus, dass man ab 100 Rupien Tret- und Ruderboote mieten konnte. Wir sahen davon ab. Ich mag keine quietschenden Tretboote, und zum Rudern hatte ich an diesem Tag keine Lust. Also krabbelten wir abseits des Touristenauffangbecken etwas ins Unterholz und begafften das Wasser von diesem Winkel aus.

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Es war beinahe Zeit für den Sonnenuntergang, also taten wir das Naheliegendste und machten uns auf zum Sunset Point in Mahabaleshwar. Großer, böser Fehler! Der Abend ist der ungünstigste Zeitpunkt, um sich zu einem Ort zu begeben, der den ominösen Namen „Sunset Point“ trägt, denn es bedarf keines Geniestreiches um zu erraten, dass sich ganz Mahabaleshwar ebenfalls dort einfinden wird. Und da dieser Aussichtspunkt zusätzlich den Namen Bombay Point trägt, muss damit gerechnet werden, dass auch die gesamte Brut aus Mumbai/Bombay dort eintrifft. Wie wahr. Wie wahr. :no:
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Mahabaleshwar (1) – Maha Strawberry Country

Mahabaleshwar ist nicht nur eins der Traumziele gestresster Mumbaikars (Bombayites), sondern auch Erdbeerhauptstadt Indiens. Die gerade auslaufende Saison hat Indien 13.000 metrische Tonnen Erdbeeren verschafft 88| ; und ganze 80% der gesamten Erdbeerernte Indiens stammen aus Mahabaleshwar und den umliegenden Feldern. 2000 Tonnen wurden bisher nach Europa exportiert.

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Möchte man nicht soooofort zugreifen?

Mit einem Erdbeerfestival wollen die Organisatoren, allen voran die Lebensmittelfirma Mapro, unter Indern „Geschmack für Erdbeeren“ schaffen, denn bisher gehören diese knolligen roten Herzchen nicht zur Lieblingsfrucht Indiens. Das, so hofft man in Mahabaleshwar, wird sich bald ändern. Und zum feierlichen Anlass Rahuls und Danielas Mahabaleshwar-Aufenthaltes, hat man bei Mapro Erdbeeren verschenkt. Okay, der tatsächliche Grund ist die zu Ende gehende Saison, aber wahr ist dennoch, dass man kostenlos Erdbeeren essen konnte, so viel man wollte, während man durch den sog. Mapro-Garten lief.

Mapro stellt nur ungesunde Sachen her: Fruchtsyrup. Fruchtbonbons. Marmelade. Ecetera. Natürlich gibt es alles auch in Erdbeergeschmack 😉

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Ganz Mahabaleshwar und die umliegenden Dörfer wurden von Erdbeeren überflutet. Für 40 Rupien pro Kilo brachten Straßenverkäufer säckeweise Erdbeeren an den Mann, und wir aßen gleich mal ein halbes Kilo zum Mittag. 😳 Da ich weder gefiltertes Wasser noch Jod zur Hand hatte, habe ich alle Erdbeeren ungewaschen gegessen. Ich bin überrascht, dass der Tod durch Tomate, den meine Lieblingsautorin beschreibt, so eine lange Inkubationszeit hat. Galgenfrist für mich, vermute ich.

Kurz und gut: es war herrlich! Erdbeeren so zuckersüß und reif und überdimensional groß, dass man den ganzen Tag nur an Früchte denken konnte. Vermutlich der bisher gesündeste Urlaub! Wir nahmen übrigens 2kg Erdbeeren mit nach Mumbai. Jetzt gibts jeden Morgen Erdbeermilchshake. B)

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Geheimnis des Erfolges: breites Sortiment

Maha = groß, mächtig

Reizüberflutung

Unser Kurzurlaub über Ostern führte uns nach Mahabaleshwar und Panchgani im westindischen Bundesstaat Maharashtra, circa 285km von Mumbai (Bombay). Das Ganze ist jetzt zwei Tage her, und trotzdem kullert in meinem Hirn ein monströses Bündel verworrener Gedanken herum, denn dieser Urlaub war wieder einmal alles:

Er war Erholung.
Er war Stress.
Er hat mir die Schönheit der Landschaft mit solcher Wucht vor Augen geführt, dass es zu peinlichen beinahe-Schluchzanfällen kam.
Er hat mich so derart frustriert, dass ich am liebsten mal ordentlich „lathicharge“ ausgeteilt hätte; so nennt sich das nämlich, wenn die Polizei ihre Bambus-Schlagstöcke zückt und Blutergüsse austeilt.
Er hat mir meine eigene schlimmste Seite offenbart.
Er hat mich furchtbar, furchtbar glücklich gemacht, so dass alle Probleme plötzlich wie weggeblasen waren.
Er hat die hässlich-grässliche Seite des Tourismus nach außen gekehrt und bei mir wieder Weltuntergangsstimmung einsetzen lassen.

Der reine Wahnsinn.

Es hat uns sehr gut gefallen, keine Frage, aber dieses klischeehafte Wechselbad der Gefühle war sehr anstrengend. Und trotzdem setzten wir uns nur widerwillig zurück ins Auto und fuhren nach Mumbai.
In den nächsten Tagen werde ich das Projekt „Mahabaleshwar & Panchgani“ in Angriff nehmen.
Bis dahin ein bildlicher Einstieg:

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Elephant Point heißt so, da der Berg
http://www.blog.de/script/tinymce_v3241b/tiny_mce/themes/blogPost/langs/de.js
von der Seite aus wie der Kopf eines Elefanten aussieht.

(1) Maha Strawberry Country
(2) Berg- und Talfahrt
(3) Natur Pur
(4) Pratabgadh & Der Punkt des Todes
(5) Gola, indisches Eis